Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Ferdinand II. und die Strenge der Gegenreformation

Von Roman Sandgruber, 09. Dezember 2023, 04:20 Uhr
Ferdinand II. und die Strenge der Gegenreformation
Kaiser Ferdinand II. kam am 9. Juli 1578 in Graz zur Welt und starb am 15. Februar 1637 in Wien. Er war von 1619, nach dem Tod seines Vetters Matthias am 20. März 1619, bis zu seinem Tod Kaiser und schon ab 1617 König von Böhmen. Bild: VOLKER WEIHBOLD

Teil 9 der Serie "Aufstieg und Untergang der Habsburger": Der Dreißigjährige Krieg, Ausweisung der Protestanten und ein damit verbundener massiver Verlust an Wissen – unter Ferdinand II. musste selbst Kepler das Land verlassen.

Ferdinand II. ist einer der umstrittensten Herrscher in der langen Reihe der Habsburger: ein religiöser Zelot und Fanatiker oder ein tiefgläubiger Christ? Ein machtbewusster Verteidiger des Reichs oder ein nach absoluter Allmacht strebender Fürst?

Bei einer Wallfahrt ins italienische Loreto hatte er ein Gelübde abgelegt, seine Länder mit allen Mitteln wieder dem Katholizismus zuzuführen: "Besser eine Wüste regieren als ein Land voller Ketzer." Protestantische Prediger und Gelehrte wie der Mathematiker Johannes Kepler wurden des Landes verwiesen. Viele frivole Bilder aus der Sammlung Rudolfs II. ließ er verbrennen.

Sein Aufstieg vom unbedeutenden Erzherzog am Grenzzaun des Reiches zum Kaiser, der den Fürsten Europas das Fürchten lehren und aus den lose verbundenen und von Krisen geschüttelten habsburgischen Erblanden ein Reich machen wollte, war von religiöser Strenge und machtpolitischer Konsequenz getragen. Sein Wahlspruch …

"Ein Fürst darf niemandes Untertan sein."

… verkündete sein absolutistisches Programm. Seine jesuitische Erziehung machte ihn zum kompromisslosen Vorkämpfer der katholischen Gegenreformation. Seine von der jesuitischen Dialektik geprägte Erziehung, seine vom Kapuzinerorden bestimmte Frömmigkeit, die immer wieder Gefahr lief, in fanatische Bigotterie auszuarten, legten den Grundstein zur Pietas Austriaca und zur habsburgischen Papsttreue. Die protestantischen Stände der österreichischen Länder wurden politisch entmachtet, behielten aber wichtige Funktionen in der Verwaltung. Ihre Rekatholisierung wurde zwangsweise durchgesetzt.

Der ungeliebte Ferdinand: Hatten sich die Habsburger im 16. Jahrhundert in mehrere Linien gespalten, so ist es unter Ferdinand wieder zu einer Konzentration gekommen. Weil die niederösterreichische Linie ausgestorben und die Tiroler Linie wegen der morganatischen Ehe mit der bürgerlichen Philippine Welser nicht erbberechtigt war, waren es – wie schon im 15. Jahrhundert – die Steirer, die die Habsburger vor dem Aussterben retteten und die drei Linien zu einer zusammenführten. Der todkranke Kaiser Matthias konnte nur verzweifelt in sein Betttuch beißen und den ungeliebten Ferdinand zum Nachfolger bestimmen.

Ferdinand hatte 1595 zunächst die Regentschaft in Graz angetreten. 1617 war er zum König von Böhmen und 1618 auch von Ungarn gewählt worden. 1619 trat er auch in Nieder- und Oberösterreich die Nachfolge an und wurde zum böhmischen König gewählt. Er hatte bereits in der Steiermark, Kärnten und Krain die Durchsetzung der Gegenreformation und des fürstlichen Absolutismus mit voller Härte eingeleitet. Nach der Übernahme der Herrschaft in den übrigen Territorien waren Auseinandersetzungen unausweichlich.

Dass die Vertreter des Königs Wilhelm Slavata und Jaroslaw Martinitz, von dem sich auch die Clam-Martinitz auf Schloss Clam herleiten, am 23. Mai 1618 aus dem Fenster der Prager Burg geworfen wurden, gab den Anlass zu jenem Krieg, den wir heute als Dreißigjährigen Krieg kennen. Dass sie den 25 Meter hohen Fall nahezu unverletzt überstanden, war weder schützenden Engeln oder einem weichen Misthaufen zu verdanken, sondern der schräg abfallenden Schlossmauer, an der sie sich festkrallen konnten.

Als sich in Prag die protestantischen Stände erhoben, den König als "Feind der böhmischen Freiheit" für abgesetzt erklärten, den Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz für einen Winter zum böhmischen König machten und der siebenbürgische Fürst Gábor Bethlen jene Teile Ungarns besetzte, die noch nicht unter türkischer Herrschaft standen, schien Ferdinands Position zu wanken.

Der Gegenkönig Friedrich von der Pfalz unternahm wenig, um seine Königswürde abzusichern. Ferdinand wurde von den Kurfürsten einstimmig zum deutschen König gewählt, überraschenderweise auch mit der Stimme des pfälzischen Vertreters. Nun konnte er über den Pfälzer die Reichsacht verhängen und gegen die aufständischen Fürsten vorgehen. Dem Herzog von Bayern wurde für seine Unterstützung die pfälzische Kurfürstenwürde übertragen und Oberösterreich verpfändet.

