Einigung zwischen Jägern und Grundbesitzern beim neuen Jagdgesetz

OBERÖSTERREICH. Nach 60 Jahren soll mit Beginn des neuen Jagdjahres 2024 ein neues Jagdgesetz gelten. Klare Fütterungsverbote von Rot- und Rehwild, Neuregelungen der Abschussplanerstellung und Vorgehen gegen Wildkriminalität sind darin verankert.
Etwa eineinhalb Jahre voller teils emotionaler Diskussionen und Verhandlungen zwischen Jägerschaft, Grundeigentümer-Vertretung und Abteilung Land- und Forstwirtschaft des Landes Oberösterreich sind zu Ende: Nach fast 60 Jahren Gültigkeit wurde das oberösterreichische Jagdgesetz nun überarbeitet. Nach der Begutachtung soll das Jagdgesetz in der ersten Landtagssitzung im Jahr 2024 beschlossen werden. "Damit gilt das Gesetz jedenfalls noch vor Beginn des neuen Jagdjahres am 1. April", sagt Agrar- und Jagd-Landesrätin Michaela Langer-Weninger (VP).
Bei den Überarbeitungen standen vor allem drei Ziele im Vordergrund der mehr als 20 Verhandlungsrunden: Die Zusammenarbeit zwischen der Landwirtschaftskammer als Vertreterin der Grundeigentümer und der Jägerschaft zu fördern, eine Deregulierung und somit weniger Verwaltungsaufwand sowie ein strenges und hartes Vorgehen gegen Wildtierkriminalität.
Neuregelung beim Abschussplan
Vor allem die Abschussplanverordnung soll im neuen Gesetz überarbeitet werden, um bei Verbissschäden schneller reagieren zu können: Sollte ein Jagdgebiet bei der jährlichen Begutachtung durch Behörde, Jägerschaft und Grundeigentümer eine schlechtere Beurteilung als 1,3 erhalten, so wird der Abschuss für das kommende Jagdjahr erhöht. Zudem werde es künftig mehr Vergleichsflächen in den Revieren geben, die als eingezäunte Flächen deutlich den Verbiss an den sogenannten Weiserflächen anzeigen sollen. Dass es eine klare Regelung beim Abschuss geben muss, um die Verbissprozente in den heimischen Wäldern zu reduzieren, darüber sind sich Jägerschaft und Landwirtschaftskammer einig.

"Da kann man nicht auf Freiwilligkeit pochen, deshalb haben wir uns für die Beurteilung 1,3 als Richtwert entschieden. Grundsätzlich sind davon etwa ein Viertel der Jagdgebiete in Oberösterreich betroffen", sagt Landesjägermeister Herbert Sieghartsleitner. "Wir brauchen einen Wald, in dem sich die Tanne und das typische Laubholz ohne Flächenschutz etablieren können. Das muss das Ziel der Abschussplanverordnung sein", sagt Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Waldenberger als Vertreter für Grundbesitzer.
Änderung bei Rehwild-Fütterung
Für das Rotwild gibt es bereits im derzeit noch gültigen Jagdgesetz ein Verbot der Wildfütterung im Zeitraum von 16. Mai bis 15. Oktober. Genau dieser Zeitraum soll nun auch für Rehwildbestände gelten. Mit der Fütterung darf somit frühestens am 16. Oktober begonnen werden, während der Notzeit sind die Jäger zur Fütterung verpflichtet. Somit werde die Fütterung den unterschiedlichen Lebensräumen vom Dachstein bis ins Mühlviertel gerecht. "Wenn es keine Notzeit gibt, können Grundeigentümer die Errichtung einer Fütterung künftig auch verweigern", sagt Waldenberger. Das Wichtigste sei laut Landesjägermeister Sieghartsleitner, mit den Fütterungen den Wald als Lebensraum zu entlasten. Handelt es sich um revierübergreifende Bestände - was meist beim Rotwild der Fall ist - so müsse man die Fütterung auf die jeweiligen Reviere abstimmen.
Gegen Wildtierkriminalität
Nachdem in den vergangenen Wochen und Monaten vermehrt Fälle von Wildtierkriminalität aufgetreten sind, wird nun ein umfassender Katalog an Strafbestimmungen für das neue Jagdgesetz verfasst. Die Mindeststrafe bei Verletzung der Schonzeit von geschützten Arten liegt bei 2000 Euro, bei schweren Delikten kann das Strafmaß bis zu 20.000 Euro betragen. Zudem wurde eine Mindestentzugsdauer der Jagdkarte auf fünf Jahre festgelegt, die Karte muss sofort nach Zustellung des Entzugsbescheids abgegeben werden.
Sollte Wild in eine geschützte Kulturfläche eingedrungen sein und dort Schäden verursacht haben, ist es möglich, dieses unabhängig von der Schonzeit zu erlegen, um weitere Schäden zu vermeiden. Nachtsichtgeräte bei der Bejagung von Schwarzwild wurde mit 11. März 2020 vom Land Oberösterreich erlaubt und sollte nur bis 31. Dezember 2023 möglich sein. Nun wird diese zeitliche Befristung im neuen Jagdgesetz wegfallen, der Einsatz der Nachtzielhilfen ist auch weiterhin erlaubt.
Weniger Aufwand für Behörden
Zur Stärkung des Grundeigentums soll es für die Jagdgenossenschaften (die Gesamtheit der Grundbesitzer) keinen Verpachtungszwang mehr geben. Sollte bei der Jagdverpachtung kein Übereinkommen erzielt werden, könnte vom Gemeindejagdvorstand ein eigener Jagdverwalter bestellt werden. Landwirtschaftkammer-Präsident Franz Waldenberger gehe jedoch davon aus, "dass das auch in Zukunft eher das Ausnahmefall bleiben wird. Damit kann aber die Verhandlungsposition der Grundeigentümer wesentlich gestärkt werden."

Um auch den Verwaltungsaufwand von Seiten der Bezirksverwaltungsbehörde zu reduzieren, soll ein Musterjagdpachtvertrag erstellt werden. Der Entwurf dafür soll in Zusammenarbeit der Landesregierung, der Landwirtschaftskammer und dem Landesjagdverband ausgearbeitet werden. Eine Vorprüfung durch Bezirksverwaltungsbehörden wäre dadurch nicht mehr erforderlich, "es sei denn, man weicht vom Muster ab. Aber ansonsten kann man hier den Arbeitsaufwand um ca. 95 Prozent reduzieren", sagt Langer-Weninger.
Auch ein Verbot der Jagdausübung im Alter unter 18 Jahren ohne Begleitung soll im neuen Jagdgesetz verankert werden. Bisher war es möglich, dass auch jene Schüler, die im Rahmen ihrer schulischen Ausbildung bereits die Jagdprüfung absolviert haben, mit Ausnahme auf die Jagd gehen konnten.
Herausforderungen durch Klimawandel
Laut Langer-Weninger sei eine Überarbeitung des Gesetzes längst überfällig gewesen. "Regelungen sind veraltet, Verfahren unnötig langwierig, Deregulierungen erforderlich. Eine Generalüberholung im Sinne einer Neuerlassung ist damit unumgänglich." Vor allem die Herausforderungen, die unter anderem der Klimawandel, Schäden durch Borkenkäfer oder Sturmschäden in den Wäldern verursacht haben, hätten ebenfalls dazu beigetragen. "Die heutigen Aufforstungsflächen sind wesentlich sensibler als der 'alte' Baumbestand der 2000er Jahre", sagte die Agrar-Landesrätin.

Insgesamt knapp neun Millionen Euro wurden in den vergangenen zwei Jahren in den Aufbau und die Pflege des Waldes investiert, 2,5 Millionen Jungbäume - darunter Douglasien, Buchen, Eichen, Lärchen, Fichten und Tannen - wurden in Oberösterreich gesetzt. "Denn nicht nur das Wild muss reguliert werden. Es muss Verhaltensregeln im Wald geben, damit Touristengruppen nicht durch Aufforstungsflächen ziehen und dabei Jungbäume niedertrampeln", sagt die Landesrätin und verweist auf die Initiative "in unserer Natur".
Reaktion der Grünen
Wie wichtig und überfällig die Überarbeitung des Jagdgesetzes ist, betonten am Nachmittag auch Oberösterreichs Grüne und kündigten zugleich an, den Entwurf genauestens zu prüfen. Positiv sei auf den ersten Blick zu vermerken, dass explizite Strafen für die Wildtierkriminalität vorgesehen sind, teilte Naturschutzsprecher Rudi Hemetsberger in einer Aussendung mit.
"Ebenso, dass mit der genauen Festlegung von Notzeiten bei der Fütterung eine langjährige Grüne Forderung umgesetzt wird. Leider wird an der begrenzten Fütterungspflicht festgehalten. Das sehen wir ebenso als Versäumnis wie den Umstand, dass kein definitiver Ausstieg aus der Bleimunition festgelegt wurde. Über beides wird noch zu reden sein." Vor allem die Verpflichtung der Wildtierfütterung wäre von Seiten der Grünen dringend nötig, denn diese würde teils exzessiv betrieben, sagte Hemetsberger. "Daher gilt es nicht nur, die Fütterungspflicht komplett einzustellen, sondern auch auf die Jägerschaft bewusstseinsbildend einzuwirken."
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