Als das Horn zu "Wasser marsch!" geblasen wurde
SONNTAGBERG. 1913 brannte das Pilgerhotel am Sonntagberg ab. Peter Greßl erforschte, wie die Basilika gerettet wurde
Die Wallfahrtsbasilika am Sonntagberg ist der Heiligen Dreifaltigkeit geweiht, es müssen in dem Mostviertler Wallfahrtsort aber auch die Schutzengel wohnen: Es ist der glücklichen Fügung zu verdanken, dass die Knechte und Mägde im Juli 1913 bei der Heuernte und dem Kornschnitt auf den Bauernhöfen arbeiteten und erst zu den Bauernfeiertagen danach frei bekamen. Die Pilgerfahrt war die einzige Möglichkeit für das Gesinde, Urlaub vom Bauernhof zu machen. Im Hochsommer, zur Erntezeit, wären sie in dem Pilgerhotel auf dem Sonntagberg in eine tödliche Falle geraten. Ein unbekannter Täter steckte am 24. Juli den riesigen Beherbergungsbetrieb des gelernten Dekorateurs Eduard Trinkl in Brand, um 22 Uhr brannte das Hotel lichterloh, der Feuerschein war bis Linz sichtbar gewesen, wie die Sonntagberger Pfarrchronik festhält. Trotzdem – es war keine Saison und das Hotel war menschenleer – kam niemand bei dem Großbrand zu Schaden.
Aber die Wallfahrtsbasilika, ein Meisterwerk des Barockarchitekten Jakob Prandtauer, schwebte in höchster Gefahr. Der Hausknecht namens Helpersdorfer, der von den Benediktinern des Stiftes angestellt war, um rund um die Uhr in dem Gotteshaus nach dem Rechten zu sehen, verhinderte mit seiner Geistesgegenwart jedoch ein Inferno. "Er kletterte mit einem Wasserkübel innen am Gerüst des rechten Kirchturms hoch und benetzte die Schindeln, die Feuer zu fangen drohten", sagt Peter Greßl, Feuerwehrmann der FF Rosenau in Sonntagberg und Freizeitheimatforscher, der den Ablauf des Großbrandes in zweijähriger minutiöser Kleinarbeit rekonstruierte. Helpersdorfers Ersteinsatz rettete wohl die Basilika. In allen Gemeinden ringsum, Sonntagberg, Waidhofen, Zell, Hilm-Kematen, Rosenau, Bruckbach-Böhlerwerk, Windhaag, Biberbach, Allhartsberg, und bei der damaligen Werksfeuerwehr der Pappeerzeugung in der Oismühle spannten die Wehren bei ihren Pumpen- und Mannschaftskutschen die Pferde ein, nachdem die Kirchglocken Alarm geläutet hatten. "Es war ein noch nicht motorisierter Löscheinsatz", sagt Greßl, "die Feuerwehr war damals jedenfalls hier am Land noch ganz auf die Muskelkraft von Mensch und Tier angewiesen." Es muss eine Hundertschaft an Einsatzkräften gewesen sein, die sich gegen das Feuer stemmten. Während des Brandes wurde sogar eine Einsatzskizze gezeichnet, aber wie viele Helfer aufgeboten wurden, hat niemand verbucht. Natürlich gab es damals weder Tanklöschfahrzeug noch Hydranten. Aber die beiden Löschteiche, die auf dem 712 Meter hohen Kogel über dem Mostviertler Flachland angelegt worden waren, taten beste Dienste. Die Feuerwehrmänner pumpten von dort das Löschwasser zum Brandherd beim Hotel Trinkl und zur Abwehr des Funkenfluges, den der Wind an diesem Abend gegen die Basilika aufwirbelte. Kommandos wie "Wasser marsch!" wurden von Hornisten der Feuerwehr mit jeweils anderen Fanfaren geblasen. Das Hotel brannte bis auf die Grundfesten ab, ein neuer Besitzer baute es in kurzer Zeit wieder auf. Hotelier Eduard Trinkl wechselte zur Sommerfrische in Waidhofen: Er eröffnete im heutigen "Schloss an der Eisenstraße" das erste Hotel mit Fließwasser in Mitteleuropa.
Das ehemalige Pilgerhotel ist heute das Exerzitienhaus „Foyer de Charité“
Vor der Jahrtausendwende war das ehemalige Pilgerhotel eine verfallende Ruine vor der Stirnseite der Wallfahrtsbasilika auf dem Sonntagberg. Es heißt, das Gebäude war dem Meisterarchitekten der Barockzeit, Jakob Prandtauer, auch schon im Wege, der dann die Wallfahrtskirche drehen musste, um sie in das Gefüge des Dorfes auf 704 Metern Seehöhe einzupassen. Es gelang. Zur Blütezeit der Wallfahrt auf den Mostviertler Gottesberg war das Pilgerhospiz ein touristischer Großbetrieb, zu dem es der Hotelier Eduard Trinkl gemacht hatte.
Der katholische Aktivist Joseph Doblhoff ließ das Gebäude sanieren mit dem Ziel, die Pilgerfahrt wieder zu beleben. Das Foyer de Charité „Haus am Sonntagberg“ wurde 2009 von Bischof Klaus Küng geweiht und gehört zum Werk der Foyers de Charité, das 1936 von Marthe Robin und Père Georges Finet gegründet wurde.