"Der Glykolskandal für die Fahrzeugindustrie"
LINZ. OÖN-Branchentalk: Oberösterreichs Fahrzeugindustrie über die Dieselaffäre, eFuels und autonomes Fahren.
"Die Mobilität und damit die Fahrzeugindustrie werden sich in den nächsten zehn Jahren stärker verändern, als sie das in den vergangenen 30 Jahren getan haben", sagt der Chef von BMW Steyr, Christoph Schröder, im Rahmen des OÖN-Branchentalks zum Thema Fahrzeugindustrie. Bei der gemeinsamen Veranstaltung mit der Sparte Industrie der Wirtschaftskammer diskutierte Schröder mit Rosenbauer-Vorstandschef Dieter Siegel und MAN-Vorstand Karl-Heinz Rauscher, der auch Obmann der Fahrzeugindustrie in der WKO Oberösterreich ist.
40 Mitgliedsbetriebe umfasst die Gruppe der Fahrzeugindustrie in Oberösterreich. Knapp 15.000 Mitarbeiter erwirtschafteten 2017 einen Umsatz von 8,1 Milliarden Euro, 85 Prozent davon durch Exporte.
Für heuer rechnet MAN-Vorstand Rauscher mit einem Plus von drei bis vier Prozent. Die Auftragsbücher seien bei den meisten Betrieben voll, aber die Dynamik des Geschäfts habe nachgelassen.
Tatsächlich ist die Branche mit einigen Unwägbarkeiten konfrontiert. Das reicht von den Handelskonflikten zwischen den USA und Europa sowie China, bis zum Brexit und nicht zuletzt dem Dieselskandal.
Wobei die Manager den Diesel noch lange nicht abschreiben. "Der Dieselskandal war vielleicht der Glykolskandal der Autoindustrie", sagt Siegel und erinnert an den Skandal 1985, aus dem die österreichischen Weinbauern gestärkt hervorgegangen sind. "Die neue Generation der Dieselmotoren ist schon jetzt so sauber wie noch nie und hat eine deutlich geringere Schadstoffbelastung", sagt Schröder.
Dass die Elektromobilität an Bedeutung gewinnt, erwarten alle Auto-Spezialisten. "Wir haben unter unseren Kunden viele Kommunen, die auf E-Mobilität drängen, auch deshalb, weil die Fahrzeuge leiser sind", sagt Rosenbauer-Chef Siegel. Bei MAN sei die Nachfrage nach den jüngst vorgestellten Klein-Lkw sehr gut, sagt Rauscher. Vor allem für Verteilerfahrzeuge mit geringer Reichweite seien die Fahrzeuge ideal.
Alternative eFuels?
BMW-Manager Schröder ist der Ansicht, dass sich E-Mobilität ohne Incentives oder Regeln wie Fahrverboten in Städten nicht so schnell durchsetzen wird. Preis, Lademöglichkeit und Reichweite seien nach wie vor relevante Fragen. "Es gibt auch Studien, wonach sich der Elektroantrieb bei Schiffen, Fernverkehr und Flugzeugen nicht so schnell durchsetzen wird. eFuels (synthetische Kraftstoffe, die man mittels Strom aus Wasser und Kohlendioxid herstellt; Anm.) könnten eine langfristige Perspektive und eine sinnvolle Ergänzung zur Elektromobilität mit einem entsprechend positiven Effekt auf CO2- und Schadstoffemissionen sein, vor allem in heißen Regionen der Welt, wo dann auch Arbeitsplätze geschaffen werden könnten", sagt Schröder. Es gebe Erhebungen, wonach man einen Liter eFuel um 0,90 bis 1,10 Euro herstellen könnte.
Vergleichsweise gut geht es der Branche, was die Suche nach Mitarbeitern angeht. Die Autoindustrie hat ein gutes Image, auch bei jungen Leuten, die eine Lehre machen wollen. "Wir haben bei den Auszubildenden auch schon einen steigenden Frauenanteil, der derzeit bei 20 Prozent liegt", sagt Schröder. Wichtig wäre laut Rauscher außerdem, mehr AHS-Maturanten zu einer Lehre in einem technischen Beruf zu bewegen. Die Mischung aus Allgemeinbildung und technischem Know-how wäre in vielen Firmen willkommen.
Die deutlichsten Veränderungen erwarten die oberösterreichischen Manager durch das autonome Fahren. "Dies wird die Gesellschaft nachhaltig verändern", sagt Rauscher. Im Transportwesen werden etwa Arbeitsplätze wegfallen. Und Schröder erwartet, dass mit dem Komfortgewinn vor allem auf der Autobahn das Bedürfnis nach autonom fahrenden Autos steigen wird.
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> eFuels (synthetische Kraftstoffe, die man mittels Strom aus
> Wasser und Kohlendioxid herstellt; Anm.)
Hä?