Ferdinands Sieg in der Schlacht am Weißen Berge bei Prag am 8. November 1620 war ein vollkommener. Der Kampf dauerte nur zwei Stunden. Selten war in so kurzer Zeit eine so wichtige Entscheidung erreicht worden. Sie bedeutete für die böhmisch-österreichische Ländergruppe den Durchbruch des landesfürstlichen Absolutismus und der katholischen Gegenreformation. Die aufständischen böhmischen Adeligen wurden enteignet und ihre Schlösser an Ferdinands Getreue verteilt. 1621 folgte das Blutgericht auf dem Altstädter Ring. 27 böhmische Führer wurden hingerichtet. Friedrich wurde auf das Linzer Schloss verbannt, wo er in den Redoutensälen dem Tennisspiel nachgehen konnte. Böhmen wurde zum habsburgischen Erbkönigtum.

In Oberösterreich, das Ferdinand "als Nest allen Unheils" betrachtete, folgte das Blutgericht im Jahr 1625. Im sogenannten Frankenburger Würfelspiel wurden siebzehn Bauernführer per Los exekutiert. Nach der Niederwerfung des großen Bauern- und Bürgeraufstands wurden die Anführer gehenkt und gevierteilt. Geschätzte 100.000 Evangelische wurden aus den Erblanden vertrieben oder wanderten aus. Innerhalb weniger Jahrzehnte wurde der Protestantismus in den böhmisch-österreichischen Ländern völlig verdrängt und konnte sich nur in Randlagen und im Verborgenen halten. In das Aristokratenviertel hinter die Prager Burg wurde als Siegeszeichen die Loretto-Kirche gesetzt. Allerdings war der Krieg damit nicht zu Ende. Es mischten sich neue Gegner ein: die Niederländer, die Dänen, die Schweden, die Franzosen.

Seine militärischen Erfolge hatte Ferdinand vor allem seinen Generälen Johann T’Serclaes von Tilly und Albrecht von Wallenstein zu danken. Der dänische König Christian IV., als Herzog von Holstein auch Reichsfürst und Oberster des niedersächsischen Reichskreises, wurde besiegt. Wallenstein wurde mit dem Herzogtum Mecklenburg belehnt.

Auf dieser Höhe seiner Macht erließ Ferdinand am 6. März 1629 das Restitutionsedikt, mit dem der katholischen Kirche alle seit 1555 verweltlichten Fürsterzbistümer, Fürstbistümer und Klöster zurückerstattet werden sollten. Das war formalrechtlich zwar statthaft, weil die Säkularisierung gegen den Augsburger Religionsfrieden verstoßen hatte, politisch aber ein schwerer Fehlgriff, da er nicht nur alle Nutznießer der Säkularisierung gegen sich hatte, sondern auch die katholischen Stände und ausländische Mächte sein absolutistisches Streben fürchteten. Wallenstein sagte: "Die Katholischen haben Angst vor der Monarchie, die Evangelischen vor dem Verlust der ehemals katholischen Güter."

Da Wallenstein zu mächtig geworden war, wurde er 1630 abgesetzt: sicher einer der schwersten Fehler Ferdinands. Als der schwedische König Gustav Adolf 1631 daraufhin ungehindert von der Ostsee bis ins Rheinland und nach Bayern durchmarschieren konnte und Tilly 1632 fiel, wurde Wallenstein zurückgeholt. Aber das Vertrauen war verspielt. Wallenstein konnte zwar wieder Erfolge erzielen. Nach der Schlacht bei Lützen (16. 11. 1632), bei der Gustav Adolf das Leben verlor, schien Wallenstein Herr der Lage. Aber 1634 wurde Wallenstein erneut abgesetzt und unter niemals geklärten Umständen in Eger ermordet. Mit dem Sieg der Kaiserlichen bei Nördlingen und dem Frieden von Prag schien der lange Krieg 1635 mit einem Kompromiss beendet. Im Prager Frieden von 1635 suchte Ferdinand den Ausgleich mit den Reichsständen, konnte damit den Krieg aber nicht beenden, weil es nicht gelang, die ausländischen Mächte daran zu hindern, ihre Interessen auf dem deutschen Kriegsschauplatz weiterzuverfolgen.

Zwei Jahre später starb Ferdinand II. In seinen Erblanden hatte er gesiegt. Im Reich war er gescheitert. Der Krieg ging noch elf Jahre lang weiter. Alle zahlten für den Krieg mit einer lang anhaltenden Wirtschaftskrise. Die Erblande verloren durch die Auswanderung und Vertreibung der evangelischen Intelligenz und die Vernichtung wertvollen Buchwissens für lange Zeit den Anschluss an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt. Der Dreißigjährige Krieg war einer der verlustreichsten Kriege der Geschichte. Er wurde durch Steuern, Requirierungen und Münzverschlechterungen finanziert. Es galt die Maxime "Der Krieg ernährt den Krieg".

Der Westfälische Friede beendete das Ringen. Der habsburgische Traum, dem Deutschen Reich eine absolutistische Verfassung aufzuzwingen, war gescheitert. In Deutschland siegte die regionale Vielfalt. Die Habsburger wurden nach Osten abgedrängt und auf ihre Erblande reduziert, die sie mit den Eroberungen in den Türkenkriegen des nächsten halben Jahrhunderts zur Großmacht ausbauen konnten.

mehr aus Geschichte

Otto – Habsburger, Österreicher, Europäer

Eine kleine Geschichte des Friedens

Kaiser Karl – der Erste und Letzte

Warum der Heilige Florian Oberösterreichs Landespatron ist

Autor
Roman Sandgruber
Roman Sandgruber
Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen