Volkspartei schrumpft zu Landpartei

Selten haben kommunale Wahlen so viel überregionales Interesse ausgelöst und nationale Strategien hinterfragen lassen wie jene in Salzburg und Innsbruck. Trotzdem sind einige wichtige Aspekte noch unterbelichtet geblieben.

Seit der Landtagswahl 2021 in Oberösterreich ist die Beteiligung bei allen Abstimmungen gestiegen: Das gilt für die regionalen Entscheidungen in Tirol (plus 5 Prozentpunkte auf 65 Prozent), Niederösterreich (+5 auf 72 %), Kärnten (+3 auf 72 %), Salzburg (+6 auf 71 %) wie die hauptstädtischen an Salzach (+6 auf 54 %) und Inn (+10 auf 60 %). Trotz aller aktuellen Gefährdungen der Demokratie, wie wir sie kennen: Es gibt einen erfreulichen Trend zur Ausübung des Wahlrechts.

Die genussvolle Zelebration der krachenden kommunalen ÖVP-Niederlagen fand keine proportionale Entsprechung für kleine SPÖ-Erfolge. In Salzburg blieb Bernhard Auinger sogar nach Rückeroberung des Bürgermeistersessels im Medien-Schatten von KPÖ-Aufsteiger Kay-Michael Dankl. In Innsbruck wurde kaum beachtet, dass Elli Mayr den Stichwahlfavoriten der FPÖ fast noch von Platz drei verdrängt und den Parteirückstand auf die führenden Grünen von 14 auf fünf Prozentpunkte verringert hat. Trotz Einstiegs der KPÖ mit sieben Prozent und weiterer Links-links-Konkurrenz. Das kommunistische Franchise-Modell funktioniert auch ohne charismatische Leitfigur. Jenes der Neos hingegen nicht.

Zusätzliche Spannung in Richtung Nationalratswahl entsteht dadurch, dass die FPÖ nach ihrem vorjährigen Aufstieg in die Landeskoalitionen für Niederösterreich und Salzburg nun in beiden Städten einen Dämpfer erhielt. Auch ihr neues Merkmal der Überbewertung in Umfragen darf sie verunsichern, während die Grünen trotz ihrer Verluste in Innsbruck erstmal seit langem wieder einen Silberstreif am Horizont sehen. Wie sehr oder ob überhaupt die aktuellen U-Ausschüsse, der Spionage-Skandal und die Bundespolitik die Stadtwahlen im Westen beeinflusst haben, ist aber pure Spekulation.

Deutlich konkreter hingegen sind die Auswirkungen auf die regionale und urbane Aufstellung der ÖVP. In Innsbruck hat sich Ex-Staatssekretär Florian Tursky als heimliche Landeshauptmann-Reserve vorerst disqualifiziert. Die Volkspartei verfügt in diesem Stammland aktuell über niemand, der sich dafür aufdrängt. Die vermeintliche Notlösung Anton Mattle hat bundesweit überraschend schnell Gewicht gewonnen und wird wohl auch 2027 wieder antreten. Unterdessen stellt die Bürgermeisterpartei ÖVP in den Landeshauptstädten nur noch einen Gemeindechef – im 16.000 Einwohner zählenden Eisenstadt.

Ihre einzigen Bastionen mit mehr als 30.000 Ansässigen sind Dornbirn, Wiener Neustadt und Feldkirch. Eines der größten türkisschwarzen Probleme ist der Verlust an urbaner Attraktivität und Kompetenz. Der Wiener Sebastian Kurz hat wie bei so vielem auch darüber kurz hinweggetäuscht.

Peter Plaikner ist Politikanalyst und Medienberater mit Standorten in Tirol, Wien und Kärnten.