Seelsorger, der selber am Fließband stand, schwafelt nicht herum
ARDAGGER, SANKT PÖLTEN. Der aus Ardagger stammende Theologe Josef Gruber hat ein Herz für die Werktätigen. Er wurde mit dem Papst-Leo-Preis geehrt.
Mitunter sind sich die Menschen, um die sich Josef Gruber kümmert, untereinander nicht grün. Es kommt schon vor, dass Arbeiter im Jausenzimmer auf Ausländer und Asylanten schimpfen, denen der Staat Vergünstigungen zuschiebt. In diesen Fällen spielt Gruber den Vermittler: Neben seiner Tätigkeit als Betriebsseelsorger in der Diözese, zu dem ihn 1990 der damalige St. Pöltner Bischof Franz Zak berufen hatte, organisierte Gruber in der niederösterreichischen Landeshauptstadt alljährlich ein großes "interkulturelles Begegnungsfest", das heuer die Stadtgemeinde nicht ungerne übernahm, weil es immer ein Riesenerfolg wurde.
Gruber bemerkt, dass es "eine Kluft zwischen Arbeitern und Angestellten, zwischen unten und oben aber auch zwischen Ausländern und Inländern gibt". Das Loch reiße vor allem die Angst und der Argwohn auf, dass die einen durch die anderen verlieren könnten, stellt der scharfsinnige Beobachter fest, der, um nicht nur salbungsvolle Worte zu sprechen, sich selber ans Fließband in einer Fabrik stellte und Akkordarbeit am eigenen Leib verspürte.
Für sein Wirken, bei dem er auch dorthin geht, wo es wehtut, hat ihn nun Diözesanbischof Alois Schwarz mit dem "Papst-Leo-Preis" ausgezeichnet, der in zweijährigem Abstand für besondere Verdienste um die Katholische Soziallehre vergeben wird.
Schwarz überreichte die Trophäe, die den ersten Papst darstellt, der eine Sozialenzyklika verfasste, im Beisein von Landtagspräsidenten Karl Wilfing. "Papst Franziskus schreibt, es ist unsere Aufgabe, Geschwister zu werden", sagte der Bischof bei der Feierstunde. Die Preisträger – neben Gruber wurden heuer die Ordensschwester Karina Beneder und der katholische Aktivist Josef Mautner ausgezeichnet – würden dieses Anliegen in ihr tägliches Leben umsetzen. Gruber stammt aus Ardagger ab und hat an der Katholischen Privatuniversität in Linz Theologie studiert. Gruber hat nicht nur einen direkten Draht zu den arbeitenden Menschen in den Fabriken gefunden, er kennt auch Gewerkschafter und Betriebsräte gut, deren Notwendigkeit als Sprachrohr der Arbeitnehmer die katholische Soziallehre immer betont hatte. Gruber ist innerkirchlich ein bewusster Laien-Theologe, der das Priestertum schätzt, aber Klerikalismus hinterfragt. Wichtig ist dem Ausgezeichneten auch Gerechtigkeit im Handel mit ärmeren Staaten. Für die 2000 Euro, mit denen der Preis dotiert ist, wird er wohl in dieser Richtung Verwendung finden.