Lade Inhalte...
  • NEWSLETTER
  • ABO / EPAPER
  • Lade Login-Box ...
    Anmeldung
    Bitte E-Mail-Adresse eingeben
    Bitte geben Sie Ihre E-Mail-Adresse oder Ihren nachrichten.at Benutzernamen ein.

gemerkt
merken
teilen

Leben mit Barrieren am seelischen und finanziellen Existenzminimum

Von Karin Wansch, 23. September 2013, 00:04 Uhr
Leben mit Barrieren am seelischen und finanziellen Existenzminimum
Das soziale Netzwerk in der Region soll mit der Diskussion und der Aktionswoche des Sozialforums noch engmaschiger werden. Der Appell für ein stärkeres Miteinander gilt nicht nur der Politik und Wirtschaft, sondern allen Mitmenschen. Bild: OÖN

FREISTADT. Auch wenn es bereits viele gute Initiativen gibt: Barrierefreiheit ist für körperlich, geistig oder sozial beeinträchtigte Menschen noch lange nicht selbstverständlich

Die Erinnerung an ihre Zeit als Langzeitarbeitslose treiben Gerlinde Winter die Tränen in die Augen. „Es gibt so viele Jobs, aber keiner passt, weil man für sein Kind da sein soll“, erzählte die Freistädterin vergangenen Donnerstag bei der Diskussion des Sozialforums im Salzhof mit Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Sozialeinrichtungen. Ein Kind, das sich schwer tut beim Lernen und ein Leben am finanziellen Minimum: Mit diesen Barrieren musste sie jahrelang zurecht kommen. Erst jetzt, wo ihr Kind der Pflichtschule fast entwachsen ist, hat sie den Wiedereinstieg geschafft und arbeitet als Abwäscherin.

Wie es sich anfühlt, als Bittsteller Behörden abzuklappern, weiß auch Christoph Haunschmid. In seiner 30-jährigen Krankengeschichte mit Depressionen musste er immer wieder rechtfertigen, warum er nicht arbeiten kann. Heute fühlt er sich bei der Pro Mente gut aufgehoben, den Großteil seines Lebens verbrachte er aber als „Mensch dritter Klasse“.

Schicksale wie diese kennen Barbara Tröls (Volkshilfe) und Renate Leitner (Sozialservice) zur Genüge. Zu den Geldsorgen kommen die seelischen Probleme, die das Leben schwer machen. Die Scham, überhaupt Hilfe suchen zu müssen. Der Neid und Spott im Bekanntenkreis, wenn man sich mit der Mindestsicherung in der sozialen Hängematte „ausruht“.

Schwieriger Start in den Beruf

700 Arbeitssuchende mit Einschränkungen hat das AMS Freistadt vorgemerkt, 200 von ihnen brauchen einen speziellen Arbeitsplatz, sagt AMS-Leiter Alois Rudlstorfer. „Wiedereinsteigerinnen wären ein großes Potenzial für Firmen, die verzweifelt Mitarbeiter suchen“, sagt Rudlstorfer. Es mangelt aber nicht nur am Geld für Ausbildungen, sondern auch an flexiblen Arbeitszeiten, um Familie und Beruf zu vereinbaren.

Und bei allem guten Willen: Mitarbeiter mit körperlichen und psychischen Schwächen einzustellen, ist immer ein Risiko, sagt Wirtschaftskammer-Obfrau Gabriele Lackner-Strauss. In ihrem Fotostudio hat sie über den Verein Immanuel ein Lehrmädchen ausgebildet. Eine schwierige Zeit, blickt sie zurück; der Arbeitsalltag hat sich für das gesamte Team verändert. Und trotzdem hat diese Lehrzeit sie alle zusammengeschweißt.

Diskriminierung in der Bildung

Für jene, die am ersten Arbeitsmarkt keine oder kaum Chancen haben, beginnen die Hürden oft schon im Kindesalter, berichtete Behindertenanwalt Erwin Buchinger. Mangels Rampe und Behindertentoilette hatte eine Freistädter Schule ein Kind abgewiesen, ohne auf Lösungsvorschläge einzugehen. Tausend Fälle von Diskriminierung bei Ausbildung und Arbeit landen jährlich auf seinem Schreibtisch. ÖVP-Behindertensprecher Franz Joseph Huainigg war selbst betroffen: Nach dem Studium riet man dem Rollstuhlfahrer mit Beatmungsgerät zur Pensionierung. Dass körperlich Behinderten auch die geistigen Fähigkeiten abgesprochen werden, lässt sich mit einer Reform des Schulsystems wohl nicht ausmerzen: Die Chance, Talente zu entfalten, steht und fällt mit persönlicher Assistenz, appellierte eine taubstumme und blinde Besucherin. Und die ist auch eine Frage der finanziellen Möglichkeiten.

167 Wohnplätze fehlen

Auch die Wohnungs-Warteliste zieht sich mangels Geld in die Länge: 167 Personen sind beim Sozialhilfeverband vorgemerkt, sagt Obmann und Bezirkshauptmann Alois Hochedlinger. Frühestens in sieben, acht Jahren sei an die Verwirklichung von 16 Wohngruppen inklusive Personal zu denken, ergänzte Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Ackerl. Dem Bezirk will er zumindest ausgearbeitete Pläne hinterlassen, denn er ist zuversichtlich: Es wird wieder ein Konjunkturprogramm kommen.

Barrierefreiheit hängt aber nicht nur vom Geld, sprich von der Politik und den Entscheidungsträgern ab, sondern auch vom Verständnis der Mitmenschen. Bei allem Lob für diesen Aufruf zur Sensibilisierung: „Es ist traurig, dass wir solche Veranstaltungen brauchen“, sagte Martin Reidinger vom Sozialservice. Barrierefreiheit kommt schließlich allen zugute. Spätestens dann, wenn wir alt und gebrechlich sind.

Die soziale Projektwoche „Alte Hindernisspuren, neue, barrierefreie Wege“ findet noch bis Donnerstag am Hauptplatz statt.

mehr aus Mühlviertel

BORG Perg hat einen neuen Chef

Grünes Licht aus St. Pölten für Donaubrücke Mauthausen

Fußball-Wochenende lockt mit zahlreichen spannenden Duellen

Schüler drehen Videos und zeigen darin den Pflegealltag

Lädt

info Mit dem Klick auf das Icon fügen Sie das Schlagwort zu Ihren Themen hinzu.

info Mit dem Klick auf das Icon öffnen Sie Ihre "meine Themen" Seite. Sie haben von 15 Schlagworten gespeichert und müssten Schlagworte entfernen.

info Mit dem Klick auf das Icon entfernen Sie das Schlagwort aus Ihren Themen.

Fügen Sie das Thema zu Ihren Themen hinzu.

0  Kommentare
0  Kommentare
Zu diesem Thema wurden noch keine Kommentare geschrieben.
Neueste zuerst Älteste zuerst Beste Bewertung
Aktuelle Meldungen