Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Aufgehender Stern über dem Tourismus-Himmel Afrikas

Von Maria Kapeller, 06. Mai 2017, 00:04 Uhr
Aufgehender Stern über dem Tourismus-Himmel Afrikas
Kilometerlange feinsandige Strände kennzeichnen den Süden der Insel Sal – mit 216 Quadratkilometern Größe eine der kleineren Kapverden. Bild: Kapeller

Die Kapverdischen Inseln zählen zu den Aufsteigern der Tourismusbranche. Sie wollen die weltpolitische Lage nützen und beginnen die Früchte ihrer Menschenrechts- und Umweltschutzbemühungen zu ernten.

Diese Insel ist ein unwirtlicher Ort. Flach wie eine Flunder, nur im Norden gibt es ein paar Erhebungen. Von der Sonne verbrannte Erde mit tiefen Rissen, so weit das Auge reicht. Sandige Böden, fast keine Vegetation. Nur an manchen Stellen Büsche oder niedrige Bäume. Fast nichts wächst hier, so gut wie alles wird importiert. Mais, Mangos, Bananen und Papayas werden von den fruchtbaren Nachbarinseln wie Fogo oder Santo Antão herangeschafft, der Rest aus Übersee. Trotzdem zieht es Jahr für Jahr mehr Touristen nach Sal, eine von neun bewohnten Kapverdischen Inseln mitten im Atlantik. Ihre unübertrumpfbaren Pluspunkte: 350 Sonnentage im Jahr, kilometerlange Sandstrände mit glasklarem Wasser und eine politisch stabile Lage. Gekoppelt mit für afrikanische Verhältnisse hohen Lebens- und Sicherheitsstandards.

Die Kapverden liegen mehr als 500 Kilometer entfernt von der afrikanischen Westküste. Im 15. Jahrhundert sind noch alle Inseln unbewohnt, als sie von europäischen Seefahrern entdeckt, von Portugal vereinnahmt und mit afrikanischen Sklaven besiedelt werden. Aufgrund der strategischen Lage zwischen Europa, Afrika und Südamerika werden die Eilande zur Drehscheibe des internationalen Sklavenhandels. 1974 folgt die Unabhängigkeit, die ersten freien Wahlen gehen aber erst 1991 über die Bühne.

Eine noch junge Demokratie, die aber schon viel geschafft hat: 2008 stuft die UNO den Inselstaat von der Gruppe der am wenigsten entwickelten Länder zu einem Land mit mittleren Einkommen auf. Die gemeinnützige US-Organisation Ethic Traveler nimmt die Kapverden 2015 und 2016 zwei Mal in Folge in die Liste der zehn ethischen Entwicklungsländer auf. Bewertet werden Staaten aufgrund ihres Einsatzes für Menschenrechte, Umweltschutz und im Sozialwesen, während gleichzeitig ein "community-basierter Tourismus" entsteht.

Der Fremdenverkehr entwickelt sich tatsächlich rasant. Die Verantwortlichen sehen in der unsicheren Lage bisher beliebter Touristenziele eine Chance. Sie möchten die Besucherzahlen von bisher rund 500.000 im Jahr auf eine Million im Jahr 2021 steigern.

