Suche nach der besten Steyr-Idee wird schwierig
STEYR. Neun Projekte stellten sich am Montagabend dem Casting. Offizielle Ergebnisse gibt es noch keine, aber einige Favoriten, darunter die Flusswelle für Surfer und das Sonnenstrom-Projekt.
Der Ideen-Entwicklungsprozess "steyr2030" ist an jenem Punkt angelangt, an dem alles plötzlich sehr schwierig wird. Anders als ursprünglich geplant, sind die Ergebnisse, die das Voting am Montagabend erbracht hat, Verschlusssache – vorläufig zumindest. Aufgrund des aufwändigen Wahlverfahrens wird man die 190 Fragebögen, die beim Casting ausgefüllt und abgegeben wurden, auch gar nicht klassisch auswerten, sondern bestenfalls interpretieren können. "Auch ich lerne in diesem Prozess laufend dazu", gesteht Fazat-Geschäftsführer und "steyr2030"-Mastermind Walter Ortner ein.
Das Problem, dem sich der Fazat-Vereinsvorstand (in dem sich der Steyrer Lokalpolitik dem Wahlergebnis entsprechend proportional abgebildet findet) nun gegenüber sieht: Er muss nun nicht nur abwägen, an welche vier Projekte der Fazat-Award vergeben wird. Vorsitzender Markus Vogl und seine Mitstreiter müssen auch darüber befinden, ob diesen Projekten eine finanzielle Unterstützung zukommen kann (und wenn ja, wie viel).
Der ursprünglichen Ausschreibung zufolge wird in jedem der vier Themenbereiche, zu denen Ideen eingereicht werden konnten, ein Award vergeben. Das soll auch so beibehalten werden. In die Entscheidung wird aber nicht nur das Publikumsvoting einfließen, sondern auch die Frage nach der Umsetzbarkeit. Sprich: Gibt es für ein Projekt zu viel an Finanzierungsbedarf, sinken die Chancen auf den Preis rapide.
Der Stimmungslage beim Ideencasting am Montag zufolge zählen folgende Projekte zu den Top-Favoriten: In der Kategorie Technologie wird wohl kaum ein Weg am kollektiv finanzierten und verwerteten Sonnenstrom vorbei führen. Als Stellflächen für die Kollektoren sollen die Dächer von Steyrer Großbetrieben genutzt werden. In der Kategorie Geschäftsmodelle gibt es die meiste Sympathie für die "Innenstadt im Aufbruch". In der Kategorie Lebensraum hat die "Flusswelle Steyr" als einzig verbliebenes Projekt den Award vor Augen. In der Kategorie Fachkräfte stechen laut Voting das Re-Branding für Steyr und das Welcome Center für Fachkräfte hervor.
Apropos Re-Branding: Die Idee, die der Steyrer Text-Werker Christian Kreil mit Feuereifer verfolgt, dürfte jene sein, die am meisten polarisiert. Glühende Fans stehen aufgebrachte Kritikern gegenüber. Kreil möchte – wie berichtet – aus Steyr eine "City of Innovation" machen und die aktuelle Marke "Steyr am Nationalpark" verabschiedet und entsorgt wissen.
Das Problem an der "City of Innovation": Eine Marke ist nur dann und so lange glaubwürdig, wie sich das, was sie aussagt, auch tatsächlich beweisen lässt. Während sich "Steyr am Nationalpark" also an einem (zugegeben: 20 Kilometer weit hergeholten) Faktumnachweisen lässt, braucht eine City of Innovation laufend inhaltliche Auffrischung. Sich nur auf Innovationen der Vergangenheit (wie Europas erste elektrische Straßenbeleuchtung) zu berufen, wäre in so einem Fall eine Farce. Das ist der Vorteil der Romantikstadt Steyr und der Christkindlstadt Steyr: Diese beiden Marken lassen sich zur Gänze aus der Geschichte der Stadt erklären. Die Beweise dafür – die Häuser der Innenstadt und die Wallfahrtskirche – haben ganz von selbst und ohne viel weiteres Zutun Bestand.
Scheitern dürfte Kreils Idee freilich aus einem anderen Grund. Mit seinem Projekt (das wie gesagt von der Politik abgesegnet und befürwortet werden müsste) nimmt er dem Tourismusverband die ersessene Branding-Kompetenz. Diese wird man dort kaum abtreten wollen.
Zum Ideencasting im Museum Arbeitswelt waren am Montag 190 Besucher gekommen, um 60 mehr als angemeldet.
Toll wie immer, der Herr Kreil. Wer würde nicht sofort in eine Stadt fahren, die sich der Innovation verschrieben hat?