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Selbstbewusst und genussfreudig

30. September 2020, 00:04 Uhr
OÖN-Kolumnist und Kulturkritiker Christian Schacherreiter Bild: Wolfgang Fischerlehner Photograp

Was zeichnet den "typischen Innviertler" aus? Literaturkritiker Christian Schacherreiter über die Menschen in der Region.

Die einen werden erleichtert sein, die anderen enttäuscht, wenn ich behaupte: Den typischen "Innviertler" gibt es gar nicht. Was es aber schon gibt, sind regionale Gewohnheiten, Redeweisen und Gefühlswelten. Daher tut man gut daran, Dokumente der Alltagsgeschichte und der Kunst, vor allem der Volkskunst, zu studieren, wenn man etwas über den mentalen Charakter einer Region erfahren will.

Daraus und aus Erinnerungen an meine ersten zwanzig Lebensjahre in Pramet und Ried setzt sich mein Innviertler-Bild zusammen: Selbstbewusst und rebellisch sind sie, genussfreudig und humorvoll, bodenständig-traditionell, aber nicht ideologisch borniert, denn dafür haben sie zu viel Realitätssinn. Man merkt schon: Ich mag sie, die Innviertler! Das verklärt vielleicht den Blick.

Ihr Selbstbewusstsein verdanken sie unter anderem der fruchtbaren Landschaft. Dass sich hier ein stolzer Bauernstand entwickeln konnte, können wir schon der mittelalterlichen Verserzählung "Helmbrech" entnehmen. Beim jungen Bauernsohn Helmbrecht kippt das Selbstbewusstsein allerdings in Selbstüberschätzung. Er will ein Ritter werden. Vater Helmbrecht begründet seine Warnungen an den Sohn nicht nur mit der Ständeordnung, sondern auch mit Hinweisen auf das gute Leben auf dem Bauernhof, wo es nie an Gesottenem, Geselchtem und Gebratenem fehlt. Typisch Innviertel!

Helmbrechts rebellischer Charakter setzt sich aber gegen die väterliche Autorität durch. Damit repräsentiert er ein wesentliches Merkmal des Innviertler Selbstbilds, das Rebellentum. Das Frankenburger Würfelspiel erinnert bis heute an den Widerstand gegen die bayrisch-katholische Herrschaft. Das Rebellische hat allerdings nicht nur eine heroische Seite, sondern kann auch unangenehm werden. Dann äußert es sich als Starrsinn, Trotz, Härte oder als Mia-san-mia-Präpotenz. Der Stelzhamer Franzl war nicht nur ein dichtender Vagant, sondern leider auch Antisemit.

Mit der Gratwanderung zwischen Tradition und Modernität können die Innviertler gut umgehen. Sie hängen an ihrer Heimat, und wenn ein Dreigesang recht „ei’wendig“ ein Volkslied über d’Liab anstimmt, wird auch der rauflustigste Rebell sentimental. Die Anhänglichkeit an Althergebrachtes hindert aber die Innviertler nicht, sich den Herausforderungen der Gegenwart zu stellen.

Ohne Offenheit für Neues gäbe es keine Erfolgsgeschichte der Wirtschaftsregion Innviertel. Die Arbeit scheuen die Leute nicht, aber sie feiern auch gerne. Die "Innviertler Roas", ein Volkslied, das die Vorzüge des Innviertels preist, endet mit dem großen Bierdurst der Wanderer und ihrer Einkehr zu einem g’schmackigen Bratl. Work-Life-Balance war im Innviertel schon Lebenspraxis, bevor diese Vokabel schick geworden ist.

Christian Schacherreiter wuchs im Innviertel auf, er ist OÖN-Literaturkritiker und bis heute treuer Fan des Fußball-Bundesligisten SV Ried.

 

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