Die rote Führungsshow zwischen Dynamik und Kandidatenchaos

WIEN. Immer mehr Konkurrenz für Rendi-Wagner und Doskozil und ein Gerücht um Kern.
Spritzwein als Willkommensgeschenk für neue Mitglieder. Die "Junge Generation" hat am Freitagnachmittag, Stunden vor dem Ende der Anmeldefrist um 23:59 Uhr, vor der SPÖ-Zentrale in der Wiener Löwelstraße mit dieser Aktion die jüngste Beitrittswelle befeuert. Zu den 140.000 bisherigen SP-Mitgliedern sollen zuletzt sogar "einige Tausend" hinzugekommen sein, hieß es aus der Bundesgeschäftsstelle – die große Mehrheit mit dem Motiv, bei der Mitgliederbefragung zur Parteiführung (24. April bis 10. Mai) im Rennen zwischen der Vorsitzenden Pamela Rendi-Wagner und dem burgenländischen Landeshauptmann Hans Peter Doskozil stimmberechtigt zu sein.
"Die Mitgliederbefragung hat jetzt schon enorme Dynamik ausgelöst", ist Oberösterreichs SPÖ-Landeschef Michael Lindner zufrieden. Allein in Oberösterreich sind in dieser Woche bis gestern 500 Personen in die SPÖ eingetreten. "Ich war immer überzeugt, dass sich solche Elemente direkter Demokratie auszahlen", sagt Lindner. Mit mehr Mut der Bundespartei zu diesem Prozess hätte man sich viel Aufregung erspart und früher Klarheit gehabt, so Lindner.

Dass sich auch schon Spaßkandidaten beworben hätten und solche, die wohl kaum realistische Aussichten auf den SPÖ-Vorsitz hätten, komme nicht unerwartet: "Wir werden am Montag im Präsidium das Kandidatenfeld sichten und dann entscheiden, ob wir für eine tatsächliche Kandidatur auf dem Stimmzettel noch Hürden einbauen müssen", sagt Lindner.
Diese könnten zum Beispiel eine bestimmte Anzahl an Unterschriften sein, die man sammeln muss, um ins Rennen zu gehen. Dass man eine Stichwahl durchführt, sollte keiner der Kandidaten über 50 Prozent bekommen, kann sich Lindner nicht vorstellen. "Das wäre organisatorisch und finanziell schwierig."
Stand gestern früher Abend haben an die 20 Bewerber angekündigt, für den Parteivorsitz kandidieren zu wollen. Einer, den sich viele Funktionäre der Basis als Kandidaten wünschen, ist der ehemalige Bundeskanzler und SPÖ-Chef Christian Kern. "Kern hat 2017 mit seinem Plan A für die SPÖ Perspektiven auf den Tisch gelegt, die für ein modernes Österreich immer noch gültig sind", sagt Lindner dazu.
Ob er sich wünscht, dass Kern in die Vorsitzwahl einsteigt? "Mir geht es darum, dass wir eine Persönlichkeit an der Spitze finden, hinter der sich die Partei im Konsens finden kann. Dafür haben wir jetzt ein Prozedere geschaffen", so Lindner. Eines sei klar: Dass jemand sich nicht der Mitgliederbefragung stelle, dann aber beim Sonderparteitag am 3. Juni ins Rennen gehen wolle, könne er sich nicht vorstellen. "Statutarisch wäre das zwar möglich, aber politisch halte ich es für wenig sinnvoll", sagt Lindner.
Offiziell sagte Kern bis gestern, er wolle sich nicht an der Selbstzerfleischung beteiligen. Partei-Insider haben aber damit spekuliert, dass er ein Antreten beim Sonderparteitag in Erwägung ziehen könnte – vor allem, wenn weder Rendi-Wagner noch Doskozil mit einem klaren Erfolg aus dem Referendum kommen.
Am Montag müssen die Gremien die offenen Fragen klären. Das Regulativ für das Verfahren muss nach dem Präsidium der Parteivorstand beschließen.
- ZIB 1: Babler hofft auf Sieg
Babler statt Kowall, Veto gegen Grosz
- Die Ankündigung des Traiskirchner Bürgermeisters Andreas Babler (SP), bei der Mitgliederbefragung zu kandidieren, hat vor Nennschluss neue Dynamik in das Rennen um die SP-Führung gebracht.
- Als Konsequenz hat der Wiener Bezirksfunktionär Nikolaus Kowall seine Kandidatur zurückgezogen. Er erfülle damit sein Versprechen, auf ein Match mit Pamela Rendi-Wagner und Hans Peter Doskozil zu verzichten, wenn eine „gewichtigere Alternative“ zu ihm auftaucht.
Babler, der als Vertreter des linken Lagers in der SPÖ gilt, gab sich gestern überaus optimistisch: „Ich täte gerne den ersten Wahlgang gewinnen ohne Stichwahl“, sagte er. Gebe es keine klare Mehrheit über 50 Prozent für eine Persönlichkeit, dann sei er eben für eine Stichwahl. - In die Kategorie provokante Spaßkandidatur ist ein entsprechender Versuch des BZÖ-Politikers Gerald Grosz einzuordnen. „Das Beitrittsansuchen des Rechtspopulisten Gerald Grosz wird natürlich abgewiesen“, hieß es aus der SP-Bundespartei zur verweigerten Mitgliedschaft.
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