Rückkehr der Walzerseligkeit in der Wiener Staatsoper
Nach zwei Jahren Pandemie-Pause feierten 5150 Gäste mit Stars und Sternchen beim 65. Opernball "Ihr tanzt, wir brennen" – Klimaaktivisten demonstrierten ohne großes Aufsehen auf dem roten Teppich.
Ja, sehr nervös sind sie. Christoph Juresa und Antonia Bögner stehen mit den anderen Debütantenpaaren vor der Oper und warten auf den Einlass. Es ist noch früh an diesem Abend, der nicht nur für die beiden lang werden sollte. Viel geübt hätten sie, sagt Bögner, aber Respekt habe sie immer noch: "Gerade beim Herabsteigen der roten Stufen muss man sich konzentrieren." Alles ist gut gegangen, und auch bei der Quadrille drehen die Beiden, die als Repräsentanten vom Verein "Ich bin O.K." teilgenommen haben, trittsicher im Kreis.
Offizieller Einlass ist um 20.40 Uhr, der rote Teppich füllt sich rasch. Silvia Schneider, an ihrer Seite Sänger Jamie Harrison, trägt eine Eigenkreation. Obwohl sie ob der Steine an Kleid und Schmuck glänzt, ist leichte Anspannung spürbar: "Die Vorbereitungen und der Beginn sind immer etwas stressig, aber das löst sich rasch auf. Jetzt freue ich mich einfach auf den Ball." Sie zeigt sich beeindruckt von den Kleidern und erklärt: "Falsch machen kann man ohnehin nichts."
Bildergalerie: Der Opernball feiert sein Comeback
Galerie ansehenDas sieht Designerin Lena Hoschek deutlich enger. Sie hat ein kritisches Auge auf die Ballroben: "Zu sehen sind sehr viele unifarbene Kleider mit schönen Drapierungen." Nachsatz: "Die billigen Polyesterfetzen sind deutlich weniger geworden." Die Schauspieler Michael Ostrowski und Maxi Blaha witzeln, wer von den beiden ob der funkelnden Geschmeide aller anderen Gäste den billigsten Schmuck trägt. Sie einigen sich auf ein preiswertes Unentschieden.
Richard Lugner und sein Stargast Jane Fonda werden rasch über die Feststiege gewunken, zu groß ist der Pulk an Fotografen und Kameras, der die beiden bis 23.57 Uhr belagert. Um diese Zeit verlässt Fonda die Staatsopern-Sause, ihr Vertrag endet um Mitternacht. Überstunden kommen für eine 85-Jährige nicht in Frage. Besonders angeregt hat sich Fonda davor mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen unterhalten. "Wir sprachen über unser gemeinsames Anliegen – das Engagement gegen die Klimakatastrophe, für eine lebenswerte Zukunft", sagt das Staatsoberhaupt.
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Die Anliegen der Klimaaktivisten vertreten Lena Schilling und Daniel Shams mit einem Banner samt Aufschrift "Ihr tanzt, wir brennen" auf der Feststiege. Die Ballgäste lassen sich davon beim Schunkeln nicht stören. Ostrowski appelliert derweil an "den Menschenverstand aller politischen und wirtschaftlichen Entscheidungsträger", sie mögen die Klimapetition unterzeichnen und schnellstmöglich umsetzen.
Auf Einladung von Bundeskanzler Karl Nehammer (VP) sieht sich Belgiens Premier Alexander De Croo mit großen Augen in der Oper um. Finanzminister Magnus Brunner (VP) begrüßt seinen deutschen Amtskollegen Christian Lindner. Von den Grünen geht lediglich Staatssekretärin Andrea Mayer über den roten Teppich, begleitet von Benedikt Föger, dem Chef des Hauptverbands des österreichischen Buchhandels.
Zum zweiten Mal ist Oberösterreichs Wirtschaftslandesrat Markus Achleitner (VP) mit seiner Frau Silke auf dem Ball in der Staatsoper. Er hat sich zwei Ziele gesteckt: "Die Quadrille um vier Uhr zu tanzen und dann zum Würstelstand."
Für Staatsoperndirektor Bogdan Roscic ist es der erste Opernball – als Hausherr und Besucher: "Meine Aufgabe ist es, unseren 5000 Gästen eine Freude zu machen – und natürlich bedeutet dieser Abend Arbeit für mich." Die Frage, ob der Opernball eher Job oder Vergnügen sei, ist für Heinrich Schaller, RLB-Generaldirektor, und seine Stellvertreterin Michaela Keplinger-Mitterlehner nicht eindeutig zu beantworten. Beide sind Opernball-Routiniers, die Raiffeisen-Loge ist Bestandteil des RLB-Sponsorings für die Bundestheater und ein Treffpunkt für Gäste.
Der 2008 für seinen Film "Die Fälscher" mit dem Oscar ausgezeichnete Regisseur Stefan Ruzowitzky hält sich beim Opernball zusammen mit seiner Frau Birgit Sturm "für einen Teil dieser theatralischen Inszenierung – man verkleidet sich als Klein-Adeliger der Belle Époque mit zugehöriger Musik. Das ist alles lustig – ich komme gern hierher. Niemand zwingt mich, ich bezahle mir auch alles selbst." Aktuell arbeitet der 61-Jährige an "King of Jews", einem Kinofilm über Theodor Herzl.
Es sei unglaublich, "dass es in Österreich so eine Balltradition gibt – und die ganz offensichtlich in die nächsten Generationen weitergetragen wird, das ist weltweit einmalig", sagt Anton Zeilinger, der im vergangenen Jahr mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnete Wissenschafter aus Ried im Innkreis, "und schaun S’ mich an, ich mach da gerne mit, hin und wieder." Vor zehn Jahren sei Zeilinger zum ersten Mal Gast des Opernballs gewesen, heuer zum zweiten Mal – "und ich glaube, zehn Jahre sind ein guter Rhythmus für meinen nächsten Besuch." 2033 wird Anton Zeilinger 87 sein.
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