Im Kongo zeichnet sich ein historischer Machtwechsel ab
KINSHASA. Oppositionskandidat Félix Tshisekedi hat Präsidentenwahl überraschend gewonnen – es gab aber bereits erste gewaltsame Proteste.
Die von jahrzehntelanger Gewalt und Korruption geplagte Demokratische Republik Kongo steht offenbar vor einem historischen Machtwechsel: Laut vorläufigen Ergebnissen der Wahlbehörde hat der Oppositionskandidat Félix Tshisekedi die Präsidentenwahl überraschend gewonnen. Der 55-Jährige kam demnach beim Urnengang am 30. Dezember auf 38,6 Prozent der Stimmen.
Knapp dahinter lag mit gut 35 Prozent Tshisekedis größter Rivale, Martin Fayulu. Der Kandidat der Regierungspartei des bisherigen Staatschefs Joseph Kabila, Emmanuel Shadary, kam nur auf knapp 24 Prozent. Für den Wahlsieg genügt eine einfache Mehrheit.
Tshisekedi, der bereits am 18. Jänner vereidigt werden soll, zeigte sich in einer ersten Reaktion versöhnlich: Kabila solle nicht mehr "als Gegner, sondern vielmehr als Partner" betrachtet werden. "Niemand konnte sich ein solches Szenario vorstellen, in dem der Kandidat der Opposition die Wahl gewinnt", sagte er demnach weiter.
Verlierer sieht "Wahlputsch"
Der unterlegene Martin Fayulu will das Ergebnis jedoch nicht akzeptieren, sprach von "Wahlputsch" und rief zum Widerstand auf. Unterstützung bekam er von der im Kongo sehr einflussreichen katholischen Kirche, die zehntausende Wahlbeobachter im Einsatz hatte. "Die Ergebnisse decken sich nicht mit den Ergebnissen unserer Beobachter", teilten die Bischöfe mit.
Bei gewaltsamen Protesten in einer der Hochburgen Fayulus kamen gestern mindestens vier Personen ums Leben. In den Straßen der Hauptstadt Kinshasa brachen viele Menschen hingegen in Jubel aus, es gab Hupkonzerte.
Tshisekedis vermeldeter Sieg wurde überschattet von Gerüchten, wonach er seinen Triumph einem geheimen Deal mit dem als korrupt geltenden Kabila verdanken könnte. Der Theorie zufolge habe Kabila die Wahl zu Tshisekedis Gunsten fälschen lassen, um sich selbst vor Strafverfolgung zu schützen. "Der scheidende Präsident Jospeh Kabila wird Tshisekedi beeinflussen können, weil dieser seinen Aufstieg an die Macht der Kontrolle Kabilas über die Wahlkommission verdankt", sagte etwa der Analyst Robert Besseling von der Risikoberatung "ExxAfrica".
Experte François Conradie von der Beratungsfirma "NKC Economics" sagte, für Kabila sei es ein schlauer Schachzug: "Damit ist die Sicherheit des scheidenden Präsidenten und seines Führungszirkels garantiert."
Auch die von ihm bevorzugten Unternehmen würden wohl weiter im Geschäft bleiben. Kabila soll in seiner Amtszeit mit Kommissionen und Beteiligungen an Minengeschäften schwerreich geworden sein. Für ihn sei die Wahl Tshisekedis daher das kleinere Übel.
Ein Porträt von Félix Tshisekedi finden Sie hier