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Paris, ein Fest fürs Lesen

Von Manfred Wolf, 02. Oktober 2017, 00:04 Uhr
Paris
Bild: epa

Paris ist Liebe, ist Kunst, ist Literatur. Paris ist Vincent van Gogh, ist Ernest Hemingway, ist Victor Hugo. Paris ist Frankreich und Frankreich ist Frankfurter Buchmesse. Zumindest als Gastland. Eine Visite von Manfred Wolf.

Drehen Sie Ihre Uhr zurück. Gut und gerne hundert Jahre. Reisen Sie mit nach Paris, setzen Sie sich an einen kaum von Automobilen befahrenen Boulevard, sagen wir den Boulevard de Montparnasse, und nippen Sie an einem schwarzen Kaffee – oder an einem Whisky – im "Le Dôme". Stoßen Sie sich nicht am obszönen Gerede der Männer neben Ihnen. Der eine ist ein Maler, Jules Pascin, der andere ein Schriftsteller, Ernest Hemingway. Die beiden Damen neben ihnen sind zwei ... nun ja, Modelle. In diesem Eck stehen sie morgens alle. Modell zu stehen ist en vogue. Und immer noch einbringlicher – vor allem aber angenehmer –, als in der Fabrik zu arbeiten.

Einer, der hier seine Modelle abholt, ist Amadeo Modigliani. Man sagt sogar, es gebe von ihm wesentlich mehr Bilder, würde er nicht viele davon an seine Liebschaften verschenken, die, nach dem Bruch mit ihm, die Bilder selbigem Schicksal zuführen.

Ums Eck, in der Dingo American Bar, später wird sie L’Auberge de Venise heißen, ist es auch, wo sich zwei Giganten der Literatur zum ersten Mal treffen. Eben dieser Hemingway und dessen Landsmann, Francis Scott Fitzgerald. Wobei es ein durchaus befremdliches Treffen ist. In seinem Buch "Paris, ein Fest fürs Leben", wird sich Hemingway folgendermaßen daran erinnern: "Er saß am Tresen, das Champagnerglas in der Hand, und plötzlich schien sich seine Gesichtshaut zu spannen ... bis alles dem Schädel eines Toten glich. Die Augen sahen aus wie tot ... Sein Gesicht wurde zu einem echten Totenschädel."

Beide pflegen dennoch eine gute, wenn auch ambivalente Freundschaft zueinander. Und zu Gertrude Stein. Die Mäzenin und Schriftstellerin (Rose is a rose, is a rose ... ) ist der gemeinsame Nenner aller, die vom Establishment nicht angenommen werden, grob zusammengefasst unter dem von ihr geprägten Begriff "Lost Generation".

"Verlorene Generation? Warum?", will Hemingway wissen. "Ihr jungen Leute, die ihr im Krieg gedient habt. Ihr seid eine verlorene Generation. Ihr habt keinen Respekt vor gar nichts, Ihr trinkt euch zu Tode ...", antwortet sie.

Stein ist eine von vielen Amerikanerinnen, die sich rund um und vor allem nach dem Großen Krieg hier niederlassen. Viele Soldaten bleiben nach dem Krieg hier oder kommen zurück – nicht nur wegen der Prohibition in den USA. Auch Lebensstil und der lohnenswerte Dollar-Kurs sind gute Gründe dafür.

Picassos Blick in die Zukunft

Stein lässt sich übrigens gerade vom jungen Künstler Pablo Picasso malen – es ist die 80. Sitzung, und das Bild ist immer noch nicht fertig. Picasso wird es erst später finalisieren, aus dem Gedächtnis. Und bei der Betrachtung wird Stein sagen, dass "ich nicht aussehe wie Ihr Porträt". Picasso: "Das werden Sie."

Derweilen gibt im Verlag von Sylvia Beach "Shakespeare & Company" in der Rue de l’Odéon James Joyce sein Manuskript mit dem Titel "Ulysses" ab.

Es ist eine wunderbare Epoche, die sich gerade zwischen dem Boulevard du Montparnasse und der Seine zuträgt, die ihren Beginn wenige Jahre zuvor in Montmartre genommen hat, aber auch Stück für Stück ihr Ende findet.

Beinahe an jeder Ecke rund um den Jardin de Luxembourg pulsiert das Leben, pulsiert die Kunst. Lassen sich Schriftsteller und Maler von großen Künstlern der Vergangenheit, wie den französischen Autoren Emil Zola, Victor Hugo, dem zwei Millionen Pariser bei dessen Bestattung die letzte Ehre erwiesen haben, dem Lyriker Charles-Pierre Baudelaire oder den Malern Vincent van Gogh, Henri de Toulouse-Lautrec, Claude Monet beflügeln. Noch hundert Jahre später werden die Zeitungen über sie schreiben, werden ihre Spuren sichtbar sein. Sie alle inspirierten und inspirieren sich gegenseitig, so ist es Hemingway stets ein Anliegen, so zu schreiben, wie Paul Cézanne malte.

