Felsen, Flüsse, Fische
Im wilden slowenischen Hinterland sind die Berge hoch, das Meer ist nahe, und die Leute wissen, was schmeckt. Wo die Urgroßväter Krieg führten, erkennen die Nachfahren, wie schön das Leben sein kann.
Slowenien", hatte der Holde entschieden und damit das Ziel einer Urlaubswoche für zwischendurch festgelegt. "Nur wenn du mich einen Tag lang beim Klettern sicherst", hatte meine Bedingung gelautet, die Gnade fand unter seinen Augen. Ihn zog es zum Fliegenfischen, mich an den Fels. Schon auf dem Weg nach Kobarid, entlang der absurd türkisen Soca, wollen wir alle paar Kilometer anhalten und uns einquartieren, sei es am Fuße des imposanten Triglav, sei es in Sichtweite des Wasserfalls Slap Boka, sei es in einem der Kajak-Camps. Aber wir haben eine Reservierung in der Hiša Polonka, zwecks Slow-Food- und Craftbeer-Verkostung. Und wir wollen im Museum von Kobarid über den Irrsinn der Schlachten am Isonzo (Soca) nachdenken. Zum Glück kocht man in der Bierbar so furios, dass der Appetit sich wieder einstellt – angesichts der Bilder im Museum war er uns vergangen. Später sitzen wir im Gastgarten und bestellen Struklj, gehaltvolle Nuss-Nudeln, damit wir den Proviant für morgen nicht im Rucksack, sondern im Bauch tragen können. Die steile Westflanke des Krn glüht verlockend im Abendrot.
Während der Mann des Morgens fröhlich pfeifend mit dem Fliegenfisch-Guide von dannen zieht, starte ich die Tour auf den vokalarmen Berg. "Zelo zahtevna" steht auf einem Schild, "sehr schwierig", wie ich später erst google. Das ist leicht übertrieben. Zwar haben es die 1700 Höhenmeter in sich , aber die Tour ist eine Freude für Trittsichere und Schwindelfreie. Drei Schritte vor dem Gipfel die Nachricht des Holden, er habe eine der begehrten Marmorata-Forelle gefangen.
Welch Ausblick! Noch bevor ich zu Atem gekommen bin, habe ich einen Flachmann mit dem weltbesten Sliwowitz vor der Nase. Der freundliche Spender, ein älterer Herr, zeigt in den Himmel. Über uns kreist ein Geierpaar. Was denn mit Wölfen und Bären sei, frage ich ihn, davor fürchten wir uns im Norden gerade sehr. Er macht eine wegwerfende Geste, es gebe viele, aber kaum Probleme. Ich schaue ins Tal, die Mischwälder bedecken die steilen Hänge so dicht und zusammenhängend, wie man sie zuhause nicht mehr sieht. Dann breitet der Mann eine Karte aus und zeigt mir die Stelle, wo das Morden an der Isonzofront 1917 einen absurden Höhepunkt erreichte. Die ehemaligen Stellungen trennen nur 50 Meter Luftlinie. Kavernen, Stacheldraht und Schießscharten sind immer noch zu sehen. Dem Krn haben die Granaten 1917 die Stirn abgesprengt. Für die Soldaten ein fortwährender Terror, durch den splitternden Fels wirkten die Einschüsse wie Streubomben. Wir verabschieden uns nachdenklich.
Mit jedem Schritt hinunter wird es wärmer, die Grillen lauter, die Blumen bunter. Auf der sattgrünen Alm weiden schwarze Ziegen, dahinter die schroffe Felswand. Schöner geht’s kaum. Ich schaue zurück und bin wieder fassungslos. Wie weltfremd Menschen sind, die glauben, man könne mit Waffen den Frieden sichern.
