"Putin nutzt den Hunger als Instrument der Macht"
DAVOS/KIEW. Von der Leyen: Russlands Vorgehen erinnere an die Sowjetzeit.
"Es ist beschämend." Mit diesen Worten kritisierte EU-Kommissionspräsident Ursula von der Leyen beim Weltwirtschaftsforum in Davos das Vorgehen Russlands in der Ukraine mit Blick auf die Blockade von Getreidelieferungen. Russland bombardiere bewusst Getreidesilos in der Ukraine und blockiere Häfen wie Odessa, damit das Getreide dort nicht exportiert werden könne.
"In der von Russland besetzten Ukraine konfisziert die Armee des Kremls die Getreidebestände und Maschinen", sagte von der Leyen am Dienstag. "Das erinnert einige an eine dunkle Vergangenheit – die Zeiten der sowjetischen Beschlagnahme der Ernten und der verheerenden Hungersnot der 1930er Jahre." Zugleich halte Russland eigene Getreide-Exporte zurück, um aus explodierenden Preisen Kapital zu schlagen.
Wladimir Putin nutze "den Hunger als Instrument der Macht". Es müsse jetzt alles getan werden, das Getreide aus der Ukraine zu bekommen, um damit die Ärmsten der Armen versorgen zu können, sagte die Kommissionspräsidentin in der Schweiz. Am stärksten von den steigenden Weizenpreisen betroffen seien schwache Länder und gefährdete Bevölkerungsgruppen. So seien etwa die Brotpreise im Libanon um 70 Prozent gestiegen. "Die Zeichen einer wachsenden Ernährungskrise sind deutlich sichtbar."
Die Antwort müsse europäisch und global ausfallen, sagte von der Leyen. So arbeite Europa daran, das blockierte Getreide der Ukraine auf den Markt zu bringen. Zudem werde die eigene Produktion gesteigert. Und Afrika werde dabei unterstützt, die Import-Abhängigkeit zu reduzieren.
Stoltenberg: "Wir wollen Frieden"
Für den Wiederaufbau der Ukraine sollten nach Ansicht von der Leyens auch beschlagnahmte russische Gelder genutzt werden. "Wir sollten dafür jeden Stein umdrehen – wenn möglich auch russische Vermögenswerte, die wir eingefroren haben."
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg unterstrich unterdessen in Davos den Willen und die Fähigkeit der Allianz, einer Aggression Russlands entgegenzutreten. "Wir können jede Aggression sofort beantworten." Zugleich betonte er aber: "Wir möchten keinen Konflikt provozieren, wir wollen Frieden." Putin habe weniger NATO an seinen Grenzen gewollt und dafür einen Krieg provoziert. "Jetzt bekommt er mehr NATO an seinen Grenzen."
Die russischen Streitkräfte versuchen nach ukrainischen Angaben unterdessen, mit heftigen Bombardierungen Schlüsselpositionen im Osten zu erobern. Die Rede ist von einer Einkreisung der Städte Sewerodonezk und Lyssytschansk. Heftige Kämpfe tobten um Bachmut (Region Donezk).
Die Lage im Donbass sei "extrem schwierig", da die Russen versuchten, "alles Lebende zu eliminieren", sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj. Der Fall von Bachmut würde den russischen Truppen die Kontrolle über einen entscheidenden Knotenpunkt verschaffen, der derzeit als Kommandozentrale für einen Großteil der ukrainischen Kriegsanstrengungen im Osten dient.
"Erbarmungslose Schlacht"
Ukraines Außenminister Dmytro Kuleba forderte daher gestern erneut schnellere Militärhilfen des Westens. "Es ist zu früh, um zu dem Schluss zu kommen, dass die Ukraine bereits über alle Waffen verfügt, die sie benötigt", twitterte Kuleba. "Die Donbass-Offensive ist eine erbarmungslose Schlacht, die größte auf europäischem Boden seit dem Zweiten Weltkrieg."
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