Der goldene Fluss
Es ist eine der unwirtlichsten Gegenden Kanadas, das Yukon-Territorium. Doch weder Eis noch Schnee hielten die Goldschürfer einst davon ab, es auszubeuten. 120 Jahre später machte sich Dieter Poik ein Bild davon, was vom Goldrausch übrig blieb.
Goldrausch. Was untrennbar mit der Geschichte der USA verbunden ist, hat sich in Wahrheit ganz wo anders abgespielt. Nämlich im hohen Norden Kanadas. Im vom Permafrost geprägten Yukon-Territorium an der Grenze zu Alaska. 120 Jahre nach dem Beginn des Rausches reiste der Mühlviertler Dieter Poik dorthin – nach Dawson City, wo der Fluss Klondike in den Yukon mündet. Dort, wo einst faustgroße Goldnuggets im Fluss lagen.
Bevor die Weißen zu Zehntausenden den Yukon besiedelten, lebten hier nur indigene Völker wie die Tr’ondek Hwech’in, deren Geschichte knapp 12.000 Jahre alt ist. Sie kämpften nicht gegen die Invasion der Weißen an, sondern suchten ein Miteinander und unterstützten die Goldgräber. Denn das Überleben hier, wo die Temperatur im Winter auf –50 Grad Celsius sinkt, war und ist alles andere als einfach. "Die Versorgung für so viele Menschen war fast unmöglich. Hier wächst außer ein paar Beeren im Sommer nichts. Man lebte von der Jagd und vom Fischen", sagt Poik, der sich mit seiner Kamera aufmachte, um die Geschichte der Indigenen zu erforschen. "Jeder, der hier hergezogen ist, der musste knapp tausend Kilo Material mitschleppen." Und dies wurde auch streng kontrolliert: Jeder, der den gefürchteten Chilkoot Pass überquerte, musste Verpflegung für ein Jahr aufweisen können.
Doch selbst damit hätten die Weißen ohne der Hilfe der Tr’ondek Hwech’in kaum Überlebenschancen gehabt. Der Dank war, was selbst das offizielle Kanada heute einräumt, ein "kultureller Genozid". "Man hat ihnen die Sprache genommen, Kinder wurden den Eltern weggenommen und in Hunderte Kilometer entfernte Einrichtungen gesteckt", erzählt Poik.
Anfangs lebten die Weißen in Zelten. Innerhalb kürzester Zeit wurde unter anderem die Westernstadt Dawson herausgestampft, in der bis zu 100.000 Menschen lebten. Das Land wurde massiv ausgebeutet. Auch heute noch. "Es gibt viele Bodenschätze, und die Konzerne wollen ihre Interessen durchsetzen", sagt Poik.
Langsamer Heilungsprozess
Seit Anfang der 1990er-Jahre hat allerdings ein Heilungsprozess eingesetzt. Das Land wurde den Indigenen zurückgegeben, blieb aber unter kanadischer Oberhoheit. "Die Ureinwohner sehen sich als Bewahrer des Landes", sagt Poik. Und sie versuchen nun, ihre eigene Kultur wieder herzustellen. Doch die Zeit ist knapp: Die Alten wollen die Sprache revitalisieren, doch mit jedem, der stirbt, geht ein Stück alter Kultur für immer verloren.
"Die Tr’ondek Hwech’in haben einen besonderen Geist. Sie benötigen zum Leben so wenig wie möglich. Sie üben eine minimale Einflussnahme in jedes lebendige System aus. Ob Mensch, Tier oder Ökosystem. Man schreibt nicht vor, man greift nicht ein, außer wenn es unumgänglich ist, man kritisiert nicht. Das ist es, was, sie Respekt nennen", sagt Poik.
Mit den Ureinwohnern in Kontakt zu treten, war alles andere als selbstverständlich. Es dauerte Wochen, bis er das Vertrauen zu einem der Älteren aufgebaut hatte. Dementsprechend respektvoll geht er damit um. Fotos der Ureinwohner werden nicht veröffentlicht, sie sind ausschließlich für die Vorträge vorgesehen.
Vom Prozess der Heilung und vom Beginn des Goldrausches berichtet Poik am 10. November in seinem Diavortrag "Das Yukon-Territorium – Zusammenstoß zweier Kulturen" in Reichenstein. Aber auch davon, was er bei dieser Reise gelernt hat. Nämlich, wie wichtig es ist, mit den Ressourcen, die einem gegeben sind, sorgsam umzugehen und sie nicht wie im Rausch zu verschwenden.
Zur Person
- Name: Dieter Poik (51), gebürtiger Perger, lebt in Baumgartenberg, zwei Kinder
- Beruf: Naturpraktiker, fotografiert seit seiner Jugend, Absolvent der Prager Fotoschule
- Internet: www.impuls-fotographie.at
- Vortrag: 10. November, 19 Uhr, im Burgenmuseum Reichenstein, Gemeinde Tragwein (Eintritt 10 Euro); Anmeldung: 0676 /49 31 471