Tourismusinfrastruktur im Entstehen

Dass der Inselstaat im Trend liegt, fällt bereits beim Betreten des internationalen Flughafens Amílcar Cabral in Sal auf. Der ist heillos überfordert mit den Menschenmassen aus Portugal, Großbritannien und Deutschland, die sich durch die zwei Sicherheits-Checkpoints quetschen. Was am Tourismus in Sal "community-basiert" sein soll, ist allerdings auf den ersten Blick nicht erkennbar. Auf der Insel wird kräftig gebaut. Die Betonruinen großer, luxuriöser Hotelresorts zieren die Ausläufer des ehemaligen Fischerortes und der heutigen Touristenhochburg Santa Maria. Zwei Fünf-Sterne-Hotels gibt es bereits, mindestens zwei weitere sowie unzählige Hotel- und Appartementanlagen sind im Bau. Freilich, für die Einheimischen ist der Tourismus eine der spärlichen Einkommensquellen. Fast 90 Prozent aller Angestellten in den großen All-Inclusive-Resorts sind einer Studie zufolge Insulaner. Viele kommen von den viel fruchtbareren Nachbarinseln nach Sal, um Arbeit zu finden. Darüber hinaus sind die Restaurants verlässliche Abnehmer für die lokale Fischerei, die einen hohen Stellenwert hat. Täglich spielt sich am Holzsteg von Santa Maria ein buntes Szenario ab, wenn mannsgroße Thunfische und rötlich schimmernde Zackenbarsche an Ort und Stelle gewaschen, geputzt, ausgenommen und verkauft werden.

Aufgehender Stern über dem Tourismus-Himmel Afrikas
Der Fisch, Haupteinkommensquelle der Insulaner, wird noch auf dem Steg verarbeitet und verkauft. Bild: Kapeller

Die Kapverden scheinen eine Art Vorzeige-Afrika zu sein. Die Frauen sind selbstbewusst. Die jüngere Generation trägt Jeans und lässige, kurz gelockte Afro-Frisuren. Im Vordergrund stehen die Kinder – nicht die Liebesbeziehung zu einem Mann. Dass eine Frau mehrere Söhne und Töchter von unterschiedlichen Männern hat, ist keine Seltenheit. "Wir sind unabhängig, wir gehen arbeiten, und wenn es mit einem Mann nicht klappt, trennen wir uns", erklärt Yolanda. Die zweifache Mutter stammt von der üppigen, ländlichen und sehr wenig touristischen Nachbarinsel São Nicolau und arbeitet in einem Strandhotel auf Sal. São Nicolau liegt nur einen Katzensprung entfernt: 25 Minuten in der Propellermaschine, und man taucht in eine gänzlich andere Welt ein. Steile Berge, grün überzogene Felsklippen, üppige Maisfelder, mannshohe Bananenstauden. Viel Ruhe, fast keine Touristen. Und kaum Jobs.

Ehrgeizige Öko-Ziele für 2020

Zurück nach Sal. "Die Gesellschaft hier ist sehr weiblich geprägt", bestätigt Carolina Marafusta, "und sehr offen", so die längst erwachsene Tochter portugiesischer Einwanderer, die auf der Sonneninsel ein Café betreibt. "Weibliche Ministerposten sind bei uns eine Selbstverständlichkeit", ergänzt sie. "Die Kapverden sind ein hell leuchtender Stern, wenn es um Chancengleichheit geht, viele Frauen haben angesehene Führungspositionen in öffentlichen Ämtern und im privaten Sektor", so die Organisation Ethic Traveler 2016 in ihrem Bericht. Dasselbe gilt für die Wahl der eigenen Sexualität: Während viele Afrikaner Homosexualität als "Krankheit des weißen Mannes" sehen und mancherorts sogar die Todesstrafe droht, ist Schwul- und Lesbischsein auf den Kapverden von Gesetzes wegen erlaubt.

Aufgehender Stern über dem Tourismus-Himmel Afrikas
Hafenidylle in Tarrafal im Nordosten der Insel Santiago Bild: Kapeller

Auch auf den Umwelt- und Tierschutz haben die Kapverdianer ein Auge. Der Inselstaat unternimmt Ethic Traveler zufolge große Anstrengungen, um erneuerbare Energien zu fördern. "Das stimmt", bestätigt Gastronomin Marafusta, "auch hier auf Sal gibt es Windräder und Photovoltaikanlagen." Das Problem liege in der aufwändigen Wartung, da die Anlagen von Sand und Sonne stark angegriffen würden.

