Der "König der Lüfte" ist zurückgekehrt
PÖNDORF/MUNDERFING. Im Kobernaußerwald zieht der Rotmilan wieder seine Kreise – Auch der Schwarzmilan findet neuen Lebensraum.
"Wie im Reich der Lüfte König ist der Weih’, durch Gebirg und Klüfte herrscht der Schütze frei", heißt es in Schillers Volkslied "Mit dem Pfeil dem Bogen". Damit hat der Dichter der Königsweihe ein poetisches Denkmal gesetzt. Besser bekannt ist der rostrot gefärbte Greifvogel, der mit einer Flügelspannweite von 1,60 Metern größer ist als der Bussard, unter dem Namen Rotmilan. Hundert Jahre war er bei uns ausgestorben, jetzt ist er zurückgekehrt.
Nicht von ungefähr nennt ihn Schiller den "König der Lüfte". Denn der Rotmilan und sein etwas kleinerer Verwandter, der Schwarzmilan, sind wahre Luftakrobaten. "Sie sind nicht nur Meister des Segelfluges, sondern besitzen auch eine unvergleichliche Manövrierfähigkeit", sagt der Biologe Helmut Steiner (46) vom Institut für Wildtierforschung und -management, das seit 30 Jahren Bestandserhebungen heimischer Vogelarten durchführt.
40 Reviere in Oberösterreich
Beiden streng geschützten Milan-Arten ist ihr breiter Gabelschwanz als Steuerruder sehr dienlich. "Durch elegante Luftrollen können sie Bussard und Falken die Beute abjagen, sie reißen sie ihnen aus den Fängen", sagt Steiner. Hauptnahrung sind Mäuse und Insekten, auch Stadttauben stehen auf ihrem Speiseplan. Selbst Aas verschmähen sie nicht. Im mittelalterlichen London hat man sie mit Fleischabfällen regelrecht gefüttert. In manchen Städten Ostdeutschlands wird das noch heute so gehalten.
Mehr als 40 Rotmilan-Reviere gibt es wieder in Oberösterreich, Schwerpunkt ihrer Verbreitung ist der Kobernaußerwald um Pöndorf und Munderfing. Während er schon seit Jahren regelmäßig von seinen Überwinterungsgebieten in Südeuropa nach Oberösterreich zum Brüten kommt, ist der Schwarzmilan, der in Afrika überwintert, ein neuer Sommergast. Er bevorzugt die Auwälder an Donau und March in Niederösterreich, doch dort gehen seine Bestände zurück. Die Ursachen sind unklar, "eine davon könnte die Zunahme des Uhus sein", sagt Steiner.
Mittlerweile ist die Kobernaußerwaldregion auch für den Schwarzmilan bundesweit das neue Hauptvorkommen. Dort sucht er die Nähe des Rotmilans, der ihm als Indikator für sichere Brutplätze und Futterquellen dient. Ihren Horst legen die Milan-Paare auf Bäumen an. Aus Ästen wird er zusammengebaut. Wenig königlich ist die Angewohnheit des Rotmilans, das Innere des Horstes mit allerhand Fundstücken wie Papier, Müll und Plastiksackerln auszukleiden. Anfang Mai schlüpfen bis zu drei Junge, die jetzt flügge werden. Dabei kann man sie gut beobachten. "Man muss sich am Waldrand oberhalb eines Hanges postieren, dann hat man mit dem Feldstecher die Altvögel beim Anflug an das Nest und die ersten Flugversuche der Jungvögel gut im Blick", sagt Steiner.
Vor 100 Jahren
Grünland, Felder und Kahlschläge sind die Jagdreviere des Milans. Seine Krallen sind schwächer als die des Habichts, größere Beute kann er damit nicht schlagen. Vor hundert Jahren ist der "König der Lüfte" bei uns verschwunden. Schuld war die intensive Verfolgung – für jedes getötete Exemplar wurden Prämien gezahlt, denn er galt als "Konkurrent" bei der Niederwildjagd und vergriff sich auch manchmal am Hausgeflügel.
Windräder werden für die Milane oft zur Todesfalle. Ihre natürlichen Feinde sind Uhu und Adler, die Brut ist durch Baummarder gefährdet. Vor wenigen Jahren wurde bei Eferding der bislang letzte Rotmilan vergiftet. Im Kobernaußerwald dürfen sich Rot- und Schwarzmilan aber sicher fühlen. Das ist den Jägern zu danken, die eng mit dem Naturschutz zusammenarbeiten.
Helmut Steiner hat sich der systematischen Populationsforschung unserer Wildvogelarten verschrieben. Daheim ist er in Piberbach (Bez. Linz-Land) und Linz. Der Vater einer Tochter ist seit frühester Jugend fasziniert von der Natur. Im Auftrag der NGOs "Freunde des Kobernaußerwaldes Ried und Braunau" betreut er mit dem Institut für Wildtierforschung die Milan-Bestände in der Region. Weitere Forschungsschwerpunkte sind Kiebitz, Falken, Eulen, Hühner- und Singvögel und Niederwild.
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