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„Steyr ist zu wenig Stadt, wir fordern mehr Urbanität“

Von Gerald Winterleitner, 31. August 2021, 09:01 Uhr
Neos-Spitzenkandidat Pit Freisais im Café „Das Ufer“ beim OÖN-Interview mit Redakteur Gerald Winterleitner. Bild: Moser

STEYR. Pit Freisais will bei der Wahl am 26. September für die Neos im Gemeinderat zumindest ein zweites Mandat erobern und damit den Fraktionsstatus erreichen.

Pit Freisais hat die Neos im Jahr 2015 mit 576 Stimmen und 2,94 Prozent erstmals in den Gemeinderat geführt. Mittlerweile hat sich der 32-Jährige in der Stadtpolitik profiliert und Lust auf mehr bekommen. Ziel des zweifachen Vaters sind am 26. September zumindest zwei Mandate, um den Fraktionsstatus für die Neos zu erreichen.

Steyrer Zeitung: Wir treffen uns hier im Café „Das Ufer“ an der Dukartstraße. Warum gerade hier?

Pit Freisais: Plan wäre eigentlich der Ennskai gewesen, das hat wetterbedingt leider nicht gepasst. Da hat sich dann das Ufer angeboten. Mir gefällt es hier zudem auch von der Einrichtung ganz gut. Wir wollen als Neos ein junges, urbanes Steyr. Und hier zeigt sich, dass ein gutes Angebot die Leute anlockt.

Apropos jung: Ist Steyr attraktiv genug für Junge?

Wenn man mit den Jungen spricht, dann sagen eigentlich alle, dass man Ausbildung und Schule hier macht, es sie aber beim Studieren wegzieht. Ich muss da nur an meine eigenen Schulkameraden denken, von denen viele nicht mehr zurückgekommen sind. Steyr ist hier zu schwach aufgestellt. Es fehlt der Anreiz, wirklich da zu bleiben.

Was wären diese Anreize?

Steyr ist zu wenig Stadt, geht teils schon in Richtung Dorf. Wir fordern mehr Urbanität.

Die FH ist ein Erfolgsprojekt. Braucht Steyr also auch die TU?

Attraktiv wäre sie auf alle Fälle. Mein Eindruck ist aber, dass die Landesregierung Steyr bis zu einem gewissen Grad abgeschrieben hat. Man muss sich nur anschauen, in welchem Zustand unser Bahnhof ist, der nicht einmal ein öffentliches WC hat, weil er es nicht wert ist, hier zu investieren. Es ist eine Katastrophe. Dabei ist in anderen Städten gerade das Bahnhofsviertel ein Szeneviertel, in dem sich was tut. In Steyr ist das Viertel verkommen. Genauso spielt es sich in anderen Bereichen ab.

Belebung des Ennskais war eine Neos-Forderung, die von Markus Vogl und der SP im Vorwahlkampf okkupiert wurde. Zufrieden?

Ich hoffe, dass es auch Vogl so sieht, dass dieses Ergebnis nicht zufriedenstellend ist. Es ist ein aktionistischer Erstaufschlag. Wie weit er das ernst meint, wird man noch sehen. Mich hat es ja gewundert, dass das Thema jetzt so eingeschlagen hat. Wir haben eine Belebung ja schon 2015 gefordert.

Gibt es in Steyr einen Lieblingsplatz?

Sehr gelungen ist der Panoramalift mit dem Aussichtspunkt. Ich wohne am Tabor, fahre hier gerne in die Stadt hinab. Und sogar als Steyrer holt man immer wieder sein Handy hervor, um ein neues Foto zu machen, weil die Stadt so schön ist. Es ist auch eine richtig urbane Lösung. Es nutzt das Potential von Steyr als Stadt der kurzen Wege. Solche Konzepte sollte es mehr geben.

Welche?

Ganz sicher brauchte es ein neues Mobilitätskonzept, umgesetzt mit externen Experten, die über den Tellerrand blicken. Für Fußgänger und Radfahrer, im Einklang mit den Autofahrern.

Welche Spuren haben die Neos in ihrer ersten Gemeinderatsperiode hinterlassen?

Bei unserem Einzug haben uns alle belächelt. Eine der Stärken war dann aber, dass für mich alles neu war und ich es hinterfragt habe. Ein Beispiel ist die Krankenfürsorgeanstalt in Steyr, die KfA. Von den etablierten Parteien wird das gar nicht hinterfragt, was da passiert ist. Nach meiner Anfrage hat kurz darauf der Bundesrechnungshof geprüft. Da sind dann Fünfsterneaufenthalte ohne Kurprogramm aufgeflogen, die Luxuskrankenkasse für einige wenige.

