Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Miglars würziger WortWechsel

14. Mai 2021, 12:12 Uhr
Im Überfluss
Muss sie alles haben, wenn es auch weniger tut? fragt sich Astrid Miglar. Bild: APA

REICHRAMING. Was tun, wenn Tausende, möglicherweise sogar auch Hunderte von Gedanken durch ein gar nicht gelocktes Ennstaler Köpfchen strömen? WortWechsel-Autorin Astrid Miglar ergeht es so. Und Sie können sie dabei beobachten und auf den folgenden Zeilen nachlesen, was dabei herauskommt.

Überleben in der Aufmerksamkeitsüberflussgesellschaft?
Habe ich nur dann ein erfolgreiches Winterwochenende bewältigt, wenn ich den Tagesskipass bis auf die völlige Abnützung meiner zuvor messerscharfen Skikanten ausgenutzt und zumindest siebzig Pistenkilometer hinter mich gebracht habe? War das geliebte Sonntagsschnitzel nur dann der Wahnsinnsgenuss, wenn es eine Handbreit über den Tellerrand hinausragte, Erdäpfel und Salat möglichst unsichtbar und das Bier dazu gratis waren? Habe ich perfekt eingekauft, wenn ich für den Preis von zwei Teilen ganze drei oder vier Stück erhalte, auch wenn ich beim Kauf bereits ahne, dass ich einiges davon nicht benötigen, vielleicht sogar wegwerfen werde? Bin ich ein gebildeter Mensch, wenn ich literarische Werke lese, und gelte umgekehrt als nicht besonders klug, wenn mir Liebesromane, Wikingergeschichten oder gar Schnulzenfilme gefallen, von Sissi und Franzl ganz zu schweigen? Muss ich multitaskingfähig sein, oder darf ich mir auch dann auf die Schultern klopfen, wenn ich „nur“ eine Sache gut erledigt habe? Dann die nächste. Dann eine weitere. Und danach eine andere.
Klingt es in unserer konsumorientierten Gesellschaft unglaubwürdig, wenn Statussymbole (Vielfliegermeilen, teure Uhren, fremdes Fell auf eigener Haut, eine Mitgliedschaft im richtigen Club, Rennpferd, Rassehund …) keinen Platz im eigenen Gedankengut finden? Darf ich ungeniert Wein trinken, … aus Tetrapacks? Ist es completely out Stille zu genießen, beim Entspannen nicht geschäftig einer Yoga- oder Meditationseinheit nachzugehen, und dennoch in sich zu ruhen? Bin ich faul, wenn ich stillsitze, scheinbar dem Gras beim Wachsen zusehe, meinen Gedanken nachhänge, dabei nahezu lethargisch wirke, was von außen betrachtet wie Nichtstun aussehen muss? 

Astrid Miglar
Astrid Miglar aus Reichraming (privat)

Kann ich die Corona-Monate ungeniert als Rückzug betrachten? Als „Retreat“, was fraglos eleganter klingt, auch teurer. Retreat, ein Verzicht auf die gewohnte Umgebung, inklusive Gratis-Exerzitien, Klosteraufenthalt daheim, Pause vom Alltag, eine Reduzierung auf Wesentliches? Ein Retreat, … nur wohin und mit wem, und gibt’s dort eine Happy Hour? Soll ich meine Lieblingsjeansjacke weiterhin mit tödlicher Ignoranz tragen, obwohl sie bereits 15 Jahre alt ist, was eigentlich nur ich weiß, … eigentlich!?
„Ja!“, höre ich eine resolute Frauenstimme sagen (eigentlich sagte sie „Yes!“). 
„Wie meinen?“, frage ich und stehe plötzlich vor einer echten Ikone. 
„Vivienne“, sagt sie. 
„Westwood“, ergänze ich ehrfurchtsvoll. „Englische Modedesignerin“, hauche ich hinterher. „Sie könnten meine Mutter sein, nur dass meine Mutter nicht wie eine Punkerin aussieht, wogegen Sie – Dame Westwood – diese Besonderheit für sich in Anspruch nehmen dürfen. Exzentrisch. Farbenfroh. Nicht nur als Persönlichkeit, auch im kreativen Schaffen. Übrigens (Dame Westwood will etwas sagen, kommt aber nicht dazu), es freut mich, dass Sie mit einem Österreicher verheiratet sind. Seit beinahe 30 Jahren.“
Das ist der Augenblick, in dem aufwache. Ich bin während meines geistigen Retreats tatsächlich eingeschlafen, und hatte offenbar eine fatamorganale Erscheinung. Oder heißt das fatamorganistisch?
„Die wahren Abenteuer sind im Kopf, und sind sie nicht im Kopf, dann sind sie nirgendwo.“ (André Heller)

mehr aus Steyr

150 Jahr-Jubiläum: Ohne die HTL wäre Steyr eine völlig andere Stadt

Klimawandel dürfte bis 2050 Haupttreiber für Aussterben von Arten sein

Sein Herz ist voll Mitgefühl: Ein Pilgermarathon für die Vergessenen von Lesbos

Der Kruglsteg muss eine Woche gesperrt werden

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

3  Kommentare
3  Kommentare
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Odilo (360 Kommentare)
am 14.05.2021 23:17

Warum bekommt eine immer noch unbekannte Frau jede Woche eine Kolumne, die echt immer sich um ein Null Thema handelt!

lädt ...
melden
antworten
Gruenenfreundin (3.291 Kommentare)
am 14.05.2021 22:29

Eine echte moderne Literatin!

lädt ...
melden
antworten
detti (1.799 Kommentare)
am 14.05.2021 14:03

Wie immer treffend geschrieben. Ich hoffe sehr es gibt nächste oder übernächste Woche eine Kolumne über den Run auf das normale Leben, das wir ja angeblich alle am 19. Mai sooo sehnsüchtig erwarten und voll auskosten im vollen Restaurant 😉

lädt ...
melden
antworten
Aktuelle Meldungen