Am nächsten Tag regnet es, beste Bedingungen für die imposante Höhlenburg Predjama und die riesigen Tropfsteinhöhlen von Postojna, nicht aber für die Besichtigung von Javorca, der einzigen erhaltenen Gedenkkirche aus dem Ersten Weltkrieg. Sechs Kilometer steuern wir das Auto über eine alte, für den Krieg angelegte Versorgungsstraße, um zu erfahren, dass die Heiliggeistkirche bei Regen geschlossen ist. Ein Grund mehr, bald ins Soca-Tal zurückzukehren. Abends erreichen wir die Küstenstadt Piran, physisch hungrig, psychisch satt.
Wir bleiben einen Tag am Meer, frühstücken unter Kiwi-Bäumen, spazieren, lesen, sitzen bis in die Nacht am Tartini-Platz, wo Kinder unermüdlich Rollschuh laufen und Hunde Bällen nachrennen.
Doch es zieht uns zurück in die Berge. Das Vorhaben, in Crni Kal zu klettern, wird vom ungnädigen Wettergott abgewiesen. Gut, dann eben Wein! Über Hügel, die der Toskana Ehre machen würden, gelangen wir in die Region Goriška Brda und quartieren uns bei Vanda in Ceglo ein, die um wenig Geld die alten Zimmer ihrer Kinder vermietet. Das Ersparte investieren wir in eine luxuriöse Weinverkostung samt Vier-Gänge-Menü im Restaurant Gredic gegenüber. Mit angedeutetem Kopfweh starten wir tags darauf in Richtung Nordosten.
Gedenkstätte der Partisanen
Im idyllischen Idrija-Tal verbirgt sich bei Cerkno die Gedenkstätte des Partisanenlazaretts Franja. Unter kaum vorstellbaren Mühen wurden hier versteckt in einer Klamm 900 Menschen versorgt, die im Kampf gegen die Nationalsozialisten verwundet worden waren.
Die Strecke, über die wir die Steiner Alpen erreichen wollen, mutet auf der Karte moderat an, führt aber über etliche Pässe, unendliche Kurven und durch einsame Landstriche. Wenn man Slowenien flachklopfte, wäre es so groß wie Polen. Unendliches Potenzial für Motorradfahrer, Fischer, Wanderinnen! Durch Zufall verschlägt es uns an diesem letzten Abend nach Luce ins Haus Raduha, fast hätten wir die unscheinbare "Slow Food"-Tafel übersehen. Ewig schade wäre es gewesen um die fantastische Käseplatte und die Architektur der Unterkünfte. Zwei noble Suiten thronen auf Stelzen unter Baumkronen und bieten Aussicht auf das Flüsschen Savinja. Architekturfans und Feinspitze werden das Juwel bald entdecken. Wir kehren heim mit dem Gefühl, hier noch sehr viel erledigen zu müssen. Zelo dobro!
Wohnen
Abseits der Hauptsaison ist es nicht schwierig, spontan Unterkünfte in Slowenien zu finden, die gängigen Apps bilden das Angebot gut ab. In der Gastronomie liegen die Preise leicht unter österreichischem Niveau, die Qualität des Angebots aber leicht darüber.
Wer in einem der beiden „Raduha“-Baumhäuser (oben) übernachten möchte, sollte allerdings so schnell wie möglich reservieren: Haus Raduha, +386/31645758,
www.raduha.com
Speisen und Wein: Gut, landestypisch und günstig essen sowie Craftbeer trinken kann man im Hisa Polonka: Gregorciceva ulica 1, in Kobarid, +386 (0)5 99 58 194
Einen hervorragenden Einblick in das Angebot des aufstrebenden Weinlandes Slowenien bekommt man bei einer Verkostung im Hotel Restaurant Gredic in Ceglo, inmitten der Weinberge rund um Dobrovo, im Genuss-Eck von Slowenien. Das Viereinhalbsterne-Haus verfügt über 10 Zimmer (für je rund 200 Euro) und eine ausgezeichnete Küche. Hier wird u. a. ein hervorragender, trockener Tokaj kredenzt, den man aus Regionalschutzgründen hier Jakot nennt. www.gredic.si/de