Israelischer Minister empört über Mitterlehner

WIEN. Vizekanzler verzichtete auf Treffen in Ost-Jerusalem. Minister Akunis: "Österreich wird Jerusalem nicht teilen".
Es sollte eine routinemäßige Dienstreise werden, heraus kam ein außenpolitischer Tumult.
Heute wollte Vizekanzler und Wissenschaftsminister Reinhold Mitterlehner (VP) nach Israel reisen, um dort unter anderem eine wissenschaftliche Kooperation zu unterschreiben. Die Reise wurde – wie die OÖNachrichten bereits gestern exklusiv berichteten – kurzfristig abgesagt, weil Israels Wissenschaftsminister Ofir Akunis auf der Vertragsunterzeichnung in Ost-Jerusalem bestand. Dieser Ort ist aus österreichischer bzw. EU-Sicht besetztes Gebiet. Politische Treffen sind dort für die EU tabu.
Auf die Absage durch Mitterlehner reagierte sein israelischer Amtskollege am Freitag empört. "Österreich wird Jerusalem nicht teilen", sagte Akunis, der dem rechten Flügel der Likud-Partei von Regierungschef Benjamin Netanyahu angehört: "Entweder das Treffen findet in Ostjerusalem statt – oder es findet nirgendwo statt."
Die österreichische Seite versucht nun, den Eklat herunterzuspielen. Ein Sprecher Mitterlehners nennt offiziell als Grund für die Reiseabsage "Terminprobleme".
"Besetztes Gebiet"
Mitterlehners Entscheidung basiert auf der langjährigen Praxis von EU-Politikern. Die Annexion Ost-Jerusalems durch Israel ist von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannt worden. Ost-Jerusalem gilt völkerrechtlich als "besetztes Gebiet". Die EU hat wiederholt erklärt, dass sie Änderungen der sogenannten Grenzen von 1967 nur anerkennen wird, wenn dies das Ergebnis von bilateralen Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern sein sollte.
Österreichischen Diplomaten war die Schwierigkeit mit dem Treffpunkt von vornherein klar. Daher bemühten sich Experten um einen neutralen Treffpunkt in West-Jerusalem. Doch der 42-jährige Akunis, ein Hardliner, beharrte auf der Begegnung im Ostteil.
"Auch Wien ist nicht geteilt"
In einem Kommuniqué ließ er verlauten: "Ich respektiere Österreich, aber wenn ich die Forderung der Gäste akzeptiert hätte, wäre das so gewesen, als hätte ich die Teilung Jerusalems akzeptiert. Wir werden Jerusalem nicht teilen, genauso wie die Österreicher Wien nicht teilen werden."
Ein anderer hochrangiger Termin Mitterlehners wäre unproblematisch gewesen: Vizepremier Silvan Schalom hätte ihn in der Knesset empfangen. Das israelische Parlament liegt im politisch unbedenklichen Stadtteil Giwat Ram.
Das Klima zwischen Israel und der EU ist ohnehin angespannt. Die EU-Kommission hat die Mitgliedsstaaten aufgefordert, Produkte aus israelischen Siedlungen im Westjordanland, auf den Golanhöhen sowie in Ost-Jerusalem zu kennzeichnen. Aus europäischer Sicht sind diese Gebiete völkerrechtswidrig besetzt. Österreich hat die umstrittene Kennzeichnungspflicht von Anfang an unterstützt.