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„Ohne uns würde die Kontrollinstanz in der Stadt fehlen“

Von Gerald Winterleitner, 30. August 2021, 07:09 Uhr
Michaela Frech beim OÖN-Interview zur bevorstehenden Gemeinderatswahl. Die Spitzenkandidatin des „Bürgerforums – Liste Frech“ traf sich mit Redakteur Gerald Winterleitner in ihrem Esszimmer. Ein Interview an ihrem Wunschplatz im eigenen garten unter den Apfelbäumen war wetterbedingt an diesem Tag nicht möglich.  Bild: Moser

STEYR. Das Bürgerforum will bei der Gemeinderatswahl am 26. September als eigenständige Liste wieder in das Steyrer Stadtparlament einziehen.

Zwei Perioden lang hatte Michaela Frech mit ihrem Bürgerforum in einem Wahlbündnis gemeinsam mit der Steyrer VP für den Gemeinderat kandidiert. Am 26. September geht die 56-jährige Pädagogin wieder mit einer eigenen Liste ins Rennen. Die gelernte Touristikkauffrau, die 1997 für das Liberale Forum erstmals den Einzug ins Stadtparlament geschafft hatte, hofft auf zumindest ein Mandat und will in der kommenden Periode wieder als kontrollierendes Organ den etablierten Parteien auf die Finger klopfen. Beim letzten eigenständigen Antreten bei der Wahl im Jahr 2003 hatte die Liste Frech mit 872 Wählerstimmen 4,56 Prozent und ein Mandat erreicht.

Steyrer Zeitung: Wir treffen uns hier privat bei Michaela Frech zum Frühstück. Warum hier?

Michaela Frech: Ich bin davon ausgegangen, dass heute schönes Wetter ist und wir draußen im Garten, meinem Rückzugsort, sitzen. Heute regnet es leider. Ich bin gerne draußen, das Minimum sind aber 16 Grad zum Frühstücken.

Gibt es abgesehen vom Garten einen Lieblingsplatz in Steyr?

Da gibt es viele, etwa die Schwimmschule. Da bin ich im Sommer, wenn es geht, täglich, aber nur jeweils maximal 15 bis 30 Minuten. Rein ins Wassser, schwimmen, aus dem Wasser raus. Und dann den Schlosspark, dort haben wir den Lyrikweg inszeniert, diese Kombination Kultur, Natur, das fasziniert.

Apropos Schlosspark: Wie steht der Kulturmensch Frech zur Rettung des Schlossparks?

Er muss erhalten bleiben und soll auch nicht in Stadtpark umbenannt werden. Er ist für alle Steyrer da sein und soll möglichst auf alle Bedürfnisse der Nutzer und natürlich auch der Natur ausgerichtet sein. Generell sollte in Steyr viel Grün mitten in der Stadt erhalten, schonend mit Bäumen umgegangen, Bäume gerettet werden.

Somit wären wir beim Klimawandel: Was kann Steyr tun?

Die Stadt kann mit positivem Beispiel vorangehen. Jetzt passiert eh ein bisserl was in diese Richtung. Etwa dass die Stadt auf eigenen Gebäuden Photovoltaik installiert, Energie-Contracting macht. Auch Politiker können etwas tun: Es ist die Frage, wie weit man in einer Stadt wie Steyr einen Dienstwagen mit Chauffeur braucht? Jeder Bürgermeister und Vizebürgermeister hat dieses Recht, aber es ist ein falsches Signal. Und die Bürger müssen mit Information versorgt werden, wie man klimaschädliche Maßnahmen unterlässt. Privat kann man mehr Busfahren, Radfahren, zu Fuß gehen.

Thema Photovoltaik: Die Stadt könnte beim Neubau vieles vorschreiben, auch unversiegelte Parkplätze, tut es aber nicht.

Ich bin eher ein Freund von Anreizen als von Vorschriften, sprich in Richtung Förderungen im Privatbereich. Aber Parkflächen an der Oberfläche zu versiegeln, ist absoluter Nonsens. Man sollte auch im Wohnbau Tiefgaragen vorschreiben, obwohl es das teurer macht. Weniger Beton, mehr Grünfläche. Es geht um Lebensqualität.

