Ein "Schmalztenor" war Tauber nur, wenn er wollte
Ein Abend über Richard Tauber im Linzer Nordico.
"Das mit den Büstenhaltern kam erst bei den Rolling Stones", sagt Tauber-Biografin Evelyn Steinthaler. Zu Füßen lag die Frauenwelt dem 1891 im Linzer Hotel "Zum Schwarzen Bären" geborenen Tenor von Weltruhm allemal.
Beachtlich war auch jene Schar Fans, die am Donnerstag ins Linzer Stadtmuseum Nordico pilgerte, um sich auf die Spuren des Sängers zu begeben. Geschöpft hat Steinthaler ihr detailreiches Wissen aus Taubers Nachlass, den Linz 1987 in London ersteigerte. 8000 Exponate befinden sich in Besitz des Nordico, wo derzeit eine Vitrine anlässlich der Ausstellung "100 % Linz. Kaleidoskop einer Stadt" Monokel, Taktstock und mehr von Richard Tauber zeigt. "Dein ist mein ganzes Herz", der Titel des Abends, war, wie viele Tonbeispiele, aus dem Mund des Sängers zu hören – dank nostalgisch knackender Schellack-Platten samt Grammophon. Tauber, ein Schmalztenor? "Nur, wenn er wollte", sagte Steinthaler über den großen Mozart- und Schubert-Interpreten. Dem Vorwurf seiner politischen Blindheit entkommt Tauber hingegen nur schwer. "Das Bravsein", wie vom kleinen "Richardl" am Theater eingefordert, "begleitete ihn ein Leben lang" und mag mit ein Grund gewesen sein.
Längst bediente sich die NS-Propaganda des Sängers mit jüdischen Wurzeln. Dennoch: "Unmöglich" schien Tauber bis zuletzt Hitlers Einmarsch in Österreich. Fern der Heimat, in London, erlag der Tenor 1948 einer Lungenkrebserkrankung. Seine Stimme bleibt unsterblich – dank vieler Mutiger, die seine in der NS-Zeit verbotenen Platten bis heute bewahrt haben. (kasch)
Buchtipp: E. Steinthaler: Morgen muss ich fort von hier. Richard Tauber – Emigration eines Weltstars. Milena, 2011, 72 S., 23 €
Die Pharisäer haben die Mikrophone danach in der Hand.
"Seht her, dass ich nicht so bin wie der da"