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"Wenn man das übersieht, droht ein Flächenbrand"

Von Roman Kloibhofer, Bianka Eichinger, Magdalena Legetar, 05. Juli 2018, 17:04 Uhr

WEILBACH. Heuer ist ein Käferjahr: Die Trockenheit der vergangenen Jahre hat die Verbreitung des Borkenkäfers begünstigt. Ein Pilz ist für das Eschensterben verantwortlich, der Eschenbestand ist massiv bedroht.

Borkenkäfer, Eschensterben – Wälder und Baumbestände werden von Schädlingen und Pilzen bedroht. Warum ist das ausgerechnet heuer so? Dazu haben wir den Innviertler Waldbewirtschafter und Forstexperten Anton Streif aus Weilbach befragt.

 

Herr Streif, warum ist der Borkenkäfer heuer ein so großes Problem?

Anton Streif: Die Ursache liegt in der Vergangenheit, genauer gesagt in den vergangenen zwei, drei Jahren. Vor allem die extremen Wetterschwankungen – große Trockenheit und die Verschiebung der Niederschlagsschwerpunkte – macht speziell der Fichte zu schaffen. Die Bäume brauchen die Niederschläge in der Vegetationszeit, hauptsächlich im Frühjahr und Sommer, viel Regen im November und Dezember nützt da nichts. Es war schon in den vergangenen Jahren in dieser Zeit sehr trocken, und heuer haben wir den trockensten April, Mai und Juni – das wirkt sich besonders hart aus.

Wie wirkt sich das etwa bei den Fichten aus?

Die Fichte ist ein Flachwurzler, und das Feinwurzelgeflecht an der Oberfläche bekommt zu wenig Wasser. Der Baum ist im "Trockenstress", und das ist für den Borkenkäfer ein sprichwörtlich ‘gefundenes Fressen’. Denn zu wenig Wasser bei den Bäumen bedeutet weniger Harz, und das bräuchte der Baum, um die Bohrlöcher des Käfers zu verschließen. Für den Borkenkäfer wird es dadurch einfach, die Fichte zu knacken.

Und dieser Befall ist heuer besonders intensiv?

Ja, man muss sich das auf diese Weise vorstellen: Der Buchdrucker, das ist eine besonders aggressive Käferart, die bei uns am weitesten verbreitet ist, ist enorm vermehrungsfähig. Aus einem Weibchen gehen in einer Vegetationsperiode 100.000 Jungkäfer hervor. Es gibt in einem Wald aber Hunderttausende Weibchen, das hat enorme Auswirkungen. Wenn man da übersieht, zu handeln, entwickelt sich die Käferplage zu einem Flächenbrand.

Was darf ein Waldbesitzer nicht übersehen?

Das Stichwort lautet "Waldhygiene", das bedeutet: Wenn zum Beispiel nach Windwurf Bäume vom Käfer befallen sind, müssen diese rechtzeitig – also vor dem Ausfliegen der Jungkäfer – aus dem Wald entfernt werden. Sonst geht der Käferbefall vom liegenden auf das stehende Holz über und der schon angesprochene Flächenbrand droht. Einen gewissen Käferbestand, wir sprechen vom ‘eisernen Bestand’ gibt es in jedem Wald, dem gilt es die Brut- und somit Vermehrungsmöglichkeit zu entziehen, der muss niedrig gehalten werden.

Diese Waldhygiene ist ja eine langfristige Maßnahme, nicht?

Ja, diese Sorgfalt dem Wald gegenüber ist eine große Verantwortung, weil nachfolgend zwei, drei Generationen davon betroffen sind. Daher ist es wichtig, bei der Aufforstung die richtige Baumartenwahl zu treffen. Vor allem die Standortsbedingungen geben die zukünftige Mischung vor. Was wir heute setzen, wird sich in den nächsten hundert Jahren bewähren müssen. Das sind Riesenherausforderungen.

Warum kommt es zum Eschensterben?

