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Elisabeth, die schöne Kaiserin

Von Roman Sandgruber, 02. März 2024, 05:30 Uhr
Elisabeth, die schöne Kaiserin
Kaiserin Elisabeth Bild: dpa

Teil 17 der OÖN-Serie "Aufstieg und Untergang der Habsburger": Das Leben hat sie hart gemacht: Für Soziales hatte sie am Ende nichts übrig, für ihre Reisen gab sie hingegen Unsummen aus. Diese Freiheit hat sie sich in einem Ultimatum von ihrem "Männchen", dem Kaiser, ausgehandelt. Vieles in der heutigen Wahrnehmung von Kaiserin Sisi ist gewiss verklärt.

Kaiserin Elisabeth, "Sissi" im breitlippigen Wienerisch der Filmklassiker von Franz Marischka und "Sisi" im nasalen Schönbrunnerisch der vielen Neubearbeitungen, ist der unbestrittene Star der Habsburg-Medien. Mit ihren 172 Zentimetern war sie deutlich größer als ihr Mann, wog nie mehr als 50 Kilo und gilt mit weniger als 50 Zentimetern Taillenumfang und den berühmten langen Haaren als gefeierte Schönheitsikone. Aber eine makellose Schönheit war sie nicht. Ihre Zähne waren schief gewachsen und schlecht. Und ihre Haut war mit dem zunehmenden Alter recht faltig geworden – es gab ja noch keine guten Zahnärzte und kein Botox.

Traumhochzeit mit Kaiser Franz Joseph

Im Jahr 1853 war Kaiser Franz Joseph 23 Jahre alt. Die Dynastie brauchte eine Kaiserin. Man suchte zuerst in Preußen und Sachsen. Doch der Kaiser verliebte sich spontan in seine 15-jährige Cousine Elisabeth aus der wittelsbachischen Nebenlinie Pfalz-Zweibrücken. Im Sinne der bewährten habsburgischen Heiratsstrategien war das keine glänzende Partie: Die Familie war politisch unbedeutend und noch dazu nicht besonders reich. Doch am 24. April 1854 wurde geheiratet. Zuerst herrschten allseits Glück und Zufriedenheit: ein junges Paar, eine strahlend schöne Braut, eine Märchenhochzeit!

Kaiserin Sissi
Am 24. Dezember 1837 ist die spätere Kaiserin von Österreich-Ungarn in München geboren.

Aber das eher ländliche Possenhofen, wo Sisi aufgewachsen war, war eine andere Welt als der Kaiserhof. Hier gab es keine Intimität. Jede Menstruationsblutung und jeder Geschlechtsverkehr wurden registriert. Nicht zu viel Liebesfreuden! Das schadet der Zeugungsfähigkeit! Das Wichtigste war ein Thronfolger!

Rasch hintereinander kamen drei Kinder: 1855 Sophie, 1856 Gisela und 1858 der ersehnte Kronprinz Rudolph. Nach der ungarischen Krönung 1867 folgte mit Marie Valerie 1868 noch eine Nachzüglerin.

Gekränkt wegen Kaiser Franz Josephs Seitensprüngen?

Mit der Geburt des Thronfolgers hatte Sisi aus der Sicht ihres Gatten die dynastischen Familienpflichten erfüllt. Aber der Tod der ältesten Tochter Sophie im Jahr 1857, den sie einer anstrengenden, von der höfischen Umgebung erzwungenen Ungarnreise zur Last legte, hatte sie tief getroffen. Die familiären Fronten verhärteten sich. Es gab viele Gerüchte: Lungenschwäche? Herzkrankheit? Panikattacken? Psychosomatische Erschöpfung? Kaiserliche Untreue? Was die tiefe Ehekrise tatsächlich ausgelöst hatte, ist nicht klärbar. Körperlich war Sisi jedenfalls gesund. War sie zutiefst verstört, weil sie von Gerüchten über Franz Josephs Seitensprünge erfahren hatte?

