Kopfhörer: Die Alben der Woche
In der Fülle der Neuerscheinungen auf dem Marktplatz der Populärmusik kann ein wenig Orientierung nicht schaden. Diese Woche haben auf dem virtuellen Plattenteller der OÖN-Musikredaktion diese Alben aufmerksame Ohren ausgelöst: Easy Life, Winona Oak, Selena Gomez und Algiers.
Die „BBC Sound List“ ist eine Empfehlung. Künstler, die sich auf ihr befinden, können sich schon etwas einbilden. Zumindest ist ihnen eines dadurch sicher: Mehr Aufmerksamkeit.
Die Band aus Leicester findet sich auf Platz zwei der BBC-Liste für 2020. Easy Listening trifft HipHop – das wäre der einfache Nenner ihrer Musik, der Easy Life aber nicht ganz gerecht würde, weil er zu eng gefasst ist.
Denn im eigenwillig-chilligen Sound dreht sich das Rad permanent, darf man sich nie sicher fühlen, in diesem oder jenem Moment den musikalischen Ausdruck der Band erfasst zu haben. Samples sind auf „Junk Food“ neben herzergreifenden Melodien („Earth“) genauso zu finden wie der ausgedehnte Wille zum Erzählen. „Nice Guys“ schleicht sich da zum Beispiel so langsam und beharrlich ins Gedächtnis, dass man sich nicht mehr so schnell davon lösen kann. Ähnliches gilt für das lässig-swingende „Dead Celebrities“.
Fazit: Diese Band lohnt die Entdeckungsreise.
Es tut immer weh, nicht geliebt zu werden. Die Schwedin macht aus diesem Gefühl ein Lied, das zwischen Melancholie und Erkenntnis pendelt. Was nicht sein soll, ist vielleicht gut, wenn es auch nicht so gut ist. „He Don’t Love Me“ ist der gelungene Auftakt zur Debüt-EP von Winona Oak. Was in den weiteren fünf Songs folgt, ist der Versuch des Austestens.
Was steht mir besser, scheint sich Oak zu fragen? Der auf die Hitparade schielende Schönwetter-Pop („Break My Broken Heart“) oder doch das coole elektronische Spiel mit Beats („Control“)? Die Ballade, die sich dann nicht traut, durchgehend leise zu sein („Lonely Hearts Club“) oder doch das temporeiche „Let Me Know“? Am Ende schließt sich mit „Another Story“, einer luftig-leichten Popnummer mit Ohrwurm-Refrain der Kreis.
Am Anfang und am Ende spielt Oak nicht nur mit „ihrer“ Musik, sondern auch mit ihrer Stimme, die in mehr als nur einer Tonart zu Hause ist. Man darf gespannt sein, was da noch kommt.
Der Titelsong am Beginn ist ein Versprechen. Ein Pop-Song, der sich zwar bekannter funktionierender Mechanismen bedient, dabei aber nicht vordergründig auf Hit gepolt ist, wie wohl er für die Charts dieser Welt viel Potenzial hat.
Danach zeigt der Ex-Teenie-Star große musikalische Bandbreite. Dance-Pop, große Balladen („Lose You To Love Me“) und coole Ohrwürmer wie „Ring“, aber auch etwas luftleerer US-R&B-Soul-Pop machen „Rare“ nicht zum ungeteilten Vergnügen. Gomez hat Talent, sollte sich aber auf der Suche nach dem perfekten Song nicht verlieren. Das mit brüchiger Stimme auf Trend gesungene „Crowded Room“ hat bei weitem nicht den Stil von „Rare“.
Ein neues Level erreichen - das war das Ziel der Band aus Atlanta. Schon nach zwei, drei Songs ihres neuen Albums kann man sagen: Ziel erreicht.
Schon die Wucht des Titelsongs zum Auftakt zeigt, dass Algiers nicht auf dem Stand treten, sondern ihr Klangspektrum erweitern wollten. Da darf man durchaus merken, dass sie unter anderem als Support von Depeche Mode unterwegs waren. Auch bei ihnen mischen sich Elektronik-Beats mit den „echten Instrumenten“ einer Rockband zu einem Gemisch, dem man sich kaum entziehen kann
Zweifelsohne sind Algiers ein wenig gehörtauglicher geworden, an der Dringlichkeit ihrer Botschaften hat das nichts geändert. In den lauten wie leisen Tönen schwingt das Gefühl mit, dass es in diesen Zeiten der politischen Umbrüche und Verirrungen mehr denn je auch Stimmen braucht, die sich erheben und Stellung beziehen. Wer Geschichte vergisst, darf sich nicht wundern, wenn sich plötzlich eine Stimmung einstellt, die man im Heute nicht mehr für möglich gehalten hätte. Auch darüber reden, singen und spielen Algiers.
Und wenn am Ende „Void“ erklärt, dann ist da auch wieder diese raue Kompromisslosigkeit, die man von Algiers kennt.
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