Dafür ist ein eigentlich harmlos klingender Pilz, das "falsche, weiße Stängelbecherchen", verantwortlich. Die Pilzsporen werden über die Luft übertragen, gelangen über die Knospen in die Äste, und der Pilz blockiert in der Folge den Saftstrom. Die Blätter bekommen kein Wasser mehr, und die Baumkrone sowie das Feinwurzelgeflecht sterben ab. Der Baum wird in der Folge instabil und dadurch zur Gefahr.

Kann man etwas dagegen tun?

Der Pilz rafft den ganzen Eschenbestand dahin und macht vor kaum einer Esche Halt. Es gibt aber resistente Bäume – und mit dem Erbgut dieser Bäume setzt sich die Forschung auseinander. Man versucht resistente Individuen zu vermehren.

Wie groß ist der finanzielle Schaden für Waldbesitzer, lässt sich das beziffern?

Dazu nur ein paar Zahlen zur Verdeutlichung: Der Wertverlust beim Fichtenholz liegt gegenwärtig bei bis zu minus 40 Prozent, bei der Esche sogar bis zu minus 50 Prozent. Zum Wertverlust beim Holzkauf kommen auch noch hohe Aufforstungskosten dazu. Es dauert wieder mindestens 30 Jahre, bis aus der nächsten Baumgeneration Erlös erwirtschaftet werden kann. Das heißt für eine Generation nur pflegen und investieren.

Ist der Schädlings- und Pilzbefall auch für private Gärten ein Thema?

Ein Borkenkäferbefall ist im Garten eher unwahrscheinlich, das Eschensterben allerdings tritt überall auf.

 

"Wenn das Projekt nicht gelingt, verlieren wir die Eschen langfristig"
Eschensterben in Braunau. Bild: (Gemeinde)

„Wenn das Projekt nicht gelingt, verlieren wir die Eschen langfristig“

Im Bezirk Braunau sind etwa 80 bis 90 Prozent der Eschen von dem aus dem Baltikum eingeschleppten Pilz befallen. Um Gefahren durch kranke Bäume zu bannen, mussten viele Waldbesitzer ihre Laubbäume schlägern.

Das Eschensterben betrifft auch Privatpersonen. Im Ernstfall hilft auch dann nur eines: den treuen Schattenspender im gemütlichen Garten fällen. „Der Pilz befällt auch den Wurzelraum, der Baum kann umfallen und das ist im Wohngebiet wirklich gefährlich“, sagt Oberforstrat Peter Kölblinger von der Bezirkshauptmannschaft Braunau. Wenn die Baumkrone entstellt ist und Verfärbungen auftreten, sollte man nicht mehr lange zögern, den Baum zu entfernen, „auch wenn es oft mühsam ist und wenn es einem leid tut um den Baum“, sagt der Experte. Er appelliert, kein Risiko einzugehen. Zum Ausschluss von Haftungsansprüchen im Schadensfall müsse jedem Besitzer angeraten werden, zu handeln. „Wenn der Baum offensichtlich krank war, die halbe Krone keine Blätter mehr hat, kann es sein, dass man auf dem gesamten Schaden sitzen bleibt“, warnt Kölblinger. Neben einer lichten Baumkrone deuten verfärbte und vertrocknete Blätter auf die Schlauchpilzkrankheit hin.

Der Förster spricht von einer „hochdramatischen Angelegenheit“ und geht davon aus, dass wir die meisten Eschen verlieren. Als mögliche Rettung sieht er das im Interview angesprochene Projekt, bei dem das Bundesforschungszentrum für Wald versucht, resistente Eschen zu züchten. „Das ist meiner Ansicht nach die einzige Möglichkeit, um die Esche zu erhalten. Ich hoffe, das Projekt gelingt, sonst verlieren wir sie nicht nur kurzfristig, sondern auch langfristig“, sagt Kölblinger.

