Fettleibigkeit kann auch psychisch krank machen
Menschen mit starkem Übergewicht leiden oft an psychischen Erkrankungen. Welches Problem zuerst auftritt, war bisher unklar.
Laut einer neuen Studie erhöht Fettleibigkeit die Wahrscheinlichkeit für Depressionen, Nikotinsucht, Psychosen, Angstzustände, Ess- und Persönlichkeitsstörungen deutlich.
Um dahinterzukommen, welche Krankheit zuerst auftritt, analysierten Forscher vom Complexity Science Hub (CSH) in Wien und der Medizinischen Universität (Meduni) Wien Daten zu stationären Krankenhaushalten. "In den allermeisten Fällen war Adipositas mit deutlich höherer Wahrscheinlichkeit die zuerst gestellte Diagnose, bevor sich eine psychiatrische Diagnose manifestierte", heißt es in einer Aussendung des CSH und der Meduni.
Krank machendes Übergewicht wird in den meisten Fällen vor Depressionen, Angststörungen und "somatoformen Störungen" (körperliche Symptome wie Schmerzen, Schwindel, Verdauungs-, Herz- und Atembeschwerden ohne körperliche Ursache) attestiert.
Bisher seien Ärzte oft davon ausgegangen, dass psychopharmakologische Medikamente die Ursache für den Zusammenhang zwischen psychischen Störungen und Fettleibigkeit seien, so Alexander Kautzky von der Abteilung für Psychiatrie der Meduni Wien.
Adipöse Frauen haben demnach ein höheres Risiko für die meisten psychischen Erkrankungen als adipöse Männer. Bei Depressionen ist es zum Beispiel für fettleibige Frauen drei Mal so hoch, für Männer "nur" zweimal. Eine Ausnahme ist etwa die Nikotinsucht, wobei Männer mit krankmachendem Übergewicht doppelt so oft betroffen sind wie Frauen.
Rechtzeitig Therapie beginnen
Dass eine Adipositas-Diagnose die Wahrscheinlichkeit für viele psychische Störungen erhöht, "unterstreicht aus klinischer Sicht die Notwendigkeit, das Bewusstsein für psychiatrische Diagnosen bei adipösen Patienten zu schärfen und gegebenenfalls bereits in einer frühen Diagnosephase Spezialisten zu konsultieren", sagte Michael Leutner von der Klinischen Abteilung für Endokrinologie und Stoffwechsel der Meduni Wien.