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Die große Sehnsucht nach der Stille

Von Roswitha Fitzinger, 22. April 2011, 00:04 Uhr
Die große Sehnsucht nach der Stille
Schwester Huberta Rohrmoser begleitet seit 15 Jahren Menschen, die sich entschließen, in die Stille zu gehen. Bild: Weihbold

Einerseits sehnen wir uns nach ihr, andererseits scheuen wir sie oder halten sie nicht aus: die Stille. Warum das so ist und was sie uns bringen kann, das erklärt Schwester Huberta Rohrmoser, eine Expertin in Sachen Stille.

Für Schwester Huberta ist die Stille eine ständige Wegbegleiterin. Ihre tägliche Zeit des Schweigens, der Meditation beträgt eine Stunde. Für sie ein unbedingtes Muss oder, in ihren Worten ausgedrückt: „Da fährt der Zug drüber.“ Aber nicht nur in ihrer Funktion als Ordensfrau mit den täglichen Zeiten des Schweigens spielt die Stille eine große Rolle, die 64-Jährige leitet achtmal jährlich so genannte kontemplative Exerzitien. Zehn Tage wird dann in Begleitung geschwiegen. Schwester Huberta selbst hat sich bereits zweimal 30 Tage lang in die Stille zurückgezogen. Für sie persönlich „ein Luxus“, eine Erfahrung, die man jedoch nicht ohne Begleitung machen sollte, rät die Expertin.

Die zwei Seiten der Stille

Das Wort „Stille“ hat für die Ordensschwester eine zweifache Bedeutung. Zum einen bestehe eine Naheverhältnis zum Wort Stillen. Beim Stillen werde ein Kind ganz ruhig, empfinde Geborgenheit, so Sr. Huberta: „In der Stille kann man Halt und Geborgenheit in sich finden.“ Doch es gibt auch die andere Seite, die unangenehme. „Die Stille konfrontiert uns mit unseren Grenzen, mit dem, was mir nicht passt, was ich nicht mag an mir, und sie ist deshalb beinhart.“ Oder anders ausgedrückt: Die äußere Stille mache einem den inneren Lärm bewusst. „Deshalb ist sie für viele auch etwas Bedrohliches.“ Viele würden sich genau deshalb auch ablenken, weil man die Stille eben nicht gut aushalte. „Vieles im Leben ist ungeordnet, von dem ich weiß, ich müsste es ändern. Wenn ich in die Stille komme, kommen Ängste hoch, alte Erinnerungen, Kindheitserfahrung. All das ist anstrengend.“

Stille braucht Begleitung

Eine Erfahrung, die Begleitung bedarf. In den Kursen von Huberta Rohrmoser erfolgt dies in Form eines Gesprächs. „Das können fünf Minuten sein oder eine Stunde.“ Es gehe weniger um Ratschläge als vielmehr darum, das Durcheinander zu ordnen.

Man sollte sich nicht alleine längeren Zeiten der Stille aussetzen, rät die 63-Jährige außerdem. Das könne auch gefährlich sein. „Es kann zu Depressionen kommen, man kann in ein schwarzes Loch fallen oder so unruhig werden, dass ich das Gefühl habe: ich muss hier weg.“

Nichtsdestotrotz: Die Sehnsucht nach Stille ist groß. Diese Erfahrung macht Huberta Rohrmoser immer wieder. Ihre Kurse sind ausgebucht, viele stehen auf der Warteliste. Wer sucht sie nun, die Stille? Laut der Ordensschwester sind es Menschen aller Altersstufen. Meist sind die Teilnehmer weiblich und zwischen 35 und 55 Jahre alt. Vom Banker bis zur Bäuerin, von Ärzten bis zu Lehrern suchen zunehmend die Stille.

Wege zur Stille

Seit 15 Jahren leitet die 64-Jährige Kurse in christlicher Meditation und kontemplative Exerzitien. Während bei Ersterem versucht wird, etwa mittels Musik, und Texten zur Stille zu finden, fallen bei der Kontemplation diese Impulse weg. „Es geht um die reine Wahrnehmung. Meine hellwache Aufmerksamkeit wird auf mein Inneres gelenkt.“ Das Horchen nach innen werde geübt. „Bei der Kontemplation wird nichts bewertet. Alles darf so sein, wie es ist.“ Das sei entlastend. Absichtslos in der Gegenwart zu verweilen, das sei Erholung pur. Dadurch könne man lernen, ganz bei einer Sache zu bleiben. „Was uns Stress macht, ist, wenn wir fünf Sachen gleichzeitig im Kopf haben.“

Und was bringt sie uns nun, die Stille? „Die große Frucht der Stille ist Selbsterkenntnis und damit letztendlich auch immer Gotteserkenntnis“, sagt Schwester Huberta.

Steckbrief: H. Rohrmoser

Schwester Huberta Rohrmoser wurde 1947 in Großarl geboren. Mit 20 Jahren tritt sie in den Orden der Marienschwestern vom Karmel ein. Sr. Huberta ist Diplompädagogin, absolviert das Lehramt in Deutsch, Englisch, Religion und Geschichte und unterrichtet in den Fachschulen der Marienschwestern in Erla. Sie ist ÖVS-Supervisorin und besitzt eine Ausbildung in Exerzitien-Begleitung, in Meditation und Kontemplation.

Täglich Zeiten der Stille einbauen

• Fünf Minuten in der Früh oder am Abend in das Licht einer Kerze schauen

• Autofahren ohne Radio

• Kleine Rituale helfen, die Arbeit am Abend hinter sich zu lassen und den Kopf frei zu bekommen: wie etwa eine Dusche, ein Bad oder die Heimfahrt vom Büro, die nicht nur geographische Distanz zur Arbeit schafft. Auch das bewusste Schließen der Wohnungstür kann helfen, Beruf und damit Stress hinter sich zu lassen.

• Ganz bewusst bei einer Sache bleiben. Egal ob man den Abwasch erledigt, einen Spaziergang unternimmt oder sich mit einem Menschen unterhält. Zeit und Aufmerksamkeit, so Schwester Huberta, seien das Wichtigste, das man einem Menschen schenken könne. Jemandem bewusst zuhören sei Wertschätzung. „Nichts ist unangenehmer als ich sage etwas und der andere ist geistig nicht anwesend.“

• Schweigend und alleine essen sowie die Mahlzeit mit allen Sinnen wahrnehmen. „ Wenn ich mir diese Zeit nehme, dann ist das Erholung pur.“ Auch das Essen in irgendeiner Weise zu segnen, sei ein Zeichen der Dankbarkeit.

• Befindet sich auf dem Heimweg ein Gotteshaus, sich in eine leere Kirche setzen und die Stille dort wahrnehmen.

Lese-Tipp

Klaus-Günter Pache, Elke Werner
Stille – Dem begegnen, der alle Sehnsucht stillt
SCM-Verlag GmbH & Co KG, 210 Seiten, 15,40 Euro

Dieses 40-Tage-Andachtsbuch ermutigt dazu, still vor Gott zu werden und ihm in Augenblicken der Ruhe zu begegnen. Jede Woche steht dabei unter einem anderen Thema: Was passiert, wenn man Gott in der Stille begegnet? Was ist, wenn Gott nicht spricht? Viele praktische Übungen am Ende jeder Einheit helfen dabei, das Gelesene umzusetzen.

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