Vom Schreiben und Aufzeichnen - was Schrift alles abbilden kann
Künstlerin Sarah Schlatter zeigt ab heute Abend ein Projekt über Texte aus Nachlässen von Frauen im Linzer StifterHaus
"Warum wird so viel geschrieben, ohne dass etwas daraus entstehen soll?" – Das sei ihre Ausgangsfrage gewesen, mit der sie an das Projekt "Etwas Schreiben" heranging, sagt die Künstlerin Sarah Schlatter im Gespräch mit den OÖN.
Die 1982 in Vorarlberg geborene, in Berlin lebende Absolventin der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst thematisiert Schreiben, das im Alltag stattfindet. Sie hat Tagebücher, Taschenkalender, Zettel und Manuskripte von Frauen ausgewählt und im Linzer StifterHaus zu einer Ausstellung zusammengestellt. Das Ergebnis ist eine vielschichtige Schau, die die Grenzen zwischen Literatur und bildender Kunst aufbricht. Schlatter kreiert aus bestehenden Materialien, die sie in der Sammlung Frauennachlässe der Universität Wien und des oberösterreichischen Literaturarchivs gefunden hat, eigene künstlerische Arbeiten, die im Ausstellungsraum neue Assoziationen entstehen lassen. Das Ausgangsmaterial der Notizen aus den Nachlässen unterschiedlicher Frauen – von der Sekretärin bis zur Schriftstellerin – bietet Einblicke in ganz persönliche Details individueller Frauenleben. Die Kunst Schlatters ist es, dieses auf allgemein zugängliche Bilder oder Textausschnitte zu konzentrieren. Die projizierten, abgedruckten oder digitalisierten Ausschnitte von Manuskripten, Tagebucheinträgen und Kalendernotizen verbinden Zeitgeschichte mit subjektivem Erleben und Erinnern.
Scheinbare Banalität des Alltags
So sind etwa auf einer digitalen Textanzeige an der Wand kurze Tagebucheinträge über das momentane Befinden und den Schlaf der Schreibenden sowie über das aktuelle Wetter zu lesen. Diese Arbeit lädt ein, sich mit eigenen und fremden Gewohnheiten und der scheinbaren Banalität des täglichen Lebens auseinanderzusetzen. Neben der "Wiederverwertung" und Re-Inszenierung bestehenden Materials sind auch neu geschaffene Arbeiten zu sehen, darunter zwei "Schriftbilder", in denen Schlatter Buchstaben so übereinander setzt, dass kein Inhalt mehr zu entziffern ist. Für eine andere Serie bat sie Menschen in ihrer Umgebung, den Satz "Write something!" auf ein kleinformatiges Bild zu schreiben.
Schlatters Interesse am Material Papier, an der Kulturtechnik der Handschrift, an Frauenbiografien und der Gewohnheit des Tagebuchschreibens ergibt ein Projekt, das sich auf mehreren Ebenen optimal in das StifterHaus fügt. Die Ausstellung wird heute Abend eröffnet, die Künstlerin ist anwesend. (hw)
Ausstellung: "Etwas schreiben", bis 13.6., täglich, außer Mo, 10 bis 15 Uhr; StifterHaus, Adalbert-Stifter-Platz 1, Linz