Die junge Dame am Pult weiß offensichtlich, was sie will
Die neue Kantorin der Martin-Luther-Kirche, Franziska Leuschner, stellte sich im Rahmen der "Musica Sacra"-Reihe vor.
Mit Georg Philipp Telemanns "Lukas-Passion" aus 1744 stellte sich Franziska Leuschner, die neue Kantorin der Martin-Luther-Kirche, erstmals im Rahmen der "Musica Sacra"-Konzertreihe einer breiteren Öffentlichkeit vor und erzielte mit der Evangelischen Kantorei und dem Concerto Luterano einen beachtlichen Erfolg.
Telemann war in allen Gattungen ein Vielschreiber von dennoch hoher Qualität. So sind von ihm als Musikdirektor Hamburgs immerhin mehr als 40 Passionen und Passionsoratorien belegt, von denen nur rund die Hälfte tatsächlich vollständig überliefert ist. Dabei zeigt sich sein stilistischer Wandel vom Hochbarock zur Vorklassik.
Das ist auch in der 1744 komponierten "Lukas-Passion" stark zu spüren. Die bei Bach und auch bei Telemann so bedeutsamen Choräle werden auf drei reduziert – Anfang, Ende und die Ölbergszene – und ersetzen damit die großangelegten Chöre, von denen es in dieser Passion eigentlich nur einen – die Nr. 35 "Ach, klage, wer nur klagen kann" – gibt.
Dafür sind die überwiegend dem Sopran zufallenden Arien beinahe opernhaft und durchaus positivistisch gestaltet, keinen Trauergesang, sondern die Hoffnung auf ewiges Leben ausdrückend. Dazu kommen dramatische Turbachöre, die in ihrer Knappheit die Evangelistenerzählung packend ergänzen. Rosemarie Schobersberger (Sopran) verlieh den virtuosen und stellenweise sehr eigenwillig gestalteten Arien besonderen Nachdruck. Andreas Lebeda begeisterte als Jesus, der in dieser Passion mit ungewöhnlich viel Text bedacht wird und der neben den intensiv mit Streicherpassagen ausgeleuchteten Rezitativen sogar eine kämpferische Arie (Nr. 19) zu singen hat. Als textdeutlicher und interpretatorisch nachhaltiger Evangelist zeigte sich Gernot Heinrich, der auch alle Arien gesungen hat.
Diese Passion war perfekt auf die Evangelische Kantorei zugeschnitten, die sich mit den Aufgaben bestens identifizierte und eine beachtliche Leistung erbrachte. Fein auch das Concerto Luterano auf historischen Instrumenten mit Petra Samhaber-Eckhardt als Konzertmeisterin. Franziska Leuschner ist jung, wirkt noch etwas schüchtern, weiß aber, sobald sie am Pult steht, was sie will, und kann das sehr überzeugend herüberbringen. Vielleicht ließe sich manchmal noch mehr in puncto Dynamik feilen, aber für den Einstand in Linz gebührt ihr voller Respekt.
Kirchenkonzert: Telemanns "Lukas-Passion" (1744) unter der Leitung von Kantorin Franziska Leuschner, Linzer Martin Luther Kirche; 15.3.