Theresa May plant offenbar Neuwahlen im November
LONDON. Die britische Premierministerin will sich von den Bürgern Rückendeckung für den "Brexit"-Kurs holen.
Die britische Premierministerin Theresa May gilt als Kämpferin. Das zeigt sich einmal mehr nach der Abfuhr für ihre "Brexit"-Pläne beim informellen EU-Gipfel in Salzburg. Nun überlegt die schwer angeschlagene konservative Regierungschefin offenbar sogar die Flucht in Neuwahlen im November. Das berichtete gestern die Zeitung "Sunday Times". Zwei ihrer Berater sollen demnach bereits mit den Planungen begonnen haben.
Mit diesem Überraschungscoup wolle sie sich die Rückendeckung der Bevölkerung für einen neuen Plan für einen Austritt aus der EU sichern. Zugleich solle ihr der Urnengang ermöglichen, weiter als Regierungschefin zu amtieren. Downing Street dementierte den Bericht umgehend: "Das ist schlicht falsch", sagte ein Regierungssprecher.
Forderung nach "Plan B"
Bereits im vergangenen Jahr hatte May Neuwahlen ausgerufen, um sich mehr Rückendeckung zu verschaffen. Der Plan ging jedoch daneben: Seitdem regiert die Premierministerin nur noch mit Duldung der nordirischen "Democratic Unionist Party" (DUP). Sie ist von mehreren Seiten angreifbar. In Großbritannien wird daher häufig über einen möglichen Rücktritt Mays spekuliert.
Neuer Ärger könnte der Regierungschefin schon heute drohen. Kabinettsmitglieder wollen nach einem Bericht des "Daily Telegraph" (Samstagsausgabe) auf ihrer Sitzung in London May auffordern, einen "Plan B" für die Verhandlungen zum EU-Austritt vorzulegen. Andernfalls drohten ihr weitere Rücktritte, darunter möglicherweise von Arbeitsministerin Esther McVey und Entwicklungshilfeministerin Penny Mordaunt.
Aus Protest gegen Mays Pläne für den EU-Austritt hatten bereits Brexit-Minister David Davis und Außenminister Boris Johnson ihre Ämter aufgegeben. Beide sind Brexit-Hardliner. Großbritannien will sich in einem halben Jahr – am 29. März 2019 – von der EU trennen. Mit Spannung wird angesichts des enormen Drucks, der auf May lastet, auch der Parteitag der Konservativen erwartet. Er beginnt am Sonntag in Birmingham.
Labour fordert Neuwahlen
Bedrängt wird May jedoch nicht nur innerparteilich, auch die oppositionelle Labour-Partei erhöht den Druck permanent: "Die beste Art, das zu regeln, sind vorgezogene Neuwahlen", sagte Labour-Chef Jeremy Corbyn am Samstag vor Anhängern in Liverpool. Dabei machte er klar, dass Labour zu keinen Kompromissen beim Brexit bereit sei. Angesichts des innerparteilichen Widerstands gegen ihren weichen Brexit-Kurs muss May auf eine Verständigung mit der Labour Party hoffen, um eine Mehrheit für ihren Brexit-Kurs im Unterhaus zustande zu bringen.
„Save Brexit Campaign“
Neue Kampagne: Kritiker von Mays Brexit-Plänen starteten eine Kampagne, um für einen klaren Bruch mit der EU zu werben. In Bolton, einer Hochburg von EU-Kritikern, gab das parteiübergreifende Bündnis am Samstag den Startschuss zur „Save Brexit Campaign“. Unter den Rednern waren Ex-Brexit-Minister David Davis (Tories), die Labour-Abgeordnete Kate Hoey und der Rechtspopulist Nigel Farage. Die Veranstaltung zeigt, wie viel Gegenwind May hat.
Brexit-Gegner um die Aktivistin Gina Miller hatten kürzlich eine Informationskampagne zum Brexit gestartet, um die Bürger über negative Konsequenzen aufzuklären. Miller fordert ein zweites Brexit-Referendum und hofft, dass der Austritt damit verhindert werden kann.
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