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"Im Idealfall gehen alle gestärkt aus einer Krise"

Von Monika Raschhofer, 02. Juni 2019, 07:01 Uhr
"Im Idealfall gehen alle gestärkt aus einer Krise"
Jubiläums-Referent Heinz Nußbaumer mit dem Dalai Lama. Bild: privat

MATTIGHOFEN, WIEN. Heinz Nußbaumer über Krisen, Religionen, Macht und das Denken: Referent beim Katholischen Bildungswerk.

Er hat Bill Clinton, Michail Gorbatschow, Yasser Arafat und den Dalai Lama getroffen. Er war oft im Nahen Osten. Er ist Buchautor und Zeitungs-Herausgeber. Und er referiert in Mattighofen anlässlich des 65-jährigen Bestehens des Katholischen Bildungswerks: Heinz Nußbaumer (Infos zur Person und zur Veranstaltung im Infokasten). Ein Interview zum Neugierigmachen:

Braunauer Warte: Welche Verhaltensweisen sind in Krisenzeiten wesentlich?

Nußbaumer: Kommt darauf an, welche Krise. Von der privaten Krise bis zur Weltkrise ist ein weiter Weg. Aber zur Krise, die unser Land derzeit durchlebt: Man sollte sich hüten, Krisen für Abrechnungen zu missbrauchen, die nicht unmittelbar mit dem Anlassfall zu tun haben. Das macht alles nur schlimmer. Und vor allem sollte jedes Lösungsmodell die Möglichkeiten und Grenzen des jeweils anderen mitbedenken. Wer eine Krise als Chance sieht, um andere ins Eck zu drängen, hat nichts begriffen. Im Idealfall gehen nämlich alle gestärkt und mit einem Zugewinn an Dialogfähigkeit aus einer Krise hervor.

Was kann Religiosität dazu beitragen, die großen Fragen unserer Zeit zu bewältigen?

Viele Menschen würden antworten: "Gar nichts – denn Religionen spalten ja, statt zu versöhnen." Aber das ist natürlich falsch. Zunächst, weil es meist nicht die Religion ist, die trennt, sondern ihr machtpolitischer Missbrauch zu Gunsten anderer Interessen. Hinter so gut wie jeder Religion steht ja die Goldene Regel: Was du nicht willst, dass man dir tut, das füg auch keinem andern zu. Im Idealfall darf dieser "Andere" sogar einen anderen Glauben haben. Religionen sind keine Stichwortbringer für politische Alltagsfragen – gläubige Menschen können bei der Bewältigung großer Fragen durchaus auf verschiedenen Seiten stehen. Was der Glaube aber kann: Das Verhältnis von Ich, Du und Wir zu zivilisieren. Also Leitplanken für unser Denken und Handeln zu setzen – hin zu mehr Gerechtigkeit, Bewahrung der Schöpfung, Nächstenliebe, ethischer Aufrüstung... Und die Hellhörigkeit des Herzens, die Achtsamkeit für Wesentliches wie auch die Verfügbarkeit für andere zu stärken. Für dieses Ziel arbeiten Staat und Kirchen mit unterschiedlichen Mittel, aber im "selben Bergwerk".

Wie lässt sich denn ein unaufgeregtes Verhältnis zum Islam finden?

Erstens, durch den Abbau von Stereotypen und Vorurteilen. Zweitens, durch mehr Neugierde für Muslime, ihren Glauben und ihre Werte – das sind Menschen wie wir. Drittens, durch Akzeptanz ihres Andersseins – so schwer das auch sein mag. Viertens, durch Solidarität und Gerechtigkeit – mehr als eine halbe Million Muslime im Land können auf Dauer weder sozial noch kulturell versteckt bleiben. Fünftens, durch ein Verhalten, das ihnen zeigt, dass der Grundwasserspiegel unseres Glaubens, unserer Mitmenschlichkeit und Solidarität nicht dem Zerrspiegel entspricht, den die islamische Welt von uns hat – oft als Spiegel unserer eigenen Außenfassade.

Haben Sie Macht je als positive Kraft erlebt oder ist sie per se Gefahr?

