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Der Sprung ins kalte Wasser

Von Karin Schütze, 13. Dezember 2019, 00:04 Uhr
Der Sprung ins kalte Wasser
Bild: Theresa Pewal

Eine junge Frau steht derzeit in Mozarts "Die Entführung aus dem Serail" im Musiktheater am Pult des Bruckner Orchesters: Katharina Müllner (27). Über ihre erste musikalische Leitung in Linz und ihren Werdegang hat die Wienerin mit den OÖNachrichten gesprochen.

Unmittelbar nach ihrem Studium wurde die 27-Jährige am Linzer Landestheater engagiert. Von ihrem Sprung ins kalte Wasser und ob es für sie ein Thema ist, als Frau am Pult zu stehen, erzählt sie frisch sprudelnd im Gespräch.

Wie groß war der Stein, der Ihnen nach der gelungenen Premiere vom Herzen gefallen ist?

Katharina Müllner: Dadurch, dass man so in den Proben drinnen ist, denkt man gar nicht mehr so drüber nach. Diese Zeit ist so schnell, wie im Flug vergangen, und schon war die Premiere da. Natürlich war es eine große Erleichterung, dass es gut gegangen ist.

War die erste Probe sogar die größere Herausforderung?

Eigentlich schon. Bei der Premiere sollte alles schon laufen.

Sie sind Korrepetitorin mit Dirigierverpflichtung. Was genau bedeutet das?

Ich studiere mit den Sängern die Partien ein und spiele in den szenischen Proben Klavier, manchmal auch im Orchester. Dirigierverpflichtung heißt grundsätzlich, dass ich in den szenischen Proben dirigieren muss, wenn ein Kapellmeister oder Gastdirigent nicht da ist. Bei allen Werken, die wir haben. Das muss man vorüben. Am Anfang ist es natürlich blöd, weil man kein Repertoire hat.

Sie haben schon 34 Opern auf Lager …

Das geht so schnell. Wenn man hier ein Jahr arbeitet, ist das wie fünf Jahre studieren.

Wie sind Sie zur Musik gekommen?

Das hat sich in der Schule entwickelt. Klavier habe ich immer gespielt. Geige habe ich dann im Gymnasium gelernt. Dann habe ich Saxofon gelernt und Gitarre, eigentlich nur, damit ich in der Schule in unserem Orchester mitspielen habe können. Ich hab auch Dudelsack gespielt (lacht). Die Breite war mir immer wichtiger, als ein Instrument exzellent zu spielen.

Kommen Sie aus einer musikalischen Familie?

Nein, aber es war ein Klavier da. Meine Brüder wollten nicht, also habe ich gelernt.

Was war die Initialzündung für das Dirigieren?

Das hat durch meinen Musiklehrer angefangen. Ich habe mit dem Chor ganz einfache Stimmproben einstudieren können. Das ist dann immer mehr geworden, ich habe mit dem kleinen Orchester gearbeitet. Dann habe ich Musikerziehung studiert.

Sie schreiben in Ihrem Lebenslauf, Sie durften in der Schule erleben, was Musik für eine Gemeinschaft bewirken kann. Was kann sie bewirken?

Wir waren kein Musikgymnasium. In den Chorprojekten waren alle von der ersten bis zur achten Klasse involviert. Das waren so schöne Erlebnisse. Wir haben immer am Ende vom Schuljahr Musicalaufführungen gehabt. Das war das Highlight. Da haben wir dann gewusst, wohin mit der Energie.

Ihr Zugang war die Freude ohne Drill?

Genau. Ich glaube, das war das Angenehme. Ich habe keine Musiker in der Familie. Es hat schon gereicht, dass ich Musikerziehung studiert habe, das war schon genug brotlose Kunst (lacht). Es war immer ein lustvoller Zugang zur Musik. Mit Gruppen Musik zu machen, hat mir immer am meisten Spaß gemacht.

Was ist für Sie persönlich das Schöne am Pult?

Diese schöne Musik und dass man als kleines Rädchen dieses Gesamtprodukt zusammenhält. Wenn alles so zusammenfließt, dass man gar nicht so notwendig ist. Dass es funktioniert und man teil diese Prozesses ist. Die Verbindung zu schaffen zwischen den Sängern und dem Graben, das ist das Schöne.

Werden Sie oft gefragt, wie es Ihnen als Frau in einer Männerdomäne geht?

Ja.

Ist das überhaupt noch ein Thema für Sie?

Für mich ist es absolut kein Thema. Ich sag nicht, dass es vor 30 Jahren nicht anders war. Dass es für meine Generation kein Thema mehr ist, ist schön. In der Außenwahrnehmung ist es schon noch etwas Außergewöhnliches – aber das ist es ja nicht!

Ein Musikstudent hat sein Instrument. Wie übt eine Dirigierstudentin?

