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Ein Bombenhirn schockte Österreich

03. Dezember 2008, 00:00 Uhr

GRALLA. Heute vor genau 15 Jahren erschütterte die erste Briefbomben-Serie Österreich. Vier von neun teuflischen Sprengsätzen explodierten, das prominenteste Opfer war der Wiener Alt-Bürgermeister Helmut Zilk. Im südsteirischen Ort Gralla ahnte damals aber noch niemand, dass ein Bewohner der kleinen Gemeinde als Urheber des tödlichen Terrors ausgeforscht werden sollte.

Vielleicht ist es tatsächlich nur jenes Norditalien-Tief, das die 2000-Seelen-Gemeinde Gralla im südsteirischen Bezirk Leibnitz in eine unbehagliche Gegend aus Regen, Schnee und Matsch verwandelt hat. Vielleicht ist es aber auch der Wettergott, der die Grallinger – so nennen sich die Einwohner hier – erhört und über den Ort eine dichte Nebelglocke gestülpt hat. Eine gespenstische weiße Wand, die die Bewohner vor den Blicken und Fragen von Journalisten schützen soll.

Das OÖN-Reporterteam begibt sich auf Spurensuche, 15 Jahre nach dem Beginn des Terrors. In jener Gemeinde, in der das „Bombenhirn“, der technisch versierte Eigenbrötler und angebliche Einzeltäter Franz Fuchs mit seinen Verbrechen vier Jahre lang die Republik in Angst und Schrecken versetzt hat. „Das zweite Haus links“, sagen die Straßenarbeiter, die in der Kälte mit Asphaltierungen beschäftigt sind, als wir nach dem Haus von Franz Fuchs fragen.

Beim letzten OÖN-Lokalaugenschein in Gralla 1999 war die Nachbarschaft des schmalen, gelb gestrichenen Hauses noch dünn besiedelt. Heute sind in Gralla zahlreiche neue Bauten entstanden, propere Einfamilienhäuser. Schließlich sind die Baugründe hier deutlich günstiger als im Zentralraum von Graz, obwohl die steirische Landeshauptstadt für Pendler per Autobahn in nur 20 Minuten erreichbar ist.

Vor dem Fuchs-Haus parkt ein weißer Kastenwagen des um zwölf Jahre jüngeren Bruders von Fuchs, der Maler ist und das Haus der betagten Eltern, die noch immer hier leben, renoviert. Wir klopfen an die Tür, die Mutter, eine gebückte greise Frau mit blau-weißer Schürze öffnet. Reden will sie nicht. „Nein, lasst’s mich in Ruh’.“

„Schleicht’s euch!“

Der Sohn kommt, ist zornig. „Schleicht’s euch vom Grundstück! So eine Frechheit! Was wollt’s ihr zehn Jahre danach von uns?!“, schreit er uns an. Wütend fuchtelt er mit der Faust – wir räumen das Feld, bevor es noch zu Handgreiflichkeiten kommt.
Dass die Familie nicht reden will, wundert weniger. Mehr erstaunt aber, dass die Dorfbewohner ebenso zugeknöpft sind. Zwischen der Nebelwand eine Mauer des Schweigens. „Hier gibt’s nix zum Reden und zum Schauen“, weisen uns mehrere Passanten unisono zurück.

„Wissen Sie, die Leute im Ort haben nach dem Tod von Franz Fuchs im Jahr 2000 aufgehört, über die Sache zu reden“, sagt Grallas SP-Bürgermeister Hubert Isker. Die Sozialdemokraten regieren Gralla, wo Fuchs seine krausen deutschnationalen Thesen entwickelt haben soll, mit absoluter Mehrheit. Das ist schon seit Jahrzehnten so.

„Keine Sippenhaftung“

„Die Eltern waren immer gut in den Ort integriert. Sie gehen gerne unter die Leute, besuchen den Pensionistenverband“, sagt Bürgermeister Isker. „Eine Sippenhaftung hat es bei uns nie gegeben.“
Seit dem Kriminalfall wohnen im Ort cirka 300 neu zugezogene Gemeindebürger. „Es geht uns gut, wir können nicht klagen“, sagt Isker.

Fuchs war im März 1999 rechtskräftig zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Am 26. Februar 2000 erhängte er sich in seiner Zelle in der Justizanstalt Graz-Jakomini.

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