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Gorbatschow warnt vor neuen Mauern und sieht eine "kolossale Gefahr"

05. November 2019, 00:04 Uhr
Michail Gorbatschow
Michail Gorbatschow (88) meidet aufgrund seiner gesundheitlichen Probleme öffentliche Auftritte. Bild: Reuters

BERLIN/MOSKAU. Der letzte Sowjetpräsident analysiert die Weltpolitik nach der Wende in Osteuropa.

30 Jahre nach der friedlichen Revolution in der DDR warnt der frühere sowjetische Staats- und Parteichef Michail Gorbatschow vor neuen Mauern zwischen Ost und West.

"Jede Mauer ist ein Versuch, sich von den realen Problemen abzuschotten, anstatt sie zu lösen", erklärte der 88-Jährige in einem Interview. Einmal mehr schilderte er seine Erinnerungen an den Mauerfall: "Es durfte kein Blutvergießen geben. Wir konnten das nicht zulassen bei einem so bedeutenden Ereignis für Deutschland, für uns, für Europa und für die ganze Welt." Also habe die Sowjetunion beschlossen, nicht zu intervenieren.

Hart ging Gorbatschow mit US-Präsident Donald Trump ins Gericht: Die Entscheidung der USA, den Abrüstungsvertrag INF über nukleare Mittelstreckenraketen aufzukündigen, sei "nicht die Arbeit eines großen Geistes" gewesen, sagte der Friedensnobelpreisträger.

"Mangelnder Dialog"

Er sei besorgt über den Zustand der Beziehungen zwischen den USA und Russland und vor allem über den mangelnden Dialog in der Rüstungskontrolle, sagte Gorbatschow, der aufgrund gesundheitlicher Probleme öffentliche Auftritte meidet. "Solange es Massenvernichtungswaffen gibt, vor allem Atomwaffen, ist die Welt in kolossaler Gefahr", sagte er. Daher sei es nötig, dass alle Staaten sich dazu verpflichten, ihre Atomwaffen zu zerstören. "Um uns zu retten und die Welt", so Gorbatschow.

Der ehemalige Sowjetpräsident und Generalsekretär der Kommunistischen Partei hatte 1987 gemeinsam mit dem damaligen US-Präsidenten Reagan das Abkommen für nukleare Abrüstung im Mittelstreckenbereich unterschrieben und damit geholfen, den Kalten Krieg zu beenden. Der INF-Vertrag verbot landgestützte Raketen und Marschflugkörper mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometer, die Atomsprengköpfe tragen können. Auf die Frage, wie er die aktuelle Situation bezeichnen würde, sagte Gorbatschow. Es sei kühl, aber immer noch Krieg. "An verschiedenen Orten der Welt gibt es Gefechte, es gibt Schießereien, Schiffe und Flugzeuge werden überallhin entsandt. Das ist keine Situation, die wir wollen."

Zum Abschluss seines Interviews mit der BBC wurde Gorbatschow gefragt, welchen Ratschlag er in der verfahrenen Brexit-Situation geben würde. Seine Antwort fiel diplomatisch aus: "Ihr werdet das allein lösen. Briten sind sehr clever."

Nach seinem Rückzug als Politiker verbrachte Gorbatschow viel Zeit auch in Deutschland. Seit dem Tod seiner Frau Raissa 1999 lebt er unweit seiner Tochter in der Nähe von Moskau.

Gedenkwoche in Berlin

Zum 30. Jahrestag des Mauerfalls startete in Berlin eine Festwoche mit mehr als 200 Veranstaltungen. Eröffnet wurden die Feierlichkeiten gestern Abend auf dem Berliner Alexanderplatz – dort hatten am 4. November 1989 Hunderttausende für Meinungsfreiheit und Demokratie demonstriert.

Der Höhepunkt der Gedenkwoche soll am Abend des 9. November eine große Bühnenshow mit einer Rede von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Brandenburger Tor sein.

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4  Kommentare
4  Kommentare
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strasi (4.410 Kommentare)
am 05.11.2019 20:59

Hätte es nicht Gorbatschow gegeben, wer weis?
Vielleicht bestünde der Eiserne Vorhang noch immer.
Ja und die Großmächte USA-Sowjetunion standen sich
damals "rotes Telefon" sicher nicht so kriegerisch gegenüber
wie in der heutigen Zeit, zu der vor allem die ehemaligen
Ostblocksateliten, wie Polen, Ukraine, Tschechen usw. beitragen.

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123_einmal_eins (400 Kommentare)
am 05.11.2019 12:36

die sollten mal lieber versuchen anstatt der Atomraketen die Atomreaktoren zu verschrotten, denn die stellen eine wesentlich größere Gefahr für die Menschen auf der Nordhalbkugel dar.

Eine größere Katastrophe, Umwelt oder sonst was, und DAS WAR ES MIT UNS!

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essbesteck (6.034 Kommentare)
am 05.11.2019 08:44

„Europa hat eine doppelte Vergangenheit: Der Westen hat nur einen Teil der Totalitarismen des 20. Jahrhunderts erlebt. Leider haben westliche Intellektuelle mehr Deutungshoheit über die Geschichte und zeigen manchmal zu wenig Sensibilität für die Opfer des Kommunismus. Ein Demokrat müsste aber die gleiche Distanz zu allen Diktaturen behalten. Die Versuche, eine europäische Erinnerung zu schaffen, ohne die Interessen der Osteuropäer zu berücksichtigen, empfinde ich als geistige Kolonisation.“

Krisztián Ungváry Historiker

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klettermaxl (6.839 Kommentare)
am 05.11.2019 19:43

Die osteuropäischen Gesellschaften, insb. Staaten sollten sich einmal intensiv Gedanken über die Aufarbeitung ihrer Totalitarismen machen, sonst segeln sie weiter von einem Extrem ins andere.

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