Trotzdem hat die Regierung ein ehrgeiziges Ziel: Bis 2020 sollen die Inseln die Hälfte ihrer Energie aus erneuerbaren Quellen erzeugen. 2015 war es erst knapp ein Viertel, aber auf grünen, gebirgigen Inseln wie São Nicolau oder Santo Antão ist das Unterfangen leichter. Da das Land an Wasserknappheit leidet, werden viele Hotelduschen schon heute mit entsalztem Meerwasser gespeist. Zur Bewässerung der Hotelgärten wird das kostbare Nass dann ein zweites Mal verwendet. In puncto Umweltschutz müsse aber noch vieles angegangen werden, ist Marafusta überzeugt. "Es gibt kein Recycling-System, und Müll wird hier schlichtweg verbrannt."

Im Tierschutz scheint das Vorwärtskommen einfacher. Die Kapverden sind weltweit das drittwichtigste Nistgebiet für die gefährdete Unechte Karettschildkröte. Von Ausländern und der Regierung unterstützte Freiwilligenorganisationen haben in den vergangenen Jahren viel erreicht, um frisch geschlüpfte Schildkröten vor anderen Tieren und Wilderern in Sicherheit zu bringen. Seit 2002 sind die Meeresschildkröten gesetzlich geschützt, im Rahmen von Öko-Tourismusprojekten werden nächtliche Schildkrötentouren angeboten. Trotzdem landen die Tiere noch immer in den Suppentöpfen der Bevölkerung. Ein zunehmendes Problem ist auch die Lärm- und Lichtverschmutzung der Strände, für die vor allem der Fremdenverkehr verantwortlich ist. Eine weitere Herausforderung für die Kapverden: eine Waage zwischen dem sich gut entwickelnden Tourismus und dem Schutz von Umwelt und lokaler Kultur zu finden.

Aufgehender Stern über dem Tourismus-Himmel Afrikas
Die Gesellschaft auf Sal ist weiblich geprägt Bild: Kapeller

 

Service und Tipps

Anreise: TAP fliegt ab Wien über Lissabon auf die Inseln Boa Vista, Sal, Santiago und Sao Vicente. Mit Tuifly geht es ab München direkt nach Boa Vista und von dort weiter nach Sal.

Einreise: Das Visum kann beim Honorarkonsulat der Republik Kap Verde in Wien beantragt werden. Es gibt auch ein Visa on Arrival mit kürzerer Dauer.

Kulinarik: Die Inselküche besteht hauptsächlich aus frischem Fisch. Langusten kann man im Fischrestaurant „Barracuda“ probieren, exzellente Küche zu fairen Preisen bietet das portugiesisch geführte, etwas versteckt gelegene Lokal „Sabores & Livros“. Cachupa, eine regionale Spezialität aus Mais, Bohnen, Gemüse, Fleisch und Fisch, gibt’s günstig im Café Cam’s.

Unterkünfte auf Sal: Hotel Morabeza (4 Sterne) – alteingesessenes, etabliertes Strandhotel, www.hotelmorabeza.com; Hotel Oasis Salinas Sea (5 Sterne) – moderne Hotelanlage am Strand außerhalb des Zentrums

Attraktionen: Abgesehen von den langen Stränden im Süden zählen das „Blaue Auge“ Buracona mit Felsenpool, ein Bad im Salzwasser der Saline Pedra de Lume und die Begegnung mit Zitronenhaien in der Shark Bay zu den Sehenswürdigkeiten.

Herumkommen: Aluguers sind Kleinbusse oder Jeeps mit offener Ladefläche. Einfach vom Straßenrand aus heranwinken, es gibt einen Festpreis/Person. Zwischen den Inseln verkehrt die nationale Airline TACV, Fähren gibt es nur wenige.

Infoseite: www.kapverden.de

Grafik: 

Download zum Artikel

Kap Verde Sal

PDF-Datei vom 05.05.2017 (1.377,78 KB)

PDF öffnen
mehr aus Reisen

Great Lakes: "Kein Salz, keine Haie, keine Sorgen"

Fünf-Flüsse-Radtour

Die Idylle am Schwarzsee

Warndreieck, Feuerlöscher, Ersatzreifen: Was bei Autofahrten ins Ausland mit muss

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen