Kaffee und seine heilsame Wirkung: Experten glauben nicht daran
Schön wär‘s: Kaffee schmeckt gut und hilft laut verschiedenen Studien gegen Diabetes, Depressionen, Krebs, Alzheimer, Gicht oder auch gegen Schlaganfall und Herzerkrankungen. Davon konnte man in den vergangenen Jahren immer wieder lesen.
Davon konnte man in den vergangenen Jahren immer wieder lesen. Eine aktuelle Schweizer Expertise hat zudem eine blutdrucksenkende Wirkung festgestellt. Ist der Kaffee also so etwas wie ein Wundermittel? „Das ist keineswegs gesichert“, sagt der deutsche Ernährungswissenschaftler Uwe Knop „Diese Meldungen basieren auf Beobachtungsstudien, die ausschließlich Vermutungen erlauben, jedoch niemals einen Zusammenhang zwischen Ursache und Wirkung belegen“, sagt Knop: „Daher existiert bislang kein wissenschaftlicher Beweis, dass Kaffee vor irgendeiner Krankheit schützt.“
Nur Hypothesen
Sogenannte Ernährungsbeobachtungsstudien liefern laut Professorin Gabriele Meyer vom „Deutschen Netzwerk für Evidenzbasierte Medizin“ nur Hypothesen, die zwar spannend klingen, aber oft überinterpretiert werden. „Eine Ursache-Wirkung-Abhängigkeit wird dort behauptet, wo ausschließlich Zusammenhänge festgestellt werden dürfen, die ebenso wenig ursächlich sein müssen oder können wie der Zusammenhang zwischen Storchenflug und Geburtenhäufigkeit“, sagt Meyer.
Daher müssen klinische Forschungen diese Hypothesen überprüfen. „Solche Studien laufen derzeit, wir sind gespannt auf die Ergebnisse“, sagt Professor Peter Nawroth, ärztlicher Direktor der Klinik in Heidelberg.
Und bis dahin wisse man weiterhin nicht genau, wogegen Kaffee schützt oder nicht. Professor Gerd Antes, Direktor des Deutschen Cochrane-Zentrums, erklärt, warum die Ernährungsforschung keine Beweise liefern kann. „Die Ernährungswissenschaften sind in einer bemitleidenswerten Lage“, sagt Antes. Die Forscher müssten meist auf Beobachtungsstudien zurückgreifen. „Studien in diesem Bereich sind von vielen unbekannten oder kaum messbaren Einflüssen abhängig.“ So kann am Ende niemand erklären, worauf ein statistischer Zusammenhang wie beispielsweise „Kaffeetrinker haben ein niedrigeres Diabetesrisiko“ basiert.
Ursache unbekannt
Denn ob es am Kaffee liegt oder daran, dass die Studienteilnehmer besser schliefen oder weniger Stress hatten, das weiß niemand – zu viele Lebensstilfaktoren des „komplexen Systems Mensch“ können für diese Ergebnisse verantwortlich sein.
Walter Krämer, Professor für Statistik an der Universität Dortmund, geht mit „Wundermittel-Meldungen“ hart ins Gericht. Für ihn sind die zahlreichen Kaffee-Meldungen aus Beobachtungsstudien „mit großer Wahrscheinlichkeit nur Artefakte einer schlampig ausgewerteten Statistik, die schlagzeilenträchtig unters Volk gebracht werden“.
Wie kann sich der Kaffeeliebhaber nun die Zeit vertreiben, bis wissenschaftliche Studien Hypothesen erhärten oder nicht?
Ernährungswissenschaftler und Kaffeetrinker Uwe Knop sagt: „Genießen Sie den Kaffee, wenn er schmeckt und wohl bekommt – aber glauben Sie besser nicht den zahlreichen Berichten, Sie würden mit mehr als vier Tassen am Tag Ihr Risiko für Diabetes und andere Krankheiten senken.“