Tschetschene ermordet: Die Suche nach den Hintermännern
WIEN. Innenminister Nehammer (VP) will wissen, ob Ermordung in Auftrag gegeben wurde – auch internationale Reaktionen auf Bluttat.
Innenminister Karl Nehammer (VP) geht davon aus, dass es hinsichtlich der Bluttat in Gerasdorf Hintermänner geben könnte. Die Ermittlungen, insbesondere zum Motiv, "laufen derzeit auf Hochtouren", sagt Nehammer.
Am Samstagabend wurde Mamichan U. alias Martin B. auf einem Firmengelände an der B7 in Gerasdorf unweit der Wiener Stadtgrenze erschossen (die OÖN berichteten). Monatelang hatte B. auf seinem Videoblog den tschetschenischen Regionalpräsidenten Ramsan Kadyrow heftig kritisiert und beschimpft. Dass er sich damit in Gefahr brachte, war den Sicherheitsbehörden klar. Zwar lehnte der 43-Jährige Personenschutz ausdrücklich ab, allerdings wurde seine Wohnung in Wien-Donaustadt observiert. Innenminister Nehammer will wissen, ob die Ermordung des 43-Jährigen in Auftrag gegeben wurde: "Es braucht volle Aufklärung, denn zu oft werden ausländische Konflikte nach Österreich hereingetragen."
Der in Martin B. umbenannte Tschetschene war nach seiner Flucht nach Österreich 2007 als Konventionsflüchtling anerkannt worden. Allerdings stand ihm nach drei Vorstrafen – darunter wegen Schlepperei und Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung – die Aberkennung des Asylstatus bevor. Ein entsprechendes Verfahren war im Laufen. B., der bis Anfang September 2019 eine Haftstrafe verbüßt hatte, hatte gegen die erstinstanzliche Entscheidung, die seine Abschiebung bedeutet hätte, Rechtsmittel eingelegt.
Vor der russischen Botschaft in Wien forderten mehrere Dutzend Exil-Tschetschenen gestern Konsequenzen. Kadyrow wird vom russischen Präsidenten Wladimir Putin unterstützt. Die russische Botschaft in Wien wartet unterdessen auf eine Bestätigung seitens der niederösterreichischen Polizei, ob es sich bei den festgenommenen Verdächtigen um russische Staatsbürger handelt. Die Botschaft habe eine Anfrage an die österreichischen Behörden gerichtet. Sollten die beiden Männer Flüchtlinge sein, unterlägen sie der Zuständigkeit Österreichs und nicht Russlands.
Bildt will "europäische Antwort"
Die Bluttat von Gerasdorf erregt auch international Aufsehen. "Wir sehen eine Serie von Mordanschlägen an Exil-Tschetschenen quer durch Europa, durchgeführt von russischen Agenten", äußerte sich gestern Schwedens Ex-Regierungschef Carl Bildt. "Der letzte war in Wien erst vor Tagen. Dies erfordert eine europäische Antwort."
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