Alternativer geht's nicht: Die etwas andere Kantine
Das "Behrens Koch Kolektiv" in der Linzer Tabakfabrik ist einfach perfekt imperfekt und städtischer Genuss pur.
Ein Restaurant darf man sich nicht erwarten. Es ist auch kein Gasthaus. Was in der zum urbanen Zentrum umgewandelten Tabakfabrik in Linz kulinarisch stattfindet, ist Stadtkultur pur.
Es wird frisch gekocht, wie daheim. Wie zu Hause gibt es keine Speisekarte. Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt. Das sind immerhin zwei Gerichte, eines vegetarisch oder vegan, eines kann Fleisch enthalten. Vorspeisen oder Suppen gibt es nicht. Ungefähr einmal die Woche wird Kuchen gebacken.
Man sitzt an zusammengewürfeltem Mobiliar an langen Tischen. Man setzt sich einfach dazu. Essen und Trinken holt man selbst. Als Draufgabe gibt es denkmalgeschütztes Fabrikambiente pur. Die "Tschickbude" hat Peter Behrens in den 1930er-Jahren entworfen. Darum heißt die Speisestätte "Behrens Koch Kolektiv" (ausdrücklich mit einem "l").
Betreiberin Elisabeth "Lisi" Mayr und ihr Team kochen in der ehemaligen Lösehalle auf. Dies in bestem boboeskem Stil. Bobos, wie die Marktforscher sie nennen, sind Bourgeois-Bohemians. Das sind städtische, umweltbewusste Menschen, denen Genuss wichtig ist.
In der Tabakfabrik gibt es Firmen und andere Initiativen, deren Proponenten Hunger haben. Langsam sickern auch "die von außerhalb" ein. Hauptspeisen kosten fünf bis sieben Euro. Salate werden im Einweckglas ausgegeben. Das Graupen-Risotto mit mariniertem Feta und Rucola ist optisch perfekt. Leider war es in Tomatensauce ertränkt und scharf, was nicht auf der Speisekarte (eine mit Kreide beschriftete Tafel) stand. Wie gut, dass es in Stücke geschnittenes, türkisches Fladenbrot ohne Aufpreis gibt.
Graupenrisotto mit mariniertem Feta
Der Karotten-Apfel-Salat war fein geraffelt und so abgeschmeckt, dass Apfel und Karotte ihre perfekte Vermählung bekannt gaben. Die kreolische Hühnerbrust mit Reis ist eine originelle Idee. Die kreolische Sauce war gut. Die Hühnerbrust fristete ein trockenes Dasein.
Kreolische Hühnerbrust mit Reis und Karotten-Apfel-Salat
Zweiter Besuch, eine Woche später. Die Kürbislasagne war um 12 Uhr noch nicht fertig. Die Kürbis-Cannelloni mit Paradeisersalat schon. Die Portion war g’schmackig, aber zu wenig.
Kürbis-Cannelloni mit Paradeisersalat
Angerichtet wird, indem die Portion rustikal auf den Teller geklatscht wird. Mit übertriebener Freundlichkeit hält man sich auch nicht auf.
Trotzdem: frisch gemachtes Essen ohne Glutamat ist fein. Auch die selbstgemachte Ingwerlimonade erfreut. Und erst das Ambiente... mit klassenkämpferischen Retro-Plakaten, Fritz-Kola und Wostok-Limonade.
Behrens Koch Kolektiv
Kategorie: Gasthaus
Peter-Behrens-Platz 10,
4020 Linz, 0664/79 84 347
Mo. - Fr. 9 bis 23 Uhr, Essen bis 12-15 Uhr
Bewertung: Vier von Sechs Kochlöffeln
So werten wir: Sechs Kochlöffel kann ein Gasthaus, ein gutbürgerliches Restaurant und ein Luxusbetrieb erhalten. Wir bewerten die Küchenleistung in den jeweiligen Kategorien. Getestet wird anonym.
Info Mal drei
1 Ambiente: Chefin Elisabeth Mayr hat das berückend-bezaubernde Industrieambiente der Behrens-Fabrik um Flohmarkt-Alltags-Gegenstände, die man kaufen kann, ergänzt.
2 Service: Selbstbedienung heißt das Zauberwort.
3 Gastgarten: Man nützt den Innenhof der Tabakfabrik. Ein bepflanzter Palettenturm und begrünte Baustoff-Säcke bringen Flair.
Koch Kolektiv im Netz: www.behrens-kueche.at