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Ruf nach Kalifat soll in Deutschland strafbar werden

Von nachrichten.at/apa, 03. Mai 2024, 07:01 Uhr
Kalifat Demo Hamburg
Tausende Menschen gingen am Wochenende in Hamburg auf die Straße.  Bild: (APA/dpa/Axel Heimken)

BERLIN. Nach der Islamisten-Demonstration in Hamburg gibt es weitere Rufe nach deutlichen Konsequenzen.

Nach Ansicht des Unionspolitikers Christoph de Vries sollte künftig bestraft werden können, wer in Deutschland öffentlich zur Errichtung eines Kalifats aufruft. Der Bundestagsabgeordnete forderte gegenüber der Deutschen Presse-Agentur einen parteiübergreifenden Schulterschluss, dass man solche Demonstrationen nicht dulde und dagegen auch strafrechtlich vorgehen wolle.

"Auch wenn dies grundrechtssensibel ist und einen Eingriff in die Meinungsfreiheit bedeutet, müssen wir diese Debatte ernsthaft führen", sagte der Oppositionspolitiker. Der Religionsbeauftragte der deutschen Bundesregierung, Frank Schwabe (SPD), verwies mit Blick auf derlei Demonstrationen auf die Grenzen der Religionsfreiheit.

De Vries betonte, dass Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) einen Gesetzesvorschlag unterbreiten sollten. Denkbar wäre es aus seiner Sicht etwa, eine Regelung zu schaffen, wonach sich strafbar machen würde, wer öffentlich fordert, in Deutschland eine Staatsordnung zu errichten, die mit der freiheitlichen demokratischen Grundordnung unvereinbar ist. Möglich wäre auch eine Änderung, die an den Tatbestand des Hochverrats oder der Verunglimpfung des Staates anknüpfe.

Islamisten-Demo

Am vergangenen Wochenende hatte eine von Islamisten organisierte Demonstration in Hamburg für Empörung gesorgt. Die über 1000 Teilnehmer hatten eine angeblich islamfeindliche Politik und Medienberichterstattung in aggressiver Form angeprangert. Außerdem wurde ein Kalifat als Lösung gesellschaftlicher Probleme gefordert - wenn auch nur für islamische Staaten. Organisatorin der Kundgebung war die Gruppe Muslim Interaktiv, die vom Verfassungsschutz als gesichert extremistisch eingestuft ist.

Auch der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Henrik Wüst drängt nun auf Konsequenzen. "Forderungen nach einem Kalifat in Deutschland, auf die Straße getragener Hass und Hetze sind absolut inakzeptabel", sagte der CDU-Politiker dem "Stern". "Die Bundesinnenministerin sollte die Organisationen, die hinter solchen Kalifats-Fantasien stecken, endlich verbieten."

"Hat mit Religionsfreiheit nichts zu tun"

Der Religionsbeauftragte Schwabe sagte der "Rheinischen Post" (Freitag) mit Blick auf die Demonstration: "Hass und Hetze und eine Untergrabung der freiheitlich demokratischen Grundordnung haben mit Religionsfreiheit natürlich nichts zu tun. Im Gegenteil, sie untergraben den Gedanken der Achtung der Menschenrechte - und damit auch der Religions- und Weltanschauungsfreiheit - in einem demokratischen pluralistischen politischen System." Ein Projekt, das die freiheitlich demokratische Grundordnung infrage stelle, können sich nicht auf Religionsfreiheit zu berufen, auch wenn es sich immer wieder auf eine Religion beziehe. "Das hat genauso wenig mit Religionsfreiheit zu tun wie Rechtsextreme, die vermeintlich das Christentum verteidigen wollen."

Das Kalifat als Herrschaftsform stammt aus der Zeit nach dem Tod des Propheten des Islam, Mohammed, im Jahr 632 n. Chr. und benennt ein System, das auf dem islamischen Recht (Scharia) basiert. Der Kalif war als Stellvertreter Mohammeds sowohl religiöser als auch weltlicher Herrscher.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte bereits am Montag Konsequenzen angemahnt: "Es ist ganz klar: Gegen all das, was an islamistischen Aktivitäten stattfindet, muss mit den Möglichkeiten und den Handlungsoptionen unseres Rechtsstaates vorgegangen werden." Man müsse sich genau anschauen, "was jetzt konkret aus den Dingen, die wir dort gesehen hatten, für Konsequenzen zu ziehen sind".

Keine "Kalifat-Proteste" in Österreich zu erwarten

Proteste, bei denen Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die Einführung einer islamischen Diktatur demonstrieren, wird es in Österreich laut Experten nicht geben. Dazu sei das Mobilisierungspotenzial von Gruppierungen wie Muslim Interaktiv hierzulande zu gering. Ein Verbot wäre wenig zweckdienlich, hieß es.

Mobilisiert werden die Teilnehmer solcher Aktionen vor allem auf Universitäten, weiß der Islamismusforscher Moussa Al-Hassan Diaw. Großen Einfluss haben die Veranstalter etwa in Berlin, Hamburg und im Ruhrgebiet, aber nicht in Wien oder Graz. Jede Anmeldung einer derartigen Veranstaltung bei der Polizei würde in Österreich sofort scheitern, sagt Diaw. Die Veranstalter könnten höchstens versuchen, das Protestmotiv zu verschleiern.

"Gerade für Studierende, die Antworten und Sicherheit im Leben suchen, sind diese Bewegungen sehr attraktiv", erklärte der Islamwissenschafter Rüdiger Lohlker von der Universität Wien. Gruppierungen wie Muslim Interaktiv "liefern einfache Antworten auf komplizierte Fragen, ein klares Weltbild und Sicherheit". Ihr modernes Auftreten in den sozialen Medien mache sie auch für ein junges Publikum attraktiver. "Da wirken diese Leute nicht wie steinzeitliche Patriarchatsverfechter", sagt Lohlker.

Sollten die "Kalifat-Proteste" dennoch nach Österreich überschwappen, raten beide Experten den Behörden von einem Verbot ab. "Da würde man ihnen nur eine Bühne geben", sagt Lohlker. Ein Verbot könne sie auch für Bevölkerungsgruppen, die bisher keine Bezugspunkte zum Islamismus haben, interessanter machen. Das islamistische Potenzial in Wien wäre da, heißt es. Nicht wenige Personen, die seit dem Beginn des Gaza-Krieges auf Anti-Israel Protesten gewesen sind, würden sich auch von dieser Art des Protests angesprochen fühlen, meint Diaw.

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