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Der Anarchist Luigi Lucceni erstach die österreichische Kaiserin Sissi 1898 mit einer Dreikantfeile Bild: APA

Laut Martina Winkelhofer hat Cäsar Conte Corti, der erste relevante Sisi-Biograph, den Satz, dass "Franz Joseph einer anderen Frau zu tief in die Augen gesehen" habe, aus dem 1930 zum Druck gelangten Manuskript wieder herausgestrichen. Aber es ist allzu offensichtlich, dass der Kaiser sich auf geheime Liebschaften eingelassen hatte, die Elisabeth 1860 zuerst zu einer panischen Flucht nach Possenhofen und dann zu einer fast zweijährigen Trennung von ihrem Gatten veranlassten: sechs Monate auf Madeira, hernach auf Korfu und in Venedig, zuletzt in deutschen Bädern.

Auch als Sisi Ende 1862 wieder an den Wiener Hof zurückkehrte, ließ sie keinen Zweifel daran, dass sie an einem Eheleben nicht mehr interessiert war. Franz Josephs Generaladjutant Folliot von Crenneville schrieb in sein Tagebuch: "O die Weiber, die Weiber!!! Mit und ohne Krone haben sie Kaprizen …"

Unumschränkte Vollmachten durch "Ultimatum"

Am 27. August 1865 forderte Sisi von Franz Joseph in einem berühmten "Ultimatum" unumschränkte Vollmachten in allem, was ihre persönlichen Angelegenheiten betraf: sowohl in der Kindererziehung als auch in der Wahl ihrer Aufenthalte und ihrer Umgebung. Winkelhofer bezeichnet das als das schärfste Ultimatum, das je von einer Frau im 19. Jahrhundert formuliert wurde. Dass es Franz Joseph akzeptierte, zeigt die veränderten Machtverhältnisse. Diese kamen auch in den Briefen zum Ausdruck: Franz Joseph ersetzte seinen Vornamen in der Unterschrift durch "Dein Männchen", "Dein Mäniken" oder "Dein Kleiner", was eine deutliche Unterordnung unter die Ehefrau signalisiert.

Ob Sisi das 1875 anfangende und bis 1889 andauernde Verhältnis ihres Mannes mit der 16-jährigen und damals bereits verheirateten Anna Nahowski störte, weiß man nicht. Das weniger erotische Verhältnis mit der bereits gereiften Katharina Schratt hingegen, das Franz Joseph 1886 begonnen hatte, störte sie jedenfalls nicht mehr, sondern wurde von ihr sogar arrangiert.

Sisi gab Unsummen von Geld aus

Anders als der im Privatleben völlig anspruchslose Kaiser gab Sisi das Geld mit offenen Händen aus. Die Kosten explodierten. Ihre erste große Auslandsreise, der sechsmonatige Aufenthalt auf Madeira im Jahr 1860, hatte die horrende Summe von 188.935 Gulden und 8 Kreuzer verschlungen, 3,2 Millionen Euro nach heutigen Werten. Auch wenn sie nur nach Ischl reiste, kostete das mindestens 100.000 Gulden: ein Sonderzug und ein eigener Güterzug mit 40 Tonnen Gepäck, Pferde, Hunde, Separatschiff am Traunsee, Hotelmieten, Dienerschaft, Geschenke …

Der Sommeraufenthalt in Feldafing und Ischl im Jahr 1871 wurde mit 136.956 Gulden und 12 Kreuzern abgerechnet. Im Jahr 1883 zahlte die Hofkasse bereits 172.300 Gulden, im Jahr 1884 180.000 Gulden und 1885 216.000 Gulden. Noch mehr kosteten die Reitreisen, vor allem wenn sie nach Frankreich, England oder Irland führten. Auch die Schiffsfahrten im Mittelmeer und die Türkei-, Nordafrika- und Riviera-Reisen gingen ins Geld.

Katrin Unterreiner hat aufaddiert, dass Elisabeth allein für ihre Reisen insgesamt mindestens 1,7 Millionen Gulden oder umgerechnet 30 Millionen Euro ausgegeben hat. Dazu kamen die Hermesvilla in Lainz, das Achilleion auf Korfu, das Ischler Marmorschlössl und das Schloss Gödöllö in Ungarn, und natürlich die Bediensteten, Gesellschaftsdamen, Friseurinnen, Vorleser, Pferde, Hunde, Kleider und alles, was eine Kaiserin persönlich halt so braucht. Die Hofkasse kam für alle diese Kosten auf.

Die Sisi zustehende Apanage, das sogenannte "Spenadelgeld", das eigentlich für ihre privaten Ausgaben gedacht war und zuerst mit 100.000 Gulden jährlich festgelegt und 1870 verdoppelt worden war, veranlagte sie in Wertpapieren. Auch die zwei Millionen, die sie 1875 aus der Erbschaft von Kaiser Ferdinand erhielt, legte sie auf Sparbücher. Schon 1870 besaß sie ein Wertpapierdepot von 1,2 Millionen Gulden. Bis zu ihrem Tod 1898 wuchs es auf 10 Millionen Gulden oder 175 Millionen Euro. Die beiden Töchter erbten. Aber es gibt in ihrem Testament nicht die sonst üblichen sozialen Verfügungen: keine Spenden für Arme, Kranke und sonstige Bedürftige. Elisabeths Herz war hart geworden. Die sozialen Probleme ihrer Umwelt interessierten sie nicht.

Sportlich und eitel

Sisi war eine ausgezeichnete Reiterin, ausdauernde Wanderin und passable Fechterin und Turnerin. Aber alles steigerte sich zum neurotischen Wahn: ihr Schlankheits- und Schönheitskult, ihre Reiselust, ihre Vorliebe für Schwarz, ihre Besuche in Irrenanstalten, Katakomben und an sonstigen dunklen Orten, ihre spiritistischen Sitzungen, ihre Heine-Verehrung und ihre in Wahrheit dilettantischen dichterischen Ambitionen, ihre "Wolkenkraxeleien", wie der Kaiser es bezeichnete, und nicht zuletzt ihre Todessehnsucht und ihre Selbstmordgedanken.

Franz Joseph dazu: "Dann kommst in die Hölle!" Sisi: "Die Höll’ hat man ja schon auf Erden."

Sisi verweigerte die Rollen, die ihr zugedacht waren: Sie war weder die liebend-ergebene Ehefrau noch die sorgende Mutter und schon gar nicht die politische Repräsentantin an der Seite ihres Mannes. Sie wollte Selbstverwirklichung, und das umso mehr, je älter sie wurde. Sie stilisierte sich wie ihr so sehr verehrtes Dichtervorbild Heinrich Heine als Regimekritikerin und Republikanerin. Sie glaubte nicht mehr an die Monarchie, wusste aber nicht, wie sie ohne diese bestehen und sich profilieren hätte können.

Elisabeth, die schöne Kaiserin
Titelseite vom "Illustrierten Wiener Extrablatt" nach Kaiserin Elisabeths Ermordung Bild: APA

Am 10. September 1898 verließ die Kaiserin in Begleitung ihrer Hofdame Irma Sztáray gegen 13 Uhr 30 das Hotel Beau-Rivage in Genf. Auf der Seepromenade stürzte sich der italienische Anarchist Luigi Lucheni auf sie und stieß ihr eine spitz zugeschliffene Feile ins Herz. Man konnte kaum eine Wunde erkennen. Auch sie selbst dürfte nicht mehr viel mitbekommen haben. Ihre letzten Worte waren: "Was ist denn mit mir geschehen?"

Traumhochzeit statt Traumehe

Zwei Wochen nach der Hochzeit mit Kaiser Franz Joseph am 24. April 1854 schrieb Sisi in einem ihrer Gedichte diesen kleinen, vielsagenden Vers:

Ich bin erwacht in einem Kerker, / und Fesseln sind an meiner Hand. / Und meine Sehnsucht immer stärker, / und Freiheit! Du mir abgewandt.

---

Zwei ihrer Kinder starben vor ihr: Sophie (1857) und Thronfolger Rudolf, der am 28. Jänner 1889 mit Mary Vetsera im Schlafzimmer im Jagdschloss Mayerling tot aufgefunden wurde – es dürfte sich um Mord und Suizid gehandelt haben.

Im selben Jahr wurde dann auch Sisi ermordet – des Kaisers Reaktion: „Mir bleibt auch nichts erspart.“ Die ganze Monarchie trauerte.

Zur Person

Elisabeth: In München geboren (24. Dezember 1837) und in Genf gestorben (10. September 1898) – in Wien lebte sie zeitweise, glücklich wurde sie hier nicht. Kennengelernt und verlobt haben sich der Kaiser und seine Cousine in Bad Ischl.

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Autor
Roman Sandgruber
Roman Sandgruber
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