Der Bayer Manfred Weber will Juncker als EU-Kommissionspräsident ablösen
CSU-Mann bewirbt sich als Spitzenkandidat der Konservativen bei der Europawahl 2019.
Nun ist es offiziell: Der bayerische CSU-Politiker Manfred Weber, seit dem Jahr 2004 EU-Abgeordneter und seit vier Jahren auch Fraktionsvorsitzender der "Europäischen Volkspartei" (EVP) im EU-Parlament, geht ins Rennen um das Amt des künftigen EU-Kommissionspräsidenten.
Weber hat gestern die Fraktion informiert, dass er bei der Europawahl im Mai 2019 als Spitzenkandidat zur Verfügung steht. Sollte sich die EVP Anfang November beim Parteikongress für Weber entscheiden und die Wahl im Mai 2019 gewinnen, hätte er gute Chancen, Jean-Claude Juncker an der Spitze der EU-Kommission nachzufolgen.
Gemessen an anderen CSU-Vertretern ist Weber auffallend diplomatisch. Selten kommt dem 46-Jährigen ein böses Wort über andere über die Lippen.
Grünes Licht von Angela Merkel
Seine überlegte und verbindliche Art soll auch die deutsche Kanzlerin Angela Merkel schätzen, deren Rückendeckung er sich vorige Woche geholt hat. "Ich unterstütze die Kandidatur von Manfred Weber", sagte sie gestern in Berlin.
Nun müsse man abwarten, wer sich in der konservativen europäischen Parteienfamilie noch als Kandidat melde. "Wer Spitzenkandidat der EVP ist, kann natürlich im Prinzip und möchte im Prinzip (…) auch Präsident der EU-Kommission werden", sagte Merkel auf die Frage, ob sie möchte, dass der EVP-Fraktionschef auch Kommissionspräsident werde. Aber bis dahin müsse man noch viele Schritte absolvieren.
Nicht immer auf CSU-Linie
Weber ist in Europa bestens vernetzt und geschickt im Schmieden von Allianzen. Und er ist bei Europafragen nicht immer auf CSU-Parteilinie. Nach der Bekanntgabe seiner Kandidatur (und bevor er zu einem EVP-Treffen nach Wien aufbrach) sagte er: "Wir können so nicht weitermachen. Die Menschen erwarten ein besseres Europa." Deshalb müssten alle in Europa zusammenhalten. "Ich kann es nicht erlauben, dass die EU innerlich gespalten ist." Er wolle die verschiedenen "Interessen zusammenführen und Brücken bauen".
Heutzutage werde die EU von zu vielen Menschen als bürokratisch gesehen. "Ich will Europa den Menschen zurückgeben", sagte Weber und warnte vor Radikalen und Anti-Europäern, die versuchten, die EU zu zerstören.
Weber wäre der erste Deutsche an der Spitze der EU-Kommission seit Walter Hallstein Ende der 1950er Jahre. Und er wäre der Erste dort, der (zumindest bis dato) nicht Französisch spricht.
Der gelernte Ingenieur ist verheiratet, bekennender Katholik und war zunächst selbständig, bevor er seine politische Karriere als Landesvorsitzender der bayerischen "Jungen Union" (JU) begann. Über sein Privatleben ist wenig bekannt. "Meine Familie ist für mich der Rückzugsort schlechthin", erklärt Weber auf seiner Internet-Seite. Kraft schöpft er beim wöchentlichen Gottesdienstbesuch und beim Gitarrespielen.
Kritik an Webers Nähe zu Orbán
Lob kam von der eigenen Fraktion, der Europäischen Volkspartei, Kritik gab es hingegen von Sozialdemokraten, Freiheitlichen und Grünen. Othmar Karas, ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament, hegt "große Grundsympathie" für Weber. Der CSU-Mandatar Daniel Caspary sagte, Weber zeige "eine Kernkompetenz für die Führung der EU-Kommission".
Dagegen bemängelten SPÖ und Grüne die Nähe Webers zum ungarischen Premierminister Viktor Orbán. Evelyn Regner, die SPÖ-Delegationsleiterin im EU-Parlament, bezeichnete Österreichs Kanzler Sebastian Kurz und Weber als "Orbán-Verehrer".
Ins gleiche Horn stieß der grüne EU-Mandatar Michel Reimon. Er sagte, Weber sei nicht nur ein Liebkind der Autoindustrie, sondern auch ein "Verteidiger und Freund des Autokraten Orbán".
FPÖ-Delegationsleiter Harald Vilimsky sieht wiederum keine Verbesserung von Amtsinhaber Jean-Claude Juncker zu Manfred Weber. Vilimsky sagte, Weber wolle die Europäische Union weiter zentralisieren – und der deutsche Einfluss würde zu Lasten der kleineren Staaten größer.