Rechnungshof warnt: Für Pflege fehlen Planung, Finanzierung und Personal
WIEN/LINZ. Großer Teil der Leistungen kann bald nicht mehr durch Angehörige erbracht werden.
"Österreich ist auf die demographischen Veränderungen in Bezug auf die Pflege nicht ausreichend vorbereitet", stellt der Bundesrechnungshof (RH) in einem am Freitag veröffentlichten Bericht fest. Es fehlt an einer Gesamtstrategie für die Entwicklung von Pflegeleistungen, in den kommenden Jahrzehnten wird deutlich mehr Personal benötigt werden. Denn die Angehörigen von Pflegebedürftigen, die derzeit noch einen großen Teil der Pflegeleistungen erbringen, werden dies in Zukunft in diesem Maß nicht mehr bewältigen können.
Auf die pflegenden Angehörigen geht der Rechnungshof im Besonderen ein. Ein "gutes Drittel" aller Pflegeleistungen werde durch sie erbracht, meist durch Familienmitglieder im Alter von 50 bis 64 Jahren. "Im Jahr 2020 liegt das Verhältnis von Personen dieser Altersgruppe (50 bis 64) zu Personen ab 80 Jahren bei vier zu eins", schreibt der RH, und prognostiziert: "Bis zum Jahr 2060 wird sich dieses Verhältnis drastisch verändern. Eine Person über 80 Jahre wird dann nur noch auf rund 1,6 potenziell Pflegende kommen." Die Folgerung: Das Pflegeangebot müsse deutlich erweitert werden.
Ein Drittel privat bezahlt
Bisher fehlte auch eine österreichweit vollständige Statistik, was Pflege kostet. Der RH erstellte eine solche Rechnung auf Basis verfügbarer Zahlen von 2016. Demnach wird auch ein Anteil von rund einem Drittel, 2,9 Milliarden Euro pro Jahr, "privat" abgedeckt, durch Eigenbeiträge, aber auch durch die zu bewertenden privaten Leistungen.
- Massive Unterschiede stellte der RH bei der Pflege zwischen den Ländern fest. So wurden (Stand 2018) in Kärnten für einen Heimtag (Pflegestufe 4) 98 Euro verrechnet, in Wien 143 Euro. Oberösterreich lag mit rund 107 Euro im Schnitt. Die Personal-Mindestausstattung für ein 71-Betten-Heim variiert zwischen 22 Bediensteten (Burgenland) und 45 (Wien). Für mobile Dienste sind im Schnitt zwischen 10,60 (Wien) und 21,75 (Steiermark) Euro an Eigenleistung pro Stunde zu bezahlen. In Oberösterreich ist der Schnitt 11,80 Euro pro Stunde.
Insgesamt errechnete der RH Pflegekosten von 7,9 Milliarden Euro jährlich, der größte Anteil (3,4 Milliarden) wird für die Pflegeheime verwendet (siehe Grafik). Der RH kritisiert, dass Kosten sowie Herkunft und Verwendung der Mittel zwischen den Akteuren – Bund, Länder, Gemeinden – nicht systematisch erfasst werden. Bund und Länder gehen auch nur "eingeschränkt koordiniert" vor, kritisiert der RH. "Deutlich" würden dabei auch Unterschiede in der Pflegeversorgung, das betrifft Angebot an Heimplätzen, Kosten pro Person für die Versorgung und auch die Personalausstattung. Das Pflegeangebot müsse daher deutlich erweitert werden. Nötig wären dazu eine bundesweit abgestimmte Bedarfsprognose sowie die Erarbeitung einer Gesamtstrategie zur Weiterentwicklung der Pflegedienstleistungen – und ein nachhaltiges Finanzierungssystem.
Er sehe "Rückenwind" für seine Reformvorhaben, reagierte Sozialminister Rudi Anschober (Grüne) auf den Bericht. Als Beginn liege nun "eine unabhängige Analyse auf dem Tisch". Im Mittelpunkt stehe, dass eine gemeinsame Bund-Länder-Steuerung, gemeinsame Standards und eine gemeinsame Finanzierung benötigt würden. Genau dies, eine "Pflege aus einem Guss", strebe er an.
"Pflege statt Steuersenkung"
Zum Thema Pflege meldete sich auch der Linzer SP-Bürgermeister Klaus Luger zu Wort. Er forderte die Bundesregierung auf, auf die im Regierungsprogramm geplante Senkung der Körperschaftssteuer zu verzichten: Statt der errechneten 1,5 Milliarden Euro Mindereinnahmen solle diese Summe in die Pflege investiert werden, laut Luger könne dies 30.000 Arbeitsplätze für Pflegepersonal bringen. Das sei "einfach und pragmatisch".
Der Rechnungshofbericht als PDF-Datei:
http://www.msn.com/de-at/nachrichten/inland/wenn-rum%c3%a4ninnen-in-%c3%b6sterreich-pflegen/ar-BBZjrZN?ocid=ientp
Wenn Rumäninnen in Österreich pflegen.
