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Der Sklave der eigenen Vielfalt

Von Von Karin Schütze, 05. Jänner 2009, 00:04 Uhr
Der Sklave der eigenen Vielfalt
Einer und alle zugleich: Klaus Maria Brandauer Foto: Nick Mangafas Bild: linz09

Ausdrucksstark hinterließ die Uraufführung von Michel van der Aas Musiktheater-Projekt „Das Buch der Unruhe“ als erste Linz09-Produktion in der neuen Hafenhalle09 mit Klaus Maria Brandauer und dem Bruckner Orchester am Freitag tiefgehende Eindrücke.

„Für mich denkt, redet, handelt stets einer meiner Träume, in dem ich mich im entsprechenden Augenblick verkörpere. Ich rede, und ein anderes Ich spricht“, lässt Fernando Pessoa den Hilfsbuchhalter Bernardo Soares sagen, Hauptfigur in „Das Buch der Unruhe“ wie eines der zahlreichen Alter Egos des portugiesischen Autors, der sich einmal als „Sklave der Vielfältigkeit seiner selbst“ bezeichnet hat.

Komponist und Regisseur Michel van der Aa hat Textauszüge, Filmsequenzen und Musik zu einer eindrucksvollen, symbolträchtigen Inszenierung verwoben, die zwar keine leichte Kost ist, aber in sich stimmig zu packen vermag.

Genial in seiner vielschichtigen Symbolik, wirkt das Bühnenbild von Marc Warning wie eine einzige, große Metapher für das Lebensgefühl der in sich zerrissenen Hauptfigur, wie sie Pessoa in seinem in den 30er-Jahren verfassten, doch erst fünfzig Jahre später veröffentlichten Schlüsselwerk der Moderne in Worte gefasst hat.

Fünf Kreise, die sich ineinanderschieben, wieder auseinanderdriften, erinnern an Planeten eines Universums, in dessen Mittelpunkt Soares um seine Existenz kreist. Sie dienen als Projektionsfläche für die vielen Alter Egos in den einzelnen Filmsequenzen, die großteils mit Brandauer selbst in Lissabon gedreht wurden, wie als Percussion-Element. Teils scheinen die Scheiben in ein schwarzes Nichts getaucht. „Ich bin der Mittelpunkt, umgeben von allem, umgeben von nichts“, rezitiert Brandauer. Oder: „Zwischen mir und dem Leben ist eine dünne Glasscheibe.“ Nicht minder symbolkräftig sind die einzelnen Bilder: Fassaden der Lissabonner Altstadt, hinter denen man den Grübler vermutet, der sagt: „Ich lebe und wohne in den Häusern ihrer Persönlichkeiten.“

Schier endlose Wendeltreppen, die in seelische Tiefen zu führen scheinen. Ein Meer aus Papierschiffchen, gefaltet aus den Texten eines sich schreibend über Wasser Haltenden. Wie eine Traumgestalt wirkt Ana Moura mit ihrem von Melancholie getränkten Fado.

Musik gewordene Unruhe

„Eine Aureole der Kälte, ein Nimbus des Eisigen umgibt mich und stößt andere ab.“ Nervös fröstelnd, wandelt Brandauer zwischen seinen Alter Egos, auf der Bühne wie im Film, und trifft dabei den Punkt, an dem Angst in unterschwellige Aggression, eine Art Weltekel, kippt.

Immer wieder geht er, wie magisch angezogen, zum Orchester, als würde er wie ein Fremder den inneren Stimmen seiner Seele lauschen. In Van der Aas Kompositionen wird die Unruhe Musik. Dirigent Dennis Russell Davies und Musiker des Bruckner Orchesters verwandeln sie präzise in einen spannungsgeladenen Klangfluss, der anschwillt, wieder verebbt. Schwer zu sagen, wann die Spannung größer ist: in der Musik oder den Momenten beklemmender Stille.

Etwas still war es zunächst auch in der Hafenhalle (mit guter Akustik!). Erst nach kurzem Innehalten quittierte das Publikum die rund 80 intensiven Minuten mit kräftigem Beifall.

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