Doch alles hat auch ein Ende, über dieses und der eigenen Vergänglichkeit im Klaren, weiß Hemingway dennoch über das Immerwährende dieser Stadt, dieser Zeit, in der er lebt, Bescheid und schreibt in sein Tagebuch: "Paris geht niemals zu Ende."

Drehen Sie die Uhr nun wieder auf Gegenwart. Nein, lieber doch ein Stückchen weiter, bis zum 11. Oktober, dem Beginn der Frankfurter Buchmesse. Sie erinnern sich, Gastland Frankreich. Voilà, hier sind sie, die großen französischen Literaten der Gegenwart. So wie Paris nie endet, enden auch sie niemals. Fin.

 

Paris, ein Fest der Künste: Montmartre ist ohnehin ein Muss. Das war vor allem auch zur Zeit von Vincent van Gogh schon so, der im Café Bonne Franquette ungezwungene Stunden verbrachte. Montmartre war damals der Treffpunkt für Künstler. Schon alleine deshalb sollte man hier einen Kaffee genießen, essen kann man auch anderswo.

Paris, ein Fest der Musik: Die Philharmonie in Paris beindruckt nicht nur außen wie innen, auch der Blick, den man vom begehbaren Dach hat, tut es. Die Eröffnung vor knapp zwei Jahren ging allerdings in den Wirren des Terrors unter. Denn zehn Tage zuvor fand der Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo statt.

Paris, ein Fest für Historiker: Im – per Eigendefinition – ältesten Kaffeehaus der Welt, dem Procope, lässt sich, so man kein Vegetarier ist, hervorragend essen. Frankreichs Ex-Präsident Jacques
Chirac ist in der Rue de l’Ancienne Comédie Stammgast, Benjamin Franklin vollendete hier die amerikanische Verfassung, Voltaire und Rousseau waren hier ebenso wie Napoleon, der, weil er nicht bezahlen konnte oder wollte, seinen Chapeau (Hut) als Pfand hinterließ.

Paris, ein Fest der Literatur: Unweit von „Notre Dame“ lebte Victor Hugo lange Zeit unmittelbar am „Place des Vosges“. Der Autor von „Der Glöckner von Notre Dame“ und „Die Elenden“ (Les Misérables), galt schon zu Lebzeiten als großer Schriftsteller. Dementsprechend pompös konnte er auch leben, wie man im Hugo-Museum sehen kann (ab März wegen Umbaus für ein Jahr gesperrt).

Paris, ein Fest fürs Sakrale: Im höheren Alter erhielt Auguste Delacroix den Auftrag, Wandmalereien in der Kirche St. Sulpice anzufertigen. Er zog dafür in die Nähe der Kirche und richtete sich in der Rue de Furstenberg sein Atelier ein, wo heute ein Museum ist. Auch Hemingway ging bei Problemen in diese Kirche. Das bekannteste Werk von Delacroix, „Die Freiheit führt das Volk“, ist übrigens im Louvre zu bewundern. Es inspirierte Victor Hugo, und die britische Band Coldplay verwendete das Bild als Cover für das Album „Viva la Vida“.

Paris, ein Fest für Buchliebhaber: Die Rue de la Bûcherie mit der Bücherei „Shakespeare & Company“ ist der Treffpunkt für Freunde der englischsprachigen Literatur. Wer schon bei Notre Dame ist, sollte unbedingt auf einen Sprung dort vorbeischauen. Auch wenn sich die original Buchhandlung, wo James Joyce „Ulysses“ veröffentlichte, in der Rue l’Odéon befindet, strahlt sie dennoch unablässig historischen Charme aus.

Paris, ein Fest für Stars: Wann hat man schon die Gelegenheit, den französischen Superstar und Schauspieler Jean Paul Belmondo zu treffen? Nun ja, zumindest einmal in der Woche in der Brasserie Lipp am Boulevard Saint-Germain. Dort gehen Stars ein und aus. OÖN-Redakteur Manfred Wolf freute es jedenfalls, Belmondo und seinen Kollegen und Freund Charles Gérard zu treffen.

 

 

 

Anhang

Die Tour: Die Hemingway&Fitzgerlad-Tour mit Guide Christopher Spence (auf Englisch) ist eine lohnenswerte Alternative zu herkömmlichen Stadtführungen (www.paris-walks.com)

Der Flug: Direktflug Wien–Paris mit Austrian Airlines, ganzjährig bis zu sieben Mal pro Tag

Filmtipp: In „Midnight in Paris“ schickt Woody Allen Owen Wilson in die Vergangenheit, wo dieser mit Stein, Hemingway & Co. die Nächte verbringt.

Buchtipp: „Paris, ein Fest fürs Leben“, Ernest Hemingway; Reiseführer „Paris“, erschienen im Dumont-Verlag

 

 

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1  Kommentar
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pepone (60.622 Kommentare)
am 02.10.2017 16:11

ich kann jede und jedem eine Paris Tour empfehlen ...und den Pariser eine Wien Tour .. zwinkern

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