"Ich hatte Schmerzen, Tränen und die Hoffnung, dass es morgen besser wird", sagt Vasilina Ciobanu. Die 62-jährige Rumänin ging zehn Jahre lang als Altenpflegerin ins Ausland. Sie verdiente zwar das Dreifache, hatte aber Heimweh und musste ihre Kinder zurücklassen. Während diese Pflegerinnen in Österreich gebraucht werden, leiden ihre Familien in der Heimat. Dort nimmt die Altersarmut weiter zu.
Aktuell 12 (!) Kommentare zu einem Thema das ALLE betrifft. Es schaut also nicht nur die Politik weg...
offensichtlich hast du leider recht 😭
Die wenigen Kommentare dürften auch darauf zurückzuführen sein, dass derartige
Artikel, die kein "flauschig- rosarotes Bild der dauerlächelnden, händehaltenden Pflegerin"
zeigen, nur extrem kurz in der Online-Version der OÖNachrichten aufscheinen.
Ein Schelm, wer denkt, die, wie auch immer geartete, Nähe zum Landhaus hätte
damit etwas zu tun.
Das stimmt leider, denn ich hatte Mittag in meiner privaten Facebook Pflegegruppe auf Nachrichten.at verwiesen, aber der Artikel war bereits versteckt. Also musste ich den Artikel direkt verlinken. Da berichtet sogar die Krone mehr über den Pflegenotstand in Oberösterreich, der von der ÖVP und ihren Medien bewusst vertuscht wird.
Das Wahlkampfzuckerl der SPÖ, wo der Pflegeregress angeschafft worden ist, nur weil Kern in den Umfragen gefallen ist, und obwohl die Finanzierung nicht klar ist, wird noch den einen oder anderen Finanzminister überfordern.
@SPOE: Überfordert den Finanzminister auch die jährliche Milliarden-Steuersenkung für die Wirtschaft?
Oder muss diese Milliardenschwere Steuersenkung für die Wirtschaft gemacht werden, weil die ja nicht umsonst spenden!!!
Wie man bei dieser Steuersenkung für die Wirtschaft sieht, ist Geld genug vorhanden. Die dafür verantwortlichen Politiker bräuchten es nur RICHTIG einsetzen.
Die geburtenstarken Jahrgänge werden ganz bald in Pension gehen (Babyboomer und Generation X), dann kommt erst der echte Notstand.
Die Politik verdrängt dieses Thema... jeder weiß das, aber das ist sauteuer und mit diesem Thema gewinnt man keine Wahl.
Das kolportierte Ausländerthema ist im Vergleich wahrscheinlich eine peanut gegen die Milliarden, die da auf uns zurollen.
In Wien gabs ja schon mal in den 70ern eine Flut an Philippininnen für die Pflege, wer weiß wie viele Kräfte wir dann aus dem Ausland brauchen. Wenn es dann so weit ist, ists zu spät...
....“mit diesem Thema gewinnt man keine Wahl.“
Das würde ich so nicht sagen! Wenn sich eine Partei ehrlich dieses Themas annimmt, wissen das die Wähler (jung und alt!) sicher zu honorieren!
da fällt mir gleich etwas ein. Ehrlich ist spürbar, in der jetzigen Leitung des Gesundheitsministerium.
ÖVP-Chef Sebastian KURZ hat ja im ORF selber gesagt, dass das schon immer so ist in Österreich.
Er sagte auch dazu: "Das System habe ja nicht ich erfunden"
Ja, da da war die ÖVP bisher ja taub und blind auf beiden Ohren und Augen.
Hauptsache die Politiker und Beamten haben ihre Supeprivilegien, für den Rest der Bevölkerung hatten sie bisher wenig Verständnis und Gehör!
Dass das ihre Hauptaufgabe wäre, tangierte die ÖVP bisher nicht!
Hauptsache es gibt genug Steuergelder für ihre Freunderl!
Der neue Sparefroh erzählt ebenso gerne G‘schichterln, wie einst das Original.
„Sparen im System“
und, und erneut schlugen die Herzen höher, mit einem "Jahrhundertprojekt"! Mit „Sparen“ lässt sich alles gut verkaufen, vor allem Umbauten durchs Hintertürl. Die ÖGK-„Patientenmilliarde“ ersetzt den Stehkalender, die Dienstgebervertreter viele der Arbeitnehmervertreter.
Wir Altenpfleger haben bereits 2018 verstärkt auf den Pflegenotstand hingewiesen. Mittlerweile sind viele aufgrund der steigenden Arbeitsbelastung einfach ausgebrannt und werden im Alter frühzeitig selbst zum Pflegefall. Ein Teufelskreis dessen Dimension die Politik nicht erfassen kann oder will...
Die demographische Entwicklung war
ja jetzt nicht völlig unvorhersehbar
und Warnungen und Hinweise bezüglich
des drohenden Pflegenotstandes kommen
von Seiten Pflegender schon seit Jahrzehnten
und wurden oftmals als unnötige Hysterie
abgetan.
Die Menschen, die direkt betroffen sind, wissen,
wo es hapert : am Willen der Politiker,
das nötige Geld in die Hand zu nehmen.
Schreibts doch dazu, wer zum überwiegenden Teil die pflegenden Angehörigen im Alter von 50-64 sind... Es sind die Frauen! Durch die Anhebung des Pensionsalters wird sich die Situation nochmal verschärfen. Die für den Staat sehr praktische unbezahlte Arbeit wird wegfallen.