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Elina Garanca: Eine Frau, die nichts mehr zu verlieren hat

Von Ludwig Heinrich, 24. Dezember 2016, 00:04 Uhr
Eine Frau, die nichts mehr zu verlieren hat
Elina Garanca Bild: APA/dpa

Opernsängerin Elina Garanca hat mit "Revive" ein neues Album veröffentlicht. Ludwig Heinrich sprach mit der weltberühmten Mezzosopranistin über die "neue" Garanca, wo sie übt und warum ihr kleine Opernhäuser Angst machen.

An der Wiener Staatsoper hat sie in der laufenden Saison keinen Auftritt, aber zwischen zwei Abenden in München quartierte sie sich nun im Sacher ein. Anlass: Interviews für ihr neues Album "Revive". Im Februar wird sie in Wien (17. im Konzerthaus) und Graz (19. im Musikverein) Konzerte geben, doch ihre ganz großen Österreich-Events 2017 sind die Open-Air-Konzerte auf Stift Göttweig (5. Juli) und in Kitzbühel (8. Juli).

 

OÖNachrichten: Im offiziellen Text zu "Revive" liest man von einer "neuen Elina". Wie darf man das deuten?

Dass ich nun das Buch zum nächsten Jahrzehnt meiner Karriere aufschlage. Vielleicht ist das auch das letzte Jahrzehnt, denn Sängerkarrieren sind ja bis auf Ausnahmen nicht so lang. Ich denke realistisch. Das kommende dramatische Repertoire nimmt einem schneller die Stimme weg als Mozart. Doch ich habe jetzt eine 20-jährige erfolgreiche Karriere hinter mir und nichts mehr zu verlieren.

Auf dem Album "Revive" rücken Sie starke Frauen in den Fokus?

Es scheint mir der richtige Zeitpunkt, jetzt Frauen der Opernliteratur zu verkörpern, die stark und mir nahe sind, die im Leben ähnliche Erfahrungen gemacht haben wie ich. In allem, was ich tue, habe ich mir zum Vorsatz gemacht, nur dann auf die Bühne zu gehen, wenn ich genau verstanden habe, warum ich eine Figur darstelle. Dieses Album war mir eine Herzensangelegenheit.

Es gibt Sänger und Sängerinnen, die im Leben nur mit einigen wenigen Partien auskommen?

Nur fünf Partien jahrelang zu singen – nein, das könnte ich nicht, ich schulde meinem Publikum mehr. Normalerweise singe ich eine Partie in 50 bis 55 Vorstellungen, dann schalte ich sie aus.

Sind Sie noch nie in Versuchung geraten, eine Rolle wiederaufzunehmen?

Vor ein paar Jahren an der Met wurde gerade eine "Cosi" gegeben. Da dachte ich: Vielleicht sollte ich noch einmal, die Dorabella ist ja nicht so schlecht. Ich schaute mir eine Vorstellung an. Spätestens Mitte des zweiten Aktes kapierte ich: Nein, das darf ich nicht mehr machen.

Auf der aktuellen CD ...

...versuche ich auch Abwechslung. Einige Arien kennt vielleicht jeder, vom "normalen Repertoire" habe ich ja schon genug gesungen. Wichtig und interessant sind mir vor allem die "unbekannten" Stücke.

Wie zum Beispiel?

Wie die "Reine de Saba" von Gounod. Wenn ich die im Rahmen von Tourneen anstimme, geraten die Leute bereits nach der ersten Zeile aus dem Häuschen. Und das ist besonders schön.

Die Zukunft und Wagner?

Den Schlüssel zu Wagner habe ich noch nicht richtig gefunden. Manche seiner Werke, denke ich oft, könnte man vielleicht auf zweieinhalb Stunden reduzieren. Die Kundry etwa braucht für ihre große Szene 25 Minuten. All das könnte man eventuell auch kürzer sagen. Au weh, jetzt werden vielleicht manche auf mich schimpfen. Aber in den nächsten vier, fünf Jahren beschäftigt mich ohnehin ein anderes Repertoire, und pro Jahr möchte ich mir da ein, zwei neue Partien erarbeiten.

Dazu gehören?

Etwa die Santuzza in "Cavalleria Rusticana" in Paris, die Eboli, ebenfalls in Paris, im Frühjahr 2018 die Dalilah, dann Dido und Amneris im Jahr 2019. Ich freue mich aber auch auf das Wiedertreffen mit "Carmen" im Februar 2018 an der Met und auf meine allerletzte "Rosenkavalier"-Vorstellung am 13. Mai, auch an der Met. Dieser Abend wird in die Kinos übertragen. Damit werde ich, genau 17 Jahre und zwei Monate nach dem allerersten Mal in Meiningen, meinen Abschied vom Octavian feiern.

Die zwei Töchter, die Sie mit Ihrem Mann Karel-Marc Chichon haben, sind jetzt fünf und drei Jahre alt. Sehen Sie bereits Ansätze, dass sie einmal in die Fußstapfen ihrer Mutter treten könnten?

Ich hoffe, sie tun’s nicht. Denn meine Schuhe sind ziemlich groß. Sie müssten dann erst beweisen, dass sie nicht nur die Töchter zweier berühmter Eltern sind. In einer Zeit, wo alles so schnelllebig geworden ist.

Wie üben Sie?

Auf keinen Fall zu Hause. Entweder im Theater oder in einem besonderen Zimmer, einer Ex-Garage, die ich mir in Malaga, wo wir leben, schalldicht ausstatten ließ. In Riga hatte ich für diese Zwecke auch eine Ex-Garage. Denn Üben empfinde ich als Lärmbelästigung, das stört die Kinder. Auch in Malaga übe ich in diesem Spezialstudio nur, wenn sie in der Schule sind.

Welche Opernhäuser lieben Sie besonders?

Die großen. Wenn ich in kleinen Häusern singen muss, bin ich aufgeregter, habe Angst, weil ich so nahe dran bin. In den großen hingegen fühle ich mich wie eine Fledermaus, die ihre Flügel ausbreitet und den ganzen Raum umarmen möchte. Das alles resultiert vielleicht daraus, dass ich im Grund schüchtern bin. Sie haben vorher die "schnelllebige Zeit" erwähnt.

Gibt es, glauben Sie, Sängerkollegen oder -kolleginnen, die von ihren Agenten ausgepresst werden und dann in die Krise geraten?

Das ist mir teilweise ein Rätsel. Mich hat noch keiner zu etwas gezwungen. Ja, man hat hin und wieder versucht, mich zu etwas zu überreden. Aber gezwungen – nein! Gut möglich auch, dass Künstler oft ihren eigenen Ehrgeiz hinter Agenten verstecken.

Der Beruf und die Kinder?

Mein Mann und ich haben eine eigene Logistik beim Planen. September, Oktober und November, das wussten wir wegen unserer Termine, waren und sind harte Monate. Aber Weihnachten werden wir in Riga und Silvester in Malaga verbringen. Alles schön aufräumen, Kekse backen, Baum schmücken. Diese Zeit muss man sich nehmen. Als Mezzosopran hat man Gott sei Dank nicht diesen Star-Druck. Ich bin eigentlich neben der Bartoli der einzige Mezzo, der so viel schafft, und darauf bin ich wahnsinnig stolz. Und zwischen Auftritten mache ich es mir oft gemütlich. Auto, Hotel, Roomservice, Popcorn ins Zimmer, und wenn mein Mann die Vorstellungen dirigiert, schauen wir im Hotel auch gerne fern.

Wie viele Partien haben Sie momentan insgesamt im Repertoire?

30 bis 40 werden es sein, doch aktiv singe ich natürlich weniger.

Passiert es Ihnen nach Opernauftritten, dass Sie schwer aus Ihrem Charakter rauskommen?

Das dauert höchstens bis zum zweiten Glas Wein. Einmal, nach einer Carmen, rügte mich mein Mann: "Du, ich möchte, dass Elina nach Hause kommt, und nicht Carmencita!" Das habe ich mir gut gemerkt. Es ist ja meistens auch nicht die Partie, die nachwirkt, sondern der Energieschub. Singen ist nun einmal ein Hochleistungssport.

Wäre nicht längst ein Buch fällig?

Das schreibe ich, wenn ich mit 55 aufhöre. Lesungen, Abschiedstournee, und dann bin ich weg.

 

Zur Person: Bereits im Alter von 21 Jahren hatte die in Riga geborene Lettin erste Engagements in Bukarest und Athen. Über die Opernhäuser Meiningen und Frankfurt am Main gelangte sie an die Wiener Staatsoper. Dem Debüt 2003 folgte im selben Jahr ein Auftritt bei den Salzburger Festspielen, der für die heute 40-Jährige den internationalen Durchbruch bedeutete.

Elina Garanca stammt aus einer Musikerfamilie, mit einem Chordirigenten als Vater. Bei ihrer Mutter, einer Gesangsprofessorin, studierte sie Gesang an der Musik-Akademie in Riga.

Die Mezzosopranistin ist mit dem in London geborenen Dirigenten Karel Mark Chichon verheiratet. Das Paar hat zwei Kinder.

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