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Post per Drohne? Ein alter Hut!

Von Klaus Buttinger, 06. Februar 2016, 00:04 Uhr
Post per Drohne? Ein alter Hut!
Drohnenpost, feuchter Traum von Internet-Händlern. Bild: APA

Post ausliefern per Propeller – ja, geht’s noch antiquierter? Raketenpost, das wär’s. Gab’s auch schon. Vor 85 Jahren stieg die erste Postrakete auf, losgeschickt von einem Oberösterreicher in Graz.

Wenig weiß die Welt von Friedrich Schmiedl – viel über Wernher von Braun. Während Letzterer für die Nationalsozialisten bereitwillig und auf dem Rücken von KZ-Insassen und Zwangsarbeitern todbringende Raketenwaffen entwickelte, war Schmiedl dessen ziviler, menschenfreundlicher Gegenpart; ein Raketenpionier mit Gewissen.

Schmiedl stammt aus Schwertberg, konkret aus Altaist, der Ortschaft, die 1938 eingemeindet wurde. Sein Vater arbeitete bei der Firma Merckens. Dort – im Herrenhaus – ist Friedrich am 14. Mai 1902 zur Welt gekommen. Während seiner Kinderjahre dürfte sein Interesse für Technik geweckt worden sein. Merckens war damals schon ein Betrieb am Stand der Technik. An der Aist betrieb man bereits ein Kraftwerk zur Stromlieferung.

Während des Ersten Weltkriegs unternahm der junge Schmiedl erste Raketenstartversuche. Wenig später ging er nach Graz, wo er an der Technischen Universität Chemie zu studieren begann und sich nach seinem Abschluss als selbstständiger technischer Forscher niederließ. Zahlreiche Raketenversuche folgten, stets mit Blick auf die friedliche Erkundung luftiger Höhen. Ihm schwebte durchaus der Weltraum vor. "Die Erde ist dem Menschen zu klein geworden. Und zu bekannt", wird er 1931 in der Presse zitiert, "nun muss er seinen Weg hinaus wagen: hinaus ins All. Fort will er. Fort muss er!" Nun – es sollte noch genau dreißig Jahre dauern, bis mit Juri Gagarin im sowjetischen Raumschiff Wostok 1 der erste Mensch ins All flog.

Jedenfalls startete Schmiedl am 2. Februar 1931 seine erste Postrakete. Sie stieg vom Grazer Hausberg Schöckl nahe dem Stubenberghaus zischend in die Luft, flog bis in 1500 Meter Höhe und landete an bunten Fallschirmen bei der Ortschaft Radegund. Ein paar Kilometer für eine Rakete, aber ein großer Schritt für den Raketenpionier. An Bord der ersten Postrakete befanden sich exakt 102 Poststücke, vornehmlich Briefe. Der Flug sorgte für Schlagzeilen rund um den Globus, hatte Schmiedl doch schlauerweise Zeitungsreporter Karl Weihs zum Start eingeladen (siehe rechts). Die New York Times berichtete, selbst chinesische Zeitungen nahmen die Meldung auf.

Wie sah Schmiedls Masterplan aus? Mit Raketen sollte künftig Post in abgeschiedene Gegenden, etwa in nahezu unzugängliche Berggebiete befördert werden. Auch Transporte auf andere Kontinente schwebte Schmiedl vor.

Frühe, moderne Überlegungen

Man könnte sagen, Schmiedl nahm damals Ideen vorweg, die heute durch die Köpfe von Amazon- oder DHL-Planern geistern. Frachtauslieferung per Drohne nimmt sich recht antiquiert aus gegen Schmiedls Versuche mit Raketenhubschraubern. Da war er gerade 16 Jahre alt. Ebenfalls vorweggenommen hat er die Beobachtung aus der Luft mittels Drohne, die heute Datenschutzkreise durcheinanderwirbelt. Schon in den 1920er-Jahren experimentierte Schmiedl mit Raketen, auf die er Fotokameras montierte. Versehen mit automatischen Auslösern machten sie aus großer Höhe Landschaftsaufnahmen.

Mehr als 3300 Raketen soll Schmiedl in den 20er- und 30er-Jahren abgeschossen haben. Darunter welche mit Insekten an Bord. Der Forscher versicherte, dass alle Versuchstiere überlebt hätten. Oder: Die V11 wurde bei "Nacht und Sturm" in die Höhe gejagt. Die Postrakete V15 transportierte höchst prominent "Zuleitungspost für das Luftschiff Graf Zeppelin".

Friedrich Schmiedl
Raketenflugpost Bild: Archiv

Zur Finanzierung seiner kostenintensiven Forschung legte Schmiedl seinen Postraketen Vignetten bei, um die sich Sammler rissen. Um sie vor Nachdruck zu schützen, versah er die Raketenpost-Vignetten mit eigener Gummierung und Zähnung, er setzte Fluoreszenz ein und Pilzsporen. Heute werden die Raketenpostmarken in Philatelistenzirkeln zu hochfliegenden Preisen gehandelt.

Die Post brachte ihm nichts

1932 erhielt Schmiedl von der japanischen Regierung einen Fünfjahresvertrag als Raketenforscher angeboten. Der Pazifist lehnte ab, er befürchtete, seine Technik würde militärisch verwendet. Drei Jahre später kam das Aus für seine Raketenflüge, weil der Besitz von Sprengstoff gesetzlich verboten wurde. Zudem wehrte sich die Post. Eine Notverordnung der Generalpostdirektion zum Schutze der Österreichischen Postwertzeichen setzte dem monopolzerstörenden Treiben Schmiedls ein Ende.

Als NS-Deutschland Österreich anschloss, vernichtete Schmiedl sein Labor und fast alle Pläne, damit sie nicht für Kriegszwecke eingesetzt werden konnten.

Demgegenüber rechtfertigte sich Braun nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem entlarvenden Satz "Die Wissenschaft hat keine moralische Dimension." Für die Entwicklung und den Bau seiner V2 (Vergeltungswaffe 2) starben im Dritten Reich etwa 10.000 Zwangsarbeiter. Damit kamen durch den Bau der Rakete mehr Menschen ums Leben als durch ihren Einsatz.

Schmiedl war während der Kriegsjahre Pionier der deutschen Wehrmacht. 1949 heiratete er Jenny Stolleck. Selbstredend wurde eine Hochzeitsrakete gestartet. 1955 trat er in den steirischen Landesdienst ein. 92-jährig starb er hoch dekoriert in Graz. Er hinterließ der Stadt ein Vermögen, die damit die Ing.-Friedrich-Schmiedl-Stiftung errichtete. Sie fördert – no na – Leute mit visionären Ideen.

 

Friedrich Schmiedl
Friedrich Schmiedl Bild: Archiv

Friedrich Schmiedl

 

1931 am 2. Februar, startete Ingenieur Schmiedl seine erste Postrakete. Sie flog vom Grazer Hausberg Schöckl nach St. Radegund und stieg bis auf 1500 Meter Höhe. An Bord waren 102 Poststücke.

1938: Nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland zerstörte Schmiedl sein Raketenlabor, um zu verhindern, dass seine Raketen für Kriegszwecke eingesetzt werden.

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