Wie man entschleunigt beschleunigt
Wer mit dem RAV 4 richtig zu fahren weiß, macht richtig Tempo und ein bisschen Yoga.
Die bereits fünfte Auflage des RAV 4 von Toyota ist zwar funkelnagelneu, trotzdem kommt er uns vor wie ein alter Freund. Zwei seiner Vorgänger standen früher in der privaten Garage, im Vorjahr wurde der hybride Japaner, in dem zwei Herzen schlagen (Benzin-Motor und Elektro-Antrieb), im OÖN-Langzeittest zum verlässlichen Kilometerfresser. Als RAV-4-Experte ist man daher umso mehr überrascht, dass sich der alte Freund in der aktuellen Evolutionsstufe doch so stark verändert hat. Und das nicht zu seinem Nachteil.
Design: In der Optik unterscheidet sich die fünfte Auflage relativ markant vom Vorgänger. Der RAV 4 zeigt jetzt viele Ecken und Kanten und kommt wesentlich athletischer daher. Der Japaner wirkt wie ein Sportler mit gut definierten Muskeln. Das knackige Heck zieren zwei unübersehbare Auspuffrohre – das passt vielleicht nicht ganz zum Anspruch, einen möglichst kleinen ökologischen Fußabdruck zu haben, aber es schaut ziemlich cool aus.
Innenraum: Hier fühlt man sich in Reihe eins und zwei recht wohl. Der im Vergleich zum Vorgänger verlängerte Radstand – der RAV 4 hat die Plattform gewechselt – macht sich beim Komfort positiv bemerkbar. Sehr gelungen ist die Konfiguration des Cockpits mit dem Touchscreen in der Mitte. Da braucht es kein Handbuch, die eigene Intuition reicht. Die Materialien wirken sehr wertig. Natürlich ist da fast alles aus Plastik, aber das Ambiente wirkt eher luxuriös als billig.
Fahrwerk: Im OÖN-Test erwies sich der RAV 4 auf der Langstrecke als idealer Wegbegleiter, egal ob auf der Autobahn oder in den Kurven-Orgien diverser Alpenpässe. Aufgrund seines relativ tiefen Schwerpunkts zeigte der Japaner selbst bei sportlicher Fahrweise eher Spurtreue als Wankelmut. Auch die Traktion war gut, obwohl wir nicht im Allradler, sondern in der frontgetriebenen Version unterwegs gewesen sind.
Motor: Dass der RAV 4 seit Jahren keine Dieselversion mehr anbietet, hätte ein Eigentor in Österreich sein können. Inzwischen hat das Image der Selbstzünder auch hierzulande eine tiefe Delle bekommen. Hybrid-Modelle werden als Alternative immer beliebter. Im RAV 4 wird deutlich, warum das so ist. Wer bereit ist, seinen Fahrstil von "Bleifuß" auf "Samtpfote" umzustellen, wird sich über das entspannte Dahingleiten mit wenig Spritverbrauch freuen. Hektiker ärgern sich über einen Motor, der bei erhöhter Drehzahl zuerst Lautstärke und dann erst Tempo macht. Dringende Empfehlung: gleiten statt hetzen – und möglichst vorausschauend fahren. So wird das RAV-4-Cruisen zur Yoga-Anwendung für einen entschleunigten Gemütszustand.
Fazit: Der RAV 4 bekommt nach wie vor unser "Friendship-Ticket". Die fünfte Auflage erweist sich in einigen Punkten besser als der bereits sehr gute Vorgänger.
Ist der Redakteur jetzt Gamsjaga, o. doch Vieh-Doktor im Bergland? 😎