Mit Klavier, wir haben meistens zu viert an zwei Klavieren die Literatur gespielt, die wir uns erarbeitet haben. Ich sage nicht, dass das eine gute Lösung ist. Mein Glück war, dass ich viel mit Chören und Amateurorchestern gearbeitet habe. Spannend bleibt es immer, weil man ja nicht antizipieren kann, wie es klingen wird – immer anders. Man muss einfach sehr spontan reagieren, sich sehr gut vorbereiten und sehr genau wissen, was man haben will. Mit der Zeit wird man schneller darin, zu zeigen, was man hören möchte. Das ist dieser ständige Lernprozess, der Jahre und Jahrzehnte dauert. Das ist nie aus.

Die Spontaneität braucht auch ein Korrepetitor beim Vom-Blatt-Spielen …

Genau. Vor allem beim Vorsingen, das ist immer unangenehm. Manchmal weiß man, was gesungen wird, manchmal nicht. Da muss man durch.

Wie war es für Sie, als Sie unmittelbar nach dem Studium in Linz engagiert worden sind?

Es gab eine Ausschreibung, und ich hab mich beworben. Obwohl ich mich fast gar nicht getraut hab’, das wegzuschicken. Ich hab’ mir gedacht: Die wollen sicher nicht so einen Anfänger. Am Abend hat man gleich erfahren, ob man genommen wird. Es war eine große Erleichterung. Dieser Schritt zwischen Uni und Professionalität ist der Knackpunkt, den man erst einmal bewältigen muss. Man wird im Studium auf gewisse Dinge vorbereitet, aber nicht auf einen Theaterbetrieb. Es gibt eine große Kluft zwischen Studium und Beruf.

Sollte die Uni mehr tun, um Studierenden diesen Anschluss zu erleichtern?

Ich denke schon. Wobei ich sehr eigenständig bin, ich hab’ mir das alles selbst organisiert. Vor allem als Dirigent ist es schwierig: Man soll der Chef sein und ist grad vom Studium gekommen. Das Tolle an dem Weg, an einem Opernhaus als Korrepetitor zu beginnen ist, dass man da einfach mitlernt, andere Kapellmeister sieht. Man ist im Betrieb drinnen und kann trotzdem noch lernen.

Wie war es für Sie, auf dem Boden der Realität zu landen?

Ich hab gar nicht so viel Zeit zum Denken gehabt. Es ist so viel neu, allein den Probenplan zu lesen. Da muss man sich erst reinfinden, aber es muss schnell gehen. Mein Glück ist, dass mich alle hier ganz nett aufgenommen und unterstützt haben. Ich hätte auch gar nicht gewollt, dass jemand Nachsicht mit mir hat. Ich wollte ein Teil vom Team sein und meine Leistung bringen.

Am 7. März geht es gleich weiter, Sie leiten Cimarosas "Eine heimliche Ehe"…

Mit den Sängern aus dem Opernstudio (eine Kooperation von Landestheater und Bruckneruni, Anm.) haben wir schon geprobt. Ich freu’ mich drauf, auch auf das Orchester der Bruckneruni. Das wird sicher eine schöne Sache.

Haben Sie ein Faible für eine bestimmte Epoche?

Wiener Klassik ist auf jeden Fall ein Herzstück. Wagner und Richard Strauss gefallen mir auch sehr gut. Da kann man hier auch viel dazulernen. Diese Ecke, Mahler und so, das ist schon großes Repertoire.

Wie war für Sie der Wechsel von Wien nach Linz?

Die Städte kann man nicht vergleichen. Aber Linz ist so eine nette kleine Stadt. Man hat alles in Gehweite. Ich mag den Hauptplatz, wobei ich da gleich eine politische Botschaft anbringen muss (lacht): Wenn der Hauptplatz autofrei wäre, wär’s noch schöner.

Wie bekommen Sie den Kopf frei?

Ich mache öfter Sport, vor allem Laufen. Und ich gehe gern spazieren, ich mag einfach dieses Gehen – die Atmosphäre aufnehmen, Dinge anschauen oder auch mal ins Museum gehen.

Leben:   Katharina Müllner (27) studierte Dirigieren, Musikererziehung, Psychologie und Philosophie in ihrer Heimatstadt Wien. Als Studentin debütierte sie 2016 am TAG Theater Wien mit Millöckers „Gasparone“. Seit 2017/18 ist sie am Landestheater Linz engagiert, wo sie derzeit Mozarts Singspiel „Die Entführung aus dem Serail“ leitet.
 
In Linz: Mozarts Singspiel „Die Entführung aus dem Serail“ ist bis 31. 5. 2020 am Musiktheater zu erleben, nächste Termine: 21., 26. 12.:, 15., 30. 1., je 19.30 Uhr, 2. 2., 17 Uhr. Auch Cimarosas „Eine heimliche Ehe“ (Premiere: 7. 3. ‘20) wird Katharina Müllner musikalisch leiten. Karten: 0732/7611 400, www.landestheater-linz.at
 

 

 

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