Der Klimawandel ist global. Kann Steyr etwas dagegen tun?

Dieses Problem kann man nur auf allen Ebenen lösen, ohne dass sich eine ausklammert. Leider wird die Verantwortung immer auf die nächste Ebene abgeschoben. Wenn man Vorschläge einbringt, heißt es immer „Da müssen wir warten“. Ich habe zum Beispiel gefordert, dass sich Steyr bis 2040 einen Ausstieg aus fossilem Gas überlegt. Das wäre Richtung Klimawandel interessant, andererseits ist Steyr als Gashändler massiv von den Einnahmen abhängig. Antwort war immer, wir richten uns nach dem, was uns vorgeschrieben wird.

Es gäbe viele Möglichkeiten, für den Klimaschutz etwas vorzuschreiben, tut es aber nicht.

Da sollte viel mehr gemacht werden. Wir haben mit Fabian Mitterschiffthaler einen Experten bei der Photovoltaik auf unserer Liste. Steyr hätte ein riesiges Potential, sämtliche stadteigenen Dächer damit auszurüsten. Und wenn man das Geld dafür nicht hat, bietet sich Contracting an. Die Stadt ist viel zu unkreativ. Wenn es keinen Druck gibt, passiert auch nichts.

Die drei wichtigsten kommenden Aufgaben für die Stadt?

Erstens der Standort. Wir driften in Richtung Provinz. Linz, Wels und alles dazwischen wächst zur Megacity zusammen, das Land legt hier einen Fokus darauf. Und Steyr hat den Geisterbahnhof, die Verbindungen nach Linz sind ein Schmarrn. Es wäre notwendig, in maximal 30 Minuten am Linzer Bahnhof zu sein. Steyr braucht ein Standortkonzept. Da müssen endlich auch die Landtagsabgeordneten und Nationalräte der Region Druck erzeugen, sonst passiert uns das wie bei MAN noch öfter. Und auch BMW ist kein Selbstläufer. Ein Mobilitätskonzept mit smarter Mobilität ist das Zweite. Und drittens muss Steyr schauen, wie es die jungen Leute in der Stadt hält. Angebote im kulturellen Bereich, für Familien, bei der Betreuung.

Apropos Mobilität: Kommt die Westspange?

Ich fände es nicht sinnvoll, wenn sie kommt. Die ganzen Zahlen, die von den Experten des Landes vorgelegt wurden, sind absolut unschlüssig. Wenn nur mit diesem Material argumentiert wird, sollte man diese 40 Millionen Euro in andere Sachen investieren, von denen Steyr deutlich mehr hätte. So holen wir uns nur Mautflüchtlinge.

Wie lautet die Neos-Position zu Rad- und öffentlichem Verkehr?

Steyr ist die Stadt der kurzen Wege, dafür wurden wir sogar ausgezeichnet, darauf gehört der Fokus. Aber die Politik hat jahrzehntelang den Autofahrer herangezüchtet. Man sieht ja beim Stadtplatz, wie das Denken verhaftet ist. Es muss überall sofort eine riesige Parkfläche sein, sonst hat man Angst. Dabei sollte es am attraktivsten sein, dass man zu Fuß oder mit dem Rad ins Zentrum kommt. Oder mit der neuen Aufstiegshilfe. Das wäre positiv in Richtung Klimawandel, aber auch gut für den Wirtschaftsstandort, für die Lebensqualität.

Letzteres bringt uns zu MAN. Hier zittern viele um ihre Existenz. Wie soll es weitergehen?

Man verwaltet nur das historische Erbe der Stadt. Die Politik freut sich über hohe Einnahmen. Aber dass man sagt, wir entwickeln unseren Standort, schauen, dass er gut positioniert ist im Wettbewerb der Regionen, dass es gute Anbindungen zum Zentralraum gibt und wir als solcher wahrgenommen werden, das passiert überhaupt nicht. Folge ist, dass vieles abwandert. Es ist untypisch für einen urbanen Raum, dass er schrumpft. Steyr stagniert im besten Fall, in Wirklichkeit schrumpfen wir aber. Wir verlieren an die Umlandgemeinden, die aber selbst nicht überproportional wachsen.

