Österreichs erste Regierungschefin seit Maria Theresia
WIEN. Brigitte Bierlein wird Österreich in den nächsten Monaten auch im Europäischen Rat vertreten.
239 Jahre hat es gedauert, bis Österreich wieder von einer Frau regiert wird. Brigitte Bierlein wird die erste Frau an der Spitze des Staates seit der 1780 verstorbenen Maria Theresia sein. Nie hat es seit damals eine Kanzlerin oder Bundespräsidentin gegeben.
Bierlein ist die 14. Person an der Spitze der Bundesregierung, wenn man von Hartwig Löger (VP) absieht, der die Geschäfte des Bundeskanzleramts wegen der Regierungskrise derzeit nur vorübergehend führt. Am kürzesten waren Bierleins Vorgänger, Sebastian Kurz (VP, 525 Tage) und Christian Kern (SP, 580 Tage), im Amt. Mit 4781 Tagen diente Bruno Kreisky (SP) in den 1970er- und 1980er-Jahren am längsten als Kanzler.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hatte in seinen Reden in den vergangenen Tagen schon angedeutet, dass die Wahrscheinlichkeit für einen erstmals weiblichen Regierungschef groß ist. Österreich galt bis zuletzt als Nachzügler in Europa, was Frauen in politischen Spitzenpositionen betrifft.
Thatcher, Merkel, Riess-Passer
So hatte etwa Großbritannien schon von 1979 bis 1990 mit Margaret Thatcher eine Premierministerin. In Frankreich regierte Édith Cresson Anfang der 1990er-Jahre, wenn auch nur für ein Jahr. Deutschlands aktuelle Bundeskanzlerin Angela Merkel ist seit 2005 im Amt. Auch in anderen Ländern wie Norwegen, Island und Slowenien gab oder gibt es Frauen an der Staats- oder Regierungsspitze.
Bierlein wird Österreich in den kommenden Monaten im Europäischen Rat vertreten. Dort wird sie neben Merkel aber bald die einzige Frau sein. Denn die britische Premierministerin Theresa May hat im Brexit-Chaos ihren Rückzug angekündigt. Die litauische Präsidentin Dalia Grybauskaite konnte nach zwei Amtsperioden bei der jüngsten Wahl nicht mehr kandidieren. Und Rumänien, wo Viorica Dancila Ministerpräsidentin ist, wird bei EU-Gipfeln von Präsident Klaus Johannis vertreten.
Eine Vizekanzlerin gab es in Österreich schon: Susanne Riess-Passer (FP) von 2000 bis 2003. Die erste Landeshauptfrau war die Steirerin Waltraud Klasnic, die 1996 in ihr Amt kam. Als erste Nationalratspräsidentin agierte die Oberösterreicherin Barbara Prammer (SP) von 2006 bis zu ihrem Tod 2014.
Schon länger üblich ist in Österreich, dass Frauen Regierungspositionen einnehmen. Die erste war Grete Rehor, die 1966 in der VP-Alleinregierung von Josef Klaus Sozialministerin wurde.
Schwer tun sich Frauen in Interessenvertretungen. In Wirtschafts- und Landwirtschaftskammer, Gewerkschaftsbund und Industriellenvereinigung gab es bisher keine weibliche Vorsitzende. Vorreiterin ist die Arbeiterkammer mit Präsidentin Lore Hostasch in den 1990er-Jahren und aktuell mit Renate Anderl an der Spitze.
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