Michaela Frech ist zwölf Jahre gemeinsam mit der VP angetreten, nun wieder als Bürgerliste.

Die VP hat sich in Steyr neu aufgestellt, großteils mit Personen ohne kommunalpolitische Erfahrung. Da war kein Platz mehr für eine Bürgerliste. Ich bin bekannt dafür, dass ich nichts mit Parteipolitik auf dem Hut habe. Jetzt ist das Bürgerforum wieder absolut unabhängig.

Hat Michaela Frech für das Bürgerforum in den vergangenen Jahren genügend Spuren hinterlassen für einen Neustart?

Ich denke schon. Ich kann den Wahrheitsbeweis locker antreten, man braucht sich nur die Gemeinderatssitzungen anschauen, die auf Video aufgezeichnet sind. Es gab in den vergangenen Jahren kaum einen Antrag des Wahlbündnisses, bei dem ich nicht maßgeblicher Initiator war.

Die Initiative haben Sie auch beim Steyrer Bahnhof ergriffen.

Der ist eine Katastrophe, das kann man so sagen, ein Schandfleck und eine Schande für die ÖBB. Wenn andere gesagt haben, da kann man eh nix machen, sehe ich das anders. Wenn man gemeinsam Druck macht, hartnäckig bleibt, dann wird auch die ÖBB sagen, wir wollen den Ärger mit Steyr nicht. Das ist nicht gut für den Ruf der ÖBB. Außerdem ist dieser Bahnhof eine Kundenvertreibungsaktion. Wenn die Hardware nicht passt, dann nutzt auch das Klimaticket nichts.

Finden Radfahrer und Öffinutzer in der Stadt ein passendes Angebot vor?

Nein. Wobei für Radfahrer jetzt schon viel gemacht wird, das war früher in Steyr eine exotische Geschichte. Beim öffentlichen Verkehr fehlt das Bewusstsein noch. Politiker nutzen Busse viel zu wenig, haben daher auch keine Erfahrung damit. Sonst würde ihnen auffallen, dass nicht alles so toll ist. Jeder sollte öffentlichen Verkehr nutzen können, um zur Arbeit zu kommen. Davon sind wir weit entfernt, weil die Zeiten einfach nicht passen. Das Thema wird fast immer von der Kostenseite gesehen, aber kostenneutral wird es nie sein. Aber auch der Straßenbau, der Sozialbereich und vieles mehr sind nicht kostendeckend. Man muss es ganzheitlich und langfristig sehen.

Welche sind die drei wichtigsten kommenden Aufgaben der Stadt.

Absolutes Manko ist: Wenn man sich in Steyr endlich für etwas entschieden hat, ist es fast nie das Thema, wie kann man es am günstigsten, am nutzerfreundlichsten machen, sondern es wird einfach gemacht. Da ist viel Optimierungsbedarf. Bei jeder Entscheidung die man trifft, auf die Folgekosten und die Folgewirkungen zu schauen. Und die Verwaltung sollte sich an den Interessen der Nutzer orientieren, das ist jetzt nicht so. Es geht etwa nicht um mehr Öffnungszeiten, sondern um die passenden.

In Steyr ist die FH eine Erfolgsgeschichte. Sollte Steyr auch Uni-Stadt werden?

Alles was an Bildungseinrichtungen nach Steyr kommt, wertet den Standort absolut auf. Steyr mit seiner technischen Geschichte, seinem großen Potential an jungen Menschen mit entsprechender Vorbildung und seiner Lebensqualität wäre optimal für eine TU.

Tut Steyr genug, um Junge in der Stadt zu halten, zurückzuholen?

Es gibt kleine Ansätze, aber zu wenig. Man müsste sich auch überlegen, wie man eine Abwanderung verhindert.

Sollte die Westspange kommen?

Sie ist nach der Wahl vielleicht aus finanziellen Gründen gar kein Thema mehr, das könnte sich erledigt haben, vermute ich.

Bei MAN zittern Hunderte um ihre Existenz. Ist der Standort zukunftsfit aufgestellt?

