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"Was uns blühen könnte, ist nicht jedem bewusst"

Von Magdalena Lagetar, 18. April 2024, 00:04 Uhr
"Was uns blühen könnte, ist nicht jedem bewusst"
Forstinspektor Peter Kölblinger ist beunruhigt: Es könnte heuer zu einer dritten Borkenkäfer-Generation kommen. (mala)

BRAUNAU. Der Schnee und der Wind machten dem Wald im Innviertel zu schaffen, vor allem jenem im Bezirk Braunau. Rund 300.000 Festmeter Schadholz, vielleicht sogar mehr, haben die Wetterkapriolen verursacht. Und jetzt droht das nächste große Desaster: Weil wegen des Klimawandels die Natur früher dran ist, ist auch der Borkenkäfer, der die Fichten befällt, bereits aktiv. "Unbedingt aufräumen!", appelliert Bezirksforstinspektor Peter Kölblinger. Sonst drohen den heimischen Wäldern dramatische Konsequenzen.

300.000 Festmeter Schadholz, vielleicht mehr. Warum ist gerade der Bezirk Braunau so stark von Waldschäden betroffen?

Peter Kölblinger: Wegen des Wetters. Schnee fiel in einer unendlichen Menge in 24 Stunden. Das haben zahlreiche Waldbestände nicht ausgehalten. Dann ist der Schnee sehr rasch abgeschmolzen. Es hat zudem im vorigen Herbst relativ große Niederschlagsmengen gegeben, sodass die Waldböden aufgeweicht gewesen sind und daher die Bäume nicht so fest verwurzelt waren. Und das hat im Zusammenhang mit dem Wind, der zu Weihnachten etwa drei Tage durchgeweht hat, diese großen Schäden verursacht, mit denen wir jetzt zu kämpfen haben.

Sie haben Anfang Dezember gesagt: "Derzeit ist es anstrengend, Waldbesitzer zu sein." Ist dieses Tal also noch immer nicht durchschritten?

Nein, das Tal ist noch nicht durchschritten. Wir sind möglicherweise jetzt ein paar Schritte über den tiefsten Punkt des Tales hinausgekommen, weil sehr viele Waldbesitzer schon sehr brav zusammengeräumt haben bzw. gerade dabei sind, zusammenzuräumen. Wir müssen aber jetzt mit aller Gewalt versuchen, auch jene noch zu erreichen, die vielleicht noch nicht Zeit gehabt haben oder sich der Dimension des Ganzen nicht bewusst sind. Die Käfersaison hat bereits begonnen und könnte dramatische Konsequenzen für den gesamten Waldbestand in der Region haben.

Ist unser Wald denn noch zu retten?

Ich bin überzeugt, dass Wald immer zu retten ist, weil bisher ist alles, was naturbelassen war, mit Wald bedeckt worden ist. Wir haben allerdings in den vergangenen Jahren eine zunehmend schnelle Veränderung des Klimas. Die Messstation in Ried zeigte an, dass zwischen 1960 und 2023 die Jahresmitteltemperatur von etwa 7,5 Grad auf etwas über 10 Grad angestiegen ist. Das sind zweieinhalb Grad und das ist eine Rückschau und keine Prognose! Diese zweieinhalb Grad sind Tatsache, da kann sich jeder auf der Homepage von GeoSphere (Anm., ehemals ZAMG) überzeugen. Gewisse Baumarten kommen mit dieser Erwärmung einfach nicht mit, beziehungsweise wird jene Temperatur erreicht, bei der andere Baumarten wachsen müssen. Das Retten des Waldes geht nur mit klimafitten Wäldern, es wird Mischwälder brauchen, es wird andere Baumarten brauchen und wir werden uns möglicherweise von der einen oder anderen Baumart, die jetzt gerade noch tragend in unseren Wäldern vorhanden ist, völlig verabschieden müssen. Die Fichte wird uns möglicherweise ganz ausfallen. Noch sind etwa 50 Prozent aller Bäume in der Region immer noch Fichten.

Klimafitte Wälder sind die Zukunft. Wie ist denn die Resonanz der Waldbesitzer auf Appelle wie diese? Werden sie gehört oder ignoriert?

Nein, ich glaube ignoriert wird gar nichts. Grundsätzlich ist sich der Waldbesitzer bewusst, worüber er da verfügt, weil Wald ist ja immer auch ein Schatz. Es gibt aber mehr waldfremde Besitzer, weil manche Bauernhöfe einfach stillgelegt worden sind und der Grund in landwirtschaftsfremde Hände kommt. Insgesamt ist die Moral unter den Waldbesitzern und das Waldverständnis sehr hoch. Möglicherweise ist aber dem einen oder anderen die Dimension dessen, was uns blühen könnte, nicht bewusst. Die Schneebruchwipfel, die jetzt teilweise immer noch im Wald herumliegen sind für den Borkenkäfer, der jetzt die erste Generation anlegt, wunderbares Brutmaterial. Diese gehören schleunigst entfernt!

Was blüht uns denn, wenn man diesen Appell nicht erhört?

Eine Massenvermehrung des Borkenkäfers. Meine Mitarbeiter und ich haben darauf zu schauen, dass das nicht passiert. Da gibt es auch ganz klare gesetzliche Vorgaben. Und wenn jemand unsere Appelle nicht erhört, dann wird er mit rechtlichen Maßnahmen zu rechnen haben und auch mit Strafverfahren. Das ist auch eine Aufgabe der Behörde. Wir sind neben der Beratung und den Appellen dazu angehalten. Mir ist aber wesentlich wichtiger, dass zusammengeräumt wird. Strafverfahren sind nicht das, was der Behörde Spaß macht.

Warum ist es jetzt überhaupt wichtig, dass aufgeräumt wird?

Der Borkenkäfer hat ob der ungewöhnlich warmen Temperaturen Anfang April den Ausflug aus dem Winterquartier begonnen und befällt jetzt das frische Material, um dort seine Brut anzulegen. In etwa vier bis fünf Wochen wird die erste Generation des Borkenkäfers ausfliegen und sich weiter vermehren und auch Geschwisterbruten anlegen. Uns werden möglicherweise heuer drei Generationen Borkenkäfer blühen, mit allen damit verbundenen Szenarien. Eine dritte Borkenkäfer-Generation ist etwas, was der Forstmann zurecht sehr stark fürchtet. Und diese ist bei normalem Temperaturverlauf heuer mit großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten.

Das große Aufräumen wird ja leider immer begleitet von Unfallmeldungen. Das Zusammenstürzen von Bäumen oder das Brechen von Ästen ist laut der Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen die häufigste Ursache. Kann man das vermeiden?

Waldarbeit ist grundsätzlich immer gefährlich. Es ist eine manuelle Arbeit. Ein Moment der Unaufmerksamkeit genügt. Insbesondere Schadholz ist oft verspannt oder es hängt auf einem anderen Baum. Man macht einen Trennschnitt und die Sache fällt herunter. Vermeiden lässt sich so etwas am besten, indem man die Aufarbeitung maschinell macht und nicht mit der Motorsäge in den Wald geht. Wenn man mit der Motorsäge in den Wald geht, bitte höchste Konzentration und Aufmerksamkeit und niemals alleine arbeiten!

Autorin
Magdalena Lagetar
Redaktion Innviertel
Magdalena Lagetar
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