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Der Verfassungsgerichtshof kippte die Kanal- und Wassergebühr von Steinbach am Attersee

Von Edmund Brandner, 09. Jänner 2024, 00:04 Uhr
Der Verfassungsgerichtshof kippte die Kanal- und Wassergebühr von Steinbach am Attersee
Steinbach ist die flächengrößte Gemeinde des Bezirkes Vöcklabruck, hat aber nur 900 Einwohner. Bild: Moritz Ablinger

STEINBACH AM ATTERSEE. Nach sieben Jahren Streit um die Wasser- und Kanalgebühr in der 900-Einwohner-Gemeinde Steinbach am Attersee sprach Österreichs oberstes Gericht jetzt ein Machtwort: Laut Verfassungsgerichtshof sind die beiden Gebühren gesetzwidrig und müssen vom Gemeinderat neu erlassen werden.

Steinbach führte 2017 eine Wassermindestabnahmegebühr ein. Wer eine Wohnung besitzt, muss mindestens 67 Kubikmeter Wasser pro Jahr bezahlen – auch wenn er weniger verbraucht. 2021 senkte die Gemeinde diese Mindestgebühr auf 45 Kubikmeter.

Wiener verweigert die Zahlung

Die meisten Haushalte sind von der Mindestgebühr nicht betroffen, weil sie ohnehin mehr Wasser verbrauchen (Zwei-Personen-Haushalte brauchen im Schnitt rund 90 Kubikmeter Wasser pro Jahr). Betroffen sind allerdings zahlreiche Menschen mit Zweitwohnsitz. Sie sind nur zeitweise vor Ort und haben deshalb niedrige Verbrauchswerte.

Einer von ihnen, der Wiener Militärhistoriker Michael Hochedlinger, weigert sich seit 2017, die Wasser- und Kanalgebühr für seine Wohnung in Steinbach zu bezahlen. Er und 23 weitere Zweitwohnungsbesitzer legten eine Beschwerde gegen die Gebührenverordnung beim Landesverwaltungsgericht ein. Die 24 Beschwerdeführer verbrauchen im Schnitt jeweils nur elf Kubikmeter Wasser. Sie bezeichnen die Abgabe als "versteckte Zweitwohnsitzsteuer", die "unstatthaft" sei.

Während die Experten der Landesregierung die Vorgehensweise der Gemeinde guthießen und als verfassungskonform bezeichneten, zweifelten die Juristen des Landesverwaltungsgerichts an der Rechtskonformität der Steinbacher Gebührenverordnung. Deshalb legten sie den Fall dem VfGH zur Prüfung vor. Dieses hob die entsprechenden Verordnungen nun tatsächlich auf. Die obersten Richter halten ein Nebeneinander von Grund- und Mindestgebühr zwar für legal. Sie erkennen aber drei Gründe, warum die Abgabe nicht rechtskonform ist:

Dass die Mindestabnahmegebühr bei Eigentumswohnungen fällig wird, nicht aber bei Mietwohnungen, verstößt gegen den Gleichheitsgrundsatz. Zudem ist die Mindestgebühr kein Anreiz, Wasser zu sparen.

Bei der Höhe der Mindestgebühr argumentiert die Gemeinde mit dem durchschnittlichen Wasserverbrauch in Österreichs Haushalten. Laut Gericht hätte sie aber die Steinbacher Durchschnittswerte heranziehen müssen.

Dass Steinbach (wie die allermeisten Gemeinden) aus Wasser- und Kanalgebühren Gewinn erzielt, ist legitim. Aus den Steinbacher Verordnungsakten geht aber nicht hervor, für welche Zwecke diese Gewinne verwendet werden.

Steinbachs Bürgermeisterin Nicole Eder (ÖVP) ist naturgemäß enttäuscht vom Ausgang des Rechtsstreits. "Aber zumindest haben wir jetzt endlich klare Verhältnisse", sagt sie. "Wir sind mit unserer Gebührenverordnung einen neuen Weg gegangen. Das war ein Pilotprojekt, das andere Gemeinden mit großem Interesse verfolgt haben. Jetzt wird unser Gemeinderat eine neue, rechtskonforme Gebührenverordnung beschließen."

Heute treffen sich die Gemeindeverantwortlichen mit Rechtsberatern, um das weitere Vorgehen zu besprechen. Das Urteil in Wien wirft am Attersee mehrere Fragen auf: Weil im Haushaltsplan für 2024 die Einnahmen der bestehenden (gesetzeswidrigen) Abgabenverordnung bereits vorgesehen sind, muss möglicherweise ein korrigierter Nachtragsanschlag beschlossen werden. Im Gemeindeamt ist auch noch unklar, ob Abgabenzahler Abgaben zurückfordern können, die gesetzeswidrig waren. "Wir würden dann zur Abgangsgemeinde werden", sagt Bürgermeisterin Eder. "Das hätte dramatische Folgen für die ganze Gemeinde."

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Autor
Edmund Brandner
Lokalredakteur Salzkammergut
Edmund Brandner

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