Auch Buchsbäume leiden am Schädlingsbefall. Die aus Ostasien eingeschleppte Raupe des Buchsbaumzünslers frisst die Blätter und jungen Triebe des Buchsbaumes ab und hemmt das Wachstum, was, wie berichtet, langfristige Schäden verursachen kann. Im schlimmsten Fall stirbt der Buchsbaum ab. Um den Schädling zu bekämpfen, solle man lieber die Finger von chemischen Mitteln lassen, die auch heimische Nützlinge töten. Der Abteilungsleiter des Städtischen Wirtschaftshofs Braunau, Andreas Eppacher, gibt Tipps:

Buchsbaumzünsler bekämpfen

Mechanisch: Den Stamm abklopfen und die Raupen aufsammeln oder mit einem Hochdruckreiniger gegen die Raupen vorgehen.

Einhüllen: Vor allem bei kleineren Buchsbäumen hilft das dichte Einhüllen in einen schwarzen Sack, wenn es draußen heiß ist. „Bei den dabei entstehenden Temperaturen und dem Sauerstoffmangel gehen die Raupen zugrunde“, sagt Andreas Eppacher.

Abschneiden: Wenn nichts mehr hilft, dann muss abgeschnitten werden. Aber Achtung: Befallener Grünschnitt darf nur an bestimmten Tagen in Altstoffsammelzentren entsorgt werden. Auf den Komposthaufen darf er nicht einfach geworfen werden, er muss geschreddert werden.

Anzünden: Befallener Grünschnitt darf angezündet werden, das Feuer muss vorher gemeldet und Löschmittel müssen vorbereitet werden. Auch hier gilt die Waldbrandschutz-Verordnung: kein Anzünden in der Nähe von Waldgebieten. 

 

"Forstgesetz setzt auf Eigenverantwortung des Besitzers"
Der Asiatische Laubholzbockkäfer ist meldepflichtig. Bild: APA/LAND OÖ

„Forstgesetz setzt auf Eigenverantwortung des Besitzers“

 

Das Forstgesetz stellt auf die Eigenverantwortung des Waldeigentümers ab. Dieser ist ohne behördliche Anordnung verpflichtet, Vorkehrs- und Bekämpfungsmaßnahmen gegen Forstschädlinge zu setzen“, erklärt Schärdings Bezirkshauptmann Rudolf Greiner. Meldepflichtig seien der Asiatische Laubholzbockkäfer sowie eine gefahrdrohende Vermehrung von Forstschädlingen. Schädlinge, wie zum Beispiel der Buchsbaumzünsler oder der Feuerbrand-Pilz sind laut Greiner forstwirtschaftlich nicht relevant.

„Die Schäden durch den Borkenkäfer wirken sich regional unterschiedlich aus. Im Bezirk Schärding haben wir Standorte, an denen dramatische Schäden vorliegen. Anderswo sind wir im normalen Bereich“, antwortet Greiner auf die Frage, wie die derzeitige Situation bezüglich Schädlingen in den Wäldern im Bezirk Schärding ist.

Gerade bei Borkenkäfern sei schnelles Handeln wichtig. „Denn nur die Entfernung der vom Borkenkäfer befallenen Bäume verhindert die Ausbreitung“, warnt der Bezirkshauptmann. Das Eschensterben halte im Bezirk Schärding nach wie vor an. „Auch hier gilt es, geschädigte Eschen laufend zu entfernen. Nur so kann Schlimmeres verhindert werden“, so Greiner.

Wenn ein Waldeigentümer mit Vorkehrungs- und Bekämpfungsmaßnahmen säumig ist, wird ein behördlicher Antrag erteilt und ein Verwaltungsstrafverfahren geführt. „Auch heuer ist wieder eine Waldbrandschutzverordnung erlassen worden, diese jedoch steht in keinem Zusammenhang mit Forstschädlingen“, antwortet der Schärdinger auf die Fragen nach speziellen Auflagen beziehungsweise Verordnungen für Waldbesitzer von Seiten der Bezirkshauptmannschaften. Im Rahmen von Informationsveranstaltungen seien Waldbesitzer bereits im Frühjahr umfassend aufgeklärt worden.

 

Borkenkäfer Innviertel BTV

Video: BTV

 

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