Ich glaube, dass ich das nicht beurteilen kann, was MAN anbelangt. Aber es ist ein Zeichen dafür, dass man in Steyr auf Klein- und Mittelbetriebe nie großen Wert gelegt hat, weil man die drei großen Betriebe hat. Jetzt ist es 5 nach 12, wenn es darum geht, auch die Klein- und Mittelbetriebe zu forcieren und eben auch Dinge wie Steyr als Tourismusstadt stärker zu positionieren, um Alternativen zu haben. Gerade im Tourismus bieten sich enorme Chancen.

Hat sich Steyr auf die alternde Bevölkerung genug eingestellt?

Wir haben drei Alten- und Pflegeheime, damit werden wir auf Dauer vermutlich nicht auskommen. Es wird aber vor allem einen Ausbau der mobilen Dienste brauchen. Und Barrierefreiheit ist ein Thema, man muss schauen, vieles nachzurüsten. Das nutzt nicht nur Älteren, sondern jedem.

Der Handel konzentriert sich enorm auf den Stadtteil Tabor. Passt diese Entwicklung?

Nahversorgung ist wichtig, für jeden Stadtteil. Wenn man einzelne Einkaufscenter forciert, ist klar, dass diese Geschäfte anderswo verloren gehen. Da muss man sich etwas überlegen.

Das Stadtzentrum wurde in den vergangenen Jahren um drei Millionen Euro behübscht. Passt das Ergebnis?

Wenn ich böse bin, muss ich sagen: Die drei Millionen sehe ich nicht als Nutzer. Es wurde viel Geld ausgegeben, aber ob man die Ziele erreicht hat, bezweifle ich. Etwa am Grünmarkt kann man am Gehsteig nicht einmal gerade gehen, da kommt man ins Schwanken.

Es gibt nach wie vor einen Bauboom, aber auch viel Leerstand, Substandardwohnungen und Abwanderung ins Umland.

Dieses Problem werden wir nicht lösen können, das hat mit der Wohnbauförderung zu tun. Wohnungen sind am Anfang günstig, werden dann teurer, das führt zum Wohnungstourismus in neuere, schönere und billigere Wohnungen. Das gehört geändert. Aber Wohnungsgenossenschaften müssen eben bauen und nicht sanieren.

Steyr schrumpft: Soll es mit Umlandgemeinden fusionieren?

Das ist eine sehr machtpolitische Frage, denn es würde bedeuten, dass es nicht mehr so viele Bürgermeister gibt. Es braucht ein völlig neues Denken, mehr Kooperation, Dinge gemeinsam zu nutzen und zu finanzieren. Sinnvoll wäre es sicherlich, größer zu denken, über Gemeindegrenzen hinweg.

Sollte der Einzug in den Gemeinderat nicht gelingen: War es das dann mit dem politischen Engagement der Michaela Frech?

Ich werde immer ein politischer Mensch bleiben. An meinem Engagement würde sich auch nichts ändern im Kulturbereich und im Sozialbereich. Aber es würde dann nur noch etablierte Parteien im Gemeinderat geben, es würde niemanden mehr geben, der eine offene Sicht auf die Dinge hat, ohne parteipolitische Zwänge, ohne Abhängigkeiten von Landes- oder Bundespolitik, niemanden, der die Sicht des Bürgers hat. Und es wäre eine Kontrollinstanz weg. Ich war und bin halt jemand, der durchaus aneckt, seine Meinung offen sagt. Ich bin nicht in die Politik gegangen, um etwas schönzureden.

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Autor
Gerald Winterleitner
Lokalredakteur Steyr
Gerald Winterleitner
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2  Kommentare
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hoeninjo (648 Kommentare)
am 31.08.2021 08:01

ich hoffe der einzug in den gemeinderat wird geschafft! im gegensatz zu der övp sind hier leute am werken mit herz und hausverstand!

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Fenstergucker (2.386 Kommentare)
am 30.08.2021 20:05

Ich wünsche Ihr alles Gute.
Sie wurde oft niedergestimmt.
Sie wurde oft ausgelacht.
Sie verhinderte so manches, was wir gar nicht wissen, weil Sie sich nicht trauten es zu beantragen.
Sie will weiterkämpfen.
Nach Prof. Dr. mult. Bruno Buchberger:
"Mit voller Tube".

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