Ohne Macht ist eine menschliche Gesellschaft nicht denkbar – als Instrument des Fortschritts, der Nutzung unterschiedlichster Talente und Energien – und als Voraussetzung für den Austausch von Ideen und Interessen. Über ihren ethischen Wert entscheidet der jeweilige Machtträger mit seinen Motiven und Machtmitteln. Ich habe Machthaber in aller Welt getroffen – manchmal bewundert, öfter verurteilt, aber nie beneidet. Denn der Umgang mit Macht ist eine enorme Charakterprobe.

Wie wichtig sind für Ihr Leben die Zeiten des Nachdenkens, die Sie sich genommen haben?

Mein Gott, natürlich wichtig – aber ich habe mir mein Leben leider nicht entsprechend eingerichtet. Nachdenken geschieht – abgesehen von meiner jährlichen Auszeit in der Klosterwelt am Berg Athos – in der Regel irgendwie nebenbei, vor allem in schlaflosen Stunden, bei Autofahrten, zumeist aber, während die Finger schon auf der Tastatur unterwegs sind, um Texte zu schreiben. Das lese ich dann noch zwei Mal durch – in der Hoffnung, dass das begleitende Denken das Produkt korrigiert, verbessert und halbwegs brauchbar macht. Mein Kopf hat sich irgendwann einmal daran gewöhnt, über Dinge nachzudenken, auch wenn gerade anderes zu erledigen ist. Keine gute Lösung. So bleibt die Sehnsucht, mehr Nachdenkzeiten einplanen zu können, weiterhin stark – aber die Zeit, um damit ernst zu machen, schwindet langsam...

 

Über die Jubiläumsveranstaltung des Bildungswerks und den Referenten

Das 65-jährige Bestehen feiert das Katholische Bildungswerk (KBW) Mattighofen mit einem Festabend am Donnerstag, 6. Juni, im Stadtsaal Mattighofen.

Video über die KBW-Reisen um 18.30 Uhr, Begrüßung durch KBW-Leiter Franz Wührer (siehe auch „Landsleit“ auf Seite 24) um 19 Uhr, Grußworte von Altbischof Maximilian Aichern um 19.15 Uhr, Ausblick auf die Entwicklung in der Erwachsenenbildung durch Altlandeshauptmann Josef Pühringer, Festvortrag „Bei Mönchen und Mächtigen: ein Leben zwischen Weltpolitik und Athos-Stille“ von Heinz Nußbaumer um 20.10 Uhr, Diskurs um 20.45 Uhr, persönlicher Austausch bei Brot, Wasser, Bier und Wein ab 21 Uhr. Musikalische Gestaltung: Bläserquartett der Stadtmusikkapelle Mattighofen, Jung-Ensemble der Landesmusikschule Mattighofen. Kostenlose Zählkarten im Buchladen Mattighofen und an der Abendkassa. Freiwillige Spenden.
Gegründet wurde das KBW Mattighofen von Hans Kobler, vor Wührer leiteten es Paul Fuchs und Leonhard Kefer.

"Im Idealfall gehen alle gestärkt aus einer Krise"
Heinz Nußbaumer, Herausgeber der Zeitung „Die Furche“, Journalist, Buchautor und Referent Bild: Picasa

Referent Heinz Nußbaumer (75) hat in Salzburg Theologie, Kunstgeschichte, Rechts- und Staatsphilosophie studiert. Er leitete das Außenpolitik-Ressort des „Kuriers“, ist seit 2001 für religiöse und philosophische Sendungen des ORF tätig und seit 2003 Herausgeber der Wochenzeitung „Die Furche“. Er hatte guten Kontakt zu israelischen und arabischen Staatsmännern und knüpfte Verbindungen zu österreichischen Politikern. Von 1990 bis 1999 war Nußbaumer Pressechef der Österreichischen Präsidentschaftskanzlei und Sprecher der Bundespräsidenten Kurt Waldheim und Thomas Klestil. Nußbaumer hat Bücher geschrieben, Vorträge gehalten und viele Auszeichnungen bekommen, darunter das Österreichische Ehrenkreuz für Wissenschaft und Kunst

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Autorin
Monika Raschhofer
Lokalredakteurin Innviertel
Monika Raschhofer
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