Sollte Steyr mit diesen fusionieren?

Das wäre sinnvoll, aber ich glaube, dass dies politisch nicht möglich sein wird. Aber zumindest mehr Synergien sollten genutzt werden. Das zeigt sich schon bei kleinen Sachen wie Radwegen, die meist nur bis zur Ortstafel gedacht sind.

Wie muss sich Steyr auf den demografischen Wandel einstellen?

Die Pflege an sich ist eine riesige Herausforderung. Vom Bund kommen meist nur Überschriften, die Finanzierung bleibt an der Stadt hängen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis es hier eskaliert. Die Stadt muss danach trachten, beim Personal gut aufgestellt zu sein. Es passiert ja schon jetzt, dass Zimmer nicht belegt werden können, weil das Pflegepersonal fehlt.

Sie wohnen selbst am Tabor. Hier konzentriert sich in jüngster Zeit der Handel. Ist das OK?

Es fließt sicher einiges aus der Innenstadt ab. Dem lässt sich aber gegensteuern, indem man den Stadtplatz weiterentwickelt. Vom Ambiente her bietet der Tabor wenig, die Freizeit verbringt man hier nicht. Was fehlt ist lebendige Verdichtung, dass Stadtteile entwickelt werden, dass es den Greißler vor Ort gibt. Das vermeidet auch unnötige Wege mit dem Auto.

Aber das Stadtzentrum wurde erst kürzlich um drei Millionen Euro behübscht.

Der Stadtplatz lebt hauptsächlich davon, dass er an sich schön ist. Mit dem, was nun geschaffen wurde, hat sich die Stadt nicht großartig selbst übertroffen. Es war ein Kompromiss zwischen Auto-Parkplatz-Lobby und ein bisserl mehr Platz für Besucher. Aber in Wirklichkeit gehört der Stadtplatz autofrei. Die drei Millionen Euro hätte man gewinnbringender einsetzen können.

Es gibt trotz hohem Wohnungsleerstand einen Bauboom.

Jeder investiert in Immobilien, weil die Zinsen niedrig sind. Der Leerstand betrifft hauptsächlich kleiner Wohnungen, auf große für Familien muss man warten.

Welches Ressort im Stadtsenat würde die Neos reizen?

Solch ein Ergebnis, also einen Platz im Stadtsenat, geben die Umfragen leider noch nicht her. Aber das Mobilitätsressort wäre sehr reizvoll, hier ist in Steyr viel zu wenig passiert.

 

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Autor
Gerald Winterleitner
Lokalredakteur Steyr
Gerald Winterleitner
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5  Kommentare
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localr (470 Kommentare)
am 04.09.2021 09:25

Der P. Freisais hat immer so gute Ideen!
Er möchte gern Model sein (siehe die ersten 1000 Posts auf seinem Instagram-Account), u ist doch nur ein mittelmäßig attraktiver junger Mann mit mittelmäßig guten Ideen. Er fordert mehr Urbanität für Steyr - wow!
Den Ennskai für InnenstadtbewohnerInnen zu einer Flaniermeile umgestalten? Super Idee! Nur, wozu? Geht doch eh keine/r hin..

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aortner (692 Kommentare)
am 31.08.2021 17:30

Da müssen Wahlen anstehen damit die Parteien das Thema Bahnhof puncto Ausstattung und Verbindung nach Linz entdecken. Derweil existiert dieser Missstand schon ewig. Liebe NEOS bleibt an diesem Thema dran - auch nach der Wahl!

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telepath (355 Kommentare)
am 31.08.2021 09:33

Der Herr Gemeinderat wäre nun schon lange genug in der Politik, um die Kompetenzverteilung zu kennen. Für Bahn, Bahnhof und dessen WC ist eine gewisse Frau Gewessler zuständig. An die sollte er deshalb auch seine Forderungen richten,

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tradiwaberl (15.611 Kommentare)
am 31.08.2021 09:50

Nachdem Norbert Hofer und Andreas Reichardt das offensichtlich auch nicht zustande gebracht haben...

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Fenstergucker (2.386 Kommentare)
am 31.08.2021 10:38

Normalerweise ist der Hausherr eines Bahnhofes der Bahnhofsvorstand, so wie der Gastwirt auch für seine WC-Anlagen verantwortlich ist. Dafür ist ein Minister nicht direkt verantwortlich, sehr wohl aber, daß sein "Laden" läuft.

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