Kopfhörer #109: Hang zum Weltmusiker
Manu Delago spielt Hang und damit Musik, wie sie eine Weltreise hörbar macht.
Die Musik von Manu Delago gehorchte nie einem strengen Gesetz. Wenn etwas Gesetzmäßigkeiten hatte, dann der Umstand, dass der Tiroler Hang-Spieler seinen Kompositionen nie stilistische Ketten angelegt hat. Das ließ ihn immer schon Grenzen überschreiten. Sein neues Album „Snow From Yesterday“ ist künstlerisches Grenzgängertum in Reinkultur. Heute, 29. Februar, ist der gefragte Musiker im Linzer Posthof zu Gast.
Nie das Erwartete erwarten. Wer so denkt, lässt sich als Hörer leicht durch „Snow From Yesterday“ lenken, auch wenn die Musik des Tirolers stets den Anspruch für sich hatte, nicht einfach zu konsumierende Gebrauchsmusik sein zu wollen. Und doch ist von Anfang an etwas da, was man bisher nicht kannte. Stimmen, konkret drei an der Zahl, die dem mitunter magisch anmutenden Hang-Spiel von Manu Delago eine ganz große Tiefe verleihen können.
Mad About Lemons heißt das Vokalensemble, das es seit vier Jahren gibt. Die Tirolerinnen Heidi Erler, Mimi Schmid und Anna Widauer haben eine Ästhetik in ihren Stimmen, die wunderbar zu den Klangwelten ihres grammy-prämierten Landsmannes passt.
Faszinierender Auftakt
„Modern People“ ist der passende Auftakt in das elf Songs starke Album. Es zieht musikalisch in den Bann, verfügt über diese Faszination, die man nicht erklären, der man sich aber auch nicht entziehen kann. Inhaltlich geht es um die Frage, welche Bedeutung die Technologie von heute in einer Zeitspanne von 100 Jahren haben wird. Eine Frage, der man sich angesichts der vielen Krisen in unserer aktuellen Welt durchaus stellen kann.
Bis zur erzählenden Güte des finalen Titeltracks, in dem sich der Kreis einer besonderen Klangreise schließt, versteht es, Manu Delago, den Zauber von Musik und Worten auf seine unnachahmliche Art zu zelebrieren. Und nicht immer braucht es Worte, um zu verstehen.
„Little Heritage“ ist eines dieser wunderschönen Instrumentalstücke, bei denen sich eigene Geschichten im Kopf zu drehen beginnen. Das Baby, das hier zwischendurch seine Stimme erhebt, steht auch für den Wandel der Zeit, in dem sich Sichtweisen auf diese Welt, auf unser Leben so massiv verändern können, ohne dass man gleich merkt, wie sehr sie einen in eine andere Denkrichtung lenken.
Innehalten, Nachdenken, Genießen, auf einer Welle der Emotion surfen, bei geschlossenen Augen all den Wahnsinn etwas vergessen, der derzeit über uns alle herein schwappt – wenn Musik eine solche Wirkung hat, dann kann sie nicht verkehrt sein. Ist sie auch nicht. Manu Delago weiß eben, warum er keinem Gesetz, sondern nur sich selbst und seinem musikalischen Anspruch folgt.
Manu Delago: „Snow From Yesterday“ (One Little Independent Records)