Dominique Meyer: Kunst-Ermöglicher statt Künstler
In seinem Buch vereint Staatsopern-Direktor Dominique Meyer seine Pläne für seine neue Wirkungsstätte, genaue Blicke hinter die Kulissen des Kulturbetriebs, seinen Werdegang und viel Persönliches.
„Ein Intendant ist kein Künstler. Er soll ein Kunst-Ermöglicher sein“, stellt einer klar, der sich dieser Aufgabe verschrieben hat. Mit Leib und Seele, wie zwischen den Zeilen spürbar ist, in denen Dominique Meyer sich und sein Leben präsentiert: seine Kindheit und Jugend in Frankreich und Deutschland, seine Studienzeit, deren Tage meist am Stehplatz in der Oper ausklangen – oder oft schon um Restkarten anstehend begannen. Seinen Werdegang vom promovierten Wirtschaftswissenschafter bis zum Operngeneraldirektor, zunächst der Pariser Oper, der Oper Lausanne und seit Herbst der Wiener Staatsoper.
„Mein frühester Wien-Bezugspunkt war eine Liebesgeschichte. Ich verliebte mich in den speziellen philharmonischen Klang.“ Immer wieder schwingen zwischen den harten Fakten seines vielseitigen Werdegangs die Leidenschaft und Hingabe eines im besten Sinn Kulturbesessenen durch.
Blicke hinter die Kulissen
Aus dem Leben eines Generalmusikdirektors nicht wegzudenken sind Begegnungen mit Ausnahmekünstlern, wie bei den von Meyer so geschätzten gemeinsamen Abendessen nach der Vorstellung: mit Dirigenten wie Kurt Masur, Pierre Boulez, Georges Prêtre, Riccardo Muti, Pianistinnen wie Hélène Grimaud oder Mitsuko Uchida und unzähligen Sängergrößen – ihnen allen sind einzelne Abschnitte und Anekdoten gewidmet, wobei sich kein böses Wort findet. So diplomatisch und zurückhaltend, wie Meyer nach außen wirkt, ist auch sein Buch geschrieben. Gewiss, es soll auch dazu dienen, Sympathie für den neuen Opern-Direktor zu wecken, was gelungen ist. Doch die Selbstdarstellung tritt meist zurück hinter spannende Einblicke in den Kulturbetrieb, geschöpft aus Meyers jahrelanger Erfahrung. Nicht zuletzt als Berater im Kabinett des französischen Kulturministers Jack Lang, wo er einst einer der Geburtshelfer für den Kultursender Arte war.
Von scharfsinnigen Analysen des Kultursystems spannt sich der Bogen bis hin zur selbstkritisch gestellten Frage nach der Bedeutung von Kunst für ihn persönlich. Kunst als eine Art Flucht aus der Wirklichkeit? Vielleicht teils, doch für Meyer ist sie vielmehr „ein Seelenzuschlag, eine Bereicherung um (mindestens) eine Dimension“. Mit seinen Worten „Ein großes Schiff kann man nur behutsam lenken“ bezieht der 57-Jährige auch Stellung zu seinen Plänen für die Staatsoper, seinem Wunsch nach mehr Premieren neben dem wichtigen Repertoirebetrieb, der Bedeutung der Barockoper, die unter ihm eine neue Aufwertung erfahren soll.
Ein aufschlussreiches Werk, das vor allem eins ist: ein tiefes, glaubwürdiges Bekenntnis zur Kunst im Allgemeinen wie der Oper im Speziellen.
Das Buch
Dominique Meyer: Szenenwechsel Wiener Staatsoper. Aufgezeichnet von Michaela Schlögl. Styria